Gefährliche Importe
27. Juli 2007Frostschutzmittel in Zahncremes, Industriechemikalien in Garnelen, giftige Zusätze in Tierfutter, Antibiotika in Zuchtfischen: Nach einer Reihe von Skandalen ist den Verbrauchern in den USA der Appetit auf Produkte aus China so gründlich vergangen, dass sich auch die Pekinger Führung Sorgen macht. Lebensmittelsicherheit und Produktqualität wirkten sich auf das Image eines Landes aus, warnte jetzt Ministerpräsident Wen Jiabao.
Antibiotika, Kadmium, Quecksilber
Vor zwei Wochen hatte China das Vertrauen der amerikanischen Konsumenten mit einem denkbar grausamen Signal zurückzugewinnen versucht: Zhang Yuxiang, der Chef der Nahrungs- und Arzneimittelaufsicht wurde wegen Korruption hingerichtet. Nun demonstriert die Regierung darüber hinaus Handlungsbereitschaft: Der Staatsrat erließ neue Regelungen für eine bessere Qualitätskontrolle, berichtete die staatliche Zeitung "Shanghai Daily" am Donnerstag (26.7.07).
Bis diese greifen, wird es vor allem auf die Kontrollsysteme in den Importländern ankommen. Doch in den USA können die 650 Kontrolleure lediglich weniger als ein Prozent der Einfuhren prüfen. Besser ist die Situation in der EU, wo ein Frühwarnsystem sämtliche Informationen über Schadstoffe in wöchentlichen Berichten bündelt: In der vergangenen Woche etwa meldeten niederländische Kontrolleure den Fund von Antibiotika in chinesischen Shrimps, italienische Inspektoren fanden Kadmium in Trockenpilzen und in Spanien wurde Quecksilber in Haifischfleisch aus China nachgewiesen.
Verstärkte Kontrollen
Fallen bestimmte Waren auf, werden sie künftig verstärkt kontrolliert. Einige Produkte, zum Beispiel chinesisches Geflügel, dürfen gar nicht eingeführt werden, andere unterliegen der so genannten Vorführpflicht und müssen beim Zoll vorgestellt werden, der dann die Lebensmittelüberwachung verständigt. Im vergangenen Jahr kam die Hälfte aller beanstandeten Waren in der EU aus China.
Eine Packung Garnelen in einem deutschen Einkaufswagen stammt im besten Fall aus einer Kiste, die dreimal kontrolliert worden ist: Zunächst bei der Einfuhr nach Deutschland, dann im Rahmen des repräsentativen Lebensmittelmonitorings und schließlich als Teil der regelmäßigen unangekündigten Kontrollen im Supermarkt. Im schlechtesten Fall wurden die Produkte des betreffenden Importeurs noch nie geprüft. "Das Problem bei allen Lebensmittelüberwachungen ist, dass nur Stichproben genommen werden", sagt Laura Groche, Ernährungsreferentin der Verbraucher-Initiative e.V., die sich für eine ökologisch und sozial verträgliche Produktion von Waren einsetzt.
Unvermeidliche Lücken
Doch auch häufige Überprüfungen weisen zwangsläufig Lücken auf. So könnten Erdbeeren in einem Supermarkt am Montag von sehr guter Qualität, am Mittwoch dagegen stark mit Pflanzenschutzmitteln belastet sein, sagt Hella Hansen von der Zeitschrift "Ökotest". Zudem macht die große Menge von Giftstoffen den Inspektoren die Arbeit schwer: Rund 400 Pestizide sind in Europa zugelassen, weltweit werden doppelt so viele verwendet. Weil nach ungewöhnlichen Substanzen gar nicht immer gefahndet werden kann, bleiben sie leicht unbemerkt.
Für die Risikobewertung dieser Stoffe ist die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im italienischen Parma zuständig. "Unsere wissenschaftlichen Gremien prüfen, ob eine Substanz, ein Prozess oder ein Produkt Risiken für Menschen, Tiere oder die Umwelt birgt", erklärt die EFSA-Sprecherin Carola Sondermann. Bis zum Verbot vergehen dann zum Teil nur wenige Tage: So gab die EFSA am 9. Juli ein Gutachten heraus, das warnte, der Farbstoff Rot2g könne möglicherweise Krebs erregen - schon am 20. Juli erließ Brüssel eine Verordnung, die seine Verwendung verbot.
Ungeachtet der Probleme müsse sich niemand beim Einkauf ängstigen, betont Laura Groche. "Die europäischen Standards der Lebensmittelsicherheit gehören zu den höchsten der Welt", sagt die Verbraucherschützerin. "Verfehlungen, die dennoch immer wieder zu beklagen sind, geschehen daher auf einem insgesamt hohen Sicherheitsniveau."