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Chinas Firmen auf weltweiter Einkaufstour

Rafael Heiling25. Juni 2005

Den US-Ölkonzern Unocal, IBMs PC-Sparte, den Handy-Bereich von Alcatel, vielleicht auch Rover: Chinas Unternehmen kaufen im Westen ein. Das geht nicht immer glatt. Manchmal aber sind die Chinesen die letzte Rettung.

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'Haier' will nicht nur Waschmaschinen - sondern auch US-StaubsaugerBild: AP

An dem US-amerikanischen Konkurrenten Unocal ist dem chinesischen Öl-Riesen CNOOC offenbar eine Menge gelegen: Er bietet für die Übernahme 18,5 Milliarden US-Dollar und will sofort mit Verhandlungen beginnen, um den Nebenbuhler Chevron-Texaco unbedingt auszustechen. Unocal ist allerdings noch skeptisch.

UNOCAL Bohrplattform
Eine Unocal-Bohrinsel vor Thailand - bald könnte sie dem chinesischen Konkurrenten CNOOC gehörenBild: AP

Die Firmen aus dem boomenden Reich der Mitte gehen auf Einkaufstour, "seit der chinesische Staat die Restriktionen beim Kapitalverkehr ins Ausland aufgehoben hat und die Regierung die Unternehmen sogar ermutigt", erklärt Dr. Marion Schüller vom Institut für Asien-Kunde in Hamburg. Die chinesischen Firmen würden sich im Ausland Rohstoffe sichern, einen leichteren Zugang zum Markt und den Vertriebskanälen bekommen und mit der Übernahme auch Know-How einkaufen.

Große Namen

Dabei kaufen die Chinesen auch große Namen wie etwa IBM. Dass der Erfinder des Personalcomputers seine angeschlagene PC-Sparte an die Lenovo-Gruppe verkaufte, schlug im Dezember 2004 hohe Wellen. Jetzt ist IBM um 1,75 Milliarden Dollar reicher - und Lenovo darf den renommierten Markennamen IBM nutzen. "China hat eine starke Industrie aufgebaut - aber ohne eigene Markennamen", erklärt Dr. Kuang-Hua Lin, Geschäftsführer der Asia-Pacific Management Consulting. Statt etwa Laptops nur für andere günstig zu produzieren, wolle man in China nun mit eigenen Marken mehr Geld machen.

Lenovo kauft IBM Sparte
Auf Computern von Lenovo darf bis Anfang 2010 auch IBM stehenBild: AP

Hoover im Visier

Einen anderen großen Namen könnte sich der chinesische Hausgeräte-Hersteller Haier sichern: Er möchte den US-Konkurrenten Maytag schlucken. Der baut nämlich die bekannten Hoover-Staubsauger. Zusammen mit US-Kapitalbeteiligungsfirmen will Haier 1,28 Milliarden Dollar auf den Tisch legen - Maytag zögert aber noch.

Auch die chinesische Übernahme von Rover ist noch nicht perfekt, doch der kleine Autobauer Geely Group ist im Gespräch. Zuvor hatte sein Landeskonkurrent SAIC abgelehnt.

Übernahme zum Überleben

Weniger Aufsehen erregen dagegen kleine Übernahmen, die es auch oft gibt. Deutsche Mittelständler, die in Finanznöten oder auf Nachfolger-Suche sind, lassen sich mitunter dankbar aufkaufen. Zum Beispiel der einstige Weltmarktführer für Jacquard-Nähmaschinen, Grosse GmbH aus Burlafingen, der im Juni 2005 zur Hisun-Gruppe kam. Oder der Nähmaschinenhersteller Dürkopp-Adler in Bielefeld - bei dem steckt die Übernahme durch die chinesische SGSB noch im Bürokratiedschungel fest, ist aber vereinbart. Dürkopp-Adler hoffe auf den Zugang zu China als weltgrößtem Markt für industrielle Nähtechnik, sagt Pressesprecherin Cosima Crone.

TCL Fernseher in Peking
Fernsehproduzent TCL sah bei Übernahmen in die Röhre: Die deutsche TV-Geräte-Firma Schneider brachte nicht den erhofften Umsatz, mit Alcatel gab es auch StreitBild: AP

Wenn die Retter selber stolpern

Allerdings verschätzen sich die chinesischen Unternehmen bei Aufkäufen schon einmal. Der Kom munikationsgeräte-Hersteller TCL wurde mit den taumelnden deutschen Schneider-Werken alles andere als glücklich und übernahm nach einem Streit mit Alcatel dessen Handy-Sparte ganz. Die Investoren von D'Long scheiterten im Sommer 2004 mit einem Projekt beim insolventen Flugzeugbauer Dornier Fairchild und gingen selbst pleite.

Zu wenig Erfahrung

Rover Autohaus in Peking
Ein Rover in Peking: SAIC hat abgesagt, nun möchte die (ebenfalls chinesische) Geely-Group den britischen Autohersteller womöglich kaufenBild: AP

"Zurzeit gehen viele Chinesen sehr naiv vor", sagt Lin. Sie hätten Erfahrung in der Produktion, aber nicht mit dem Marketing. "Die deutschen Gesetze, Gewerkschaften und Betriebsräte kennen die Chinesen überhaupt nicht." Und es bleibe oft ein Verständigungsproblem. Ein Unternehmen habe einmal einen unerfahrenen Manager aus China als Geschäftsführer in Deutschland eingesetzt, berichtet Lin, "da hat die Belegschaft ihm erzählt, in Deutschland sei es illegal, Überstunden zu machen."

Doch viele Unternehmen gehen die Sache professioneller an. Lin hält es für denkbar, dass der chinesische Autokonzern SAIC bald einen europäischen Hersteller übernimmt: "Es fehlen nur Führungskräfte mit Europa-Erfahrung. Das ist nur eine Frage von ein paar Jahren."