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Chinas Hinterland im Aufbruch

11. Oktober 2010

Verkehrsminister Ramsauer reist nach China und wird dort den Nordwesten besuchen. Peking will das Hinterland und die ländlichen Regionen modernisieren. Deutsche Unternehmen können profitieren.

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Die Eisenbahnlinie nach Tibet (Foto: AP)
Anschluss an den Aufschwung: die umstrittene Eisenbahnlinie nach TibetBild: AP

Thomas Heberer gehört zu den wenigen China-Experten hierzulande, die jedes Jahr Feldforschung im Reich der Mitte betreiben. In den letzten fünf Jahren hat er 13 Landkreise in Chinas ärmeren Provinzen besucht und ist beeindruckt von der Ideenvielfalt der Chinesen, ländliche Regionen zu erschließen. Für solche Projekte wird Geld von der Zentralregierung großzügig verteilt. Auch der größte Teil des 460 Milliarden Euro schweren Konjunkturprogramms wurde für rückständige Regionen ausgegeben.

Professor Thomas Heberer (Foto: DW)
Professor Thomas Heberer vom Institut für Politikwissenschaft an der Uni Duisburg-EssenBild: DW

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Einkommen in den beiden Landkreisen, die China-Experte Heberer gerade besucht hat, haben sich in den letzten fünf Jahren auf rund 5000 Yuan (500 Euro) verdreifacht - ungefähr ein Drittel des durchschnittlichen Einkommens in chinesischen Städten.

Auf in den Westen Chinas

Die Schere zwischen Land und Stadt, Arm und Reich hat sich in den letzten drei Jahrzehnten immer weiter geöffnet. Denn vom chinesischen Wirtschaftswunder haben vor allem Städte in den süd- und östlichen Küstenregionen profitiert. Das Landesinnere hinkt hinterher. Vor zehn Jahren startete die Zentralregierung das Projekt "Go-West", um Investitonen in die westlichen Landesteile zu locken. Mit mäßigem Erfolg.

Dabei sind die Löhne in den entwickelten Städten inzwischen so hoch, dass von einem Standortvorteil durch billige Arbeitskräfte nicht mehr die Rede sein kann.

Das Pekinger Büro der Firma Uniplan (Foto: Uniplan)
Das Pekinger Büro der Firma UniplanBild: Uniplan

"Die Provinz Guangdong ist schon zu teuer mittlerweile", sagt Christian Brühe, Vorstandsvorsitzender der Firma Uniplan. Die Firma hatte vor wenigen Jahren eine Filiale in Shengzhen in der Provinz Guangdong eröffnet, der Geburtsstätte des chinesischen Wirtschaftsaufschwungs. Heute würde Brühe die Standortentscheidung anders treffen: "Wir würden zwar in China bleiben, aber wir würden weiter ins Hinterland hinein gehen, auf jeden Fall."

Aufbauhelfer aus Ludwigshafen

Während viele deutsche Unternehmen mit einer Investition im chinesischen Westen noch abwarten, steht der Chemieriese BASF bereits in den Startlöchern. Mit 3,6 Milliarden Euro will der Ludwigshafener Konzern in der südwestchinesischen Stadt Chongqing Fuß fassen, wo Anlagen für Kunststoffe, für Polyurethan gebaut werden sollen. Von den Erfolgschancen dieser geplanten Investition ist John Feldmann, Vorstandsmitglied der BASF Gruppe, überzeugt: "Das chinesische Wachstum wird jetzt ins Binnenland verlegt und damit werden die zusätzlich große Zahl von Chinesen, die nicht an der Küste leben, an der wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben und damit auch Nachfrage generieren."

Chancen für deutsche Unternehmen

Slums neben Hochhäusern im Vorort von Peking (Foto: dpa)
Slums neben Hochhäusern: Der Abstand zwischen Arm und Reich wird immer größerBild: picture-alliance/ dpa

Bisher hat der Westen Chinas nur zu 17 Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung beigetragen. Die ungleiche Entwicklung und Verteilung der Einkommen werden inzwischen von den Chinesen selber als Störfaktor Nummer eins für die gesellschaftliche Stabilität angesehen. Da schrillen bei der obersten Führung in Peking die Alarmglocken. Denn was die Stabilität stört, gefährdet die Herrschaft der Kommunistischen Partei. Um die rückständigen Regionen anzubinden, hat Peking seit 2008 die Investitionen massiv aufgestockt. Für dieses Jahr sind umgerechnet rund 80 Milliarden Euro geplant. Das Geld wird vor allem in Infrastruktur gesteckt, wovon deutsche Unternehmen wie Siemens profitieren können.

Es müssen aber nicht immer die großen Konzerne sein, die an der wirtschaftlichen Aufholjagd Chinas partizipieren. Chancen für Deutschland sieht Thomas Heberer, China-Experte an der Uni Duisburg-Essen, auch darin, dass sich ländliche Industrien in China stärker für eine Kooperation entscheiden: "Das betrifft sowohl Landmaschinen, Know-how, aber auch im Fortbildungsbereich, Ausbildung von Bauern, Ausbildung von Landarbeitern, und auch im Umweltbereich."

Autorin: Zhang Danhong
Redaktion: Klaus Ulrich