Halbleiterstandort Sachsen
6. Oktober 2009Die Erfolgsstory des Halbleiterstandortes Sachsen hat in den vergangenen Monaten einen Dämpfer bekommen. Die heikle Situation kommt zum Teil durch den weltweiten Preisverfall bei Halbleitern. Dazu herrscht gnadenloser Wettbewerb um Subventionen. Europa und damit auch Sachsen haben es schwer gegenüber Offerten aus Südostasien oder den USA. Doch jetzt soll es wieder aufwärts gehen. Hoffnung bringt die SEMICON, die wichtigste Messe der europäischen Chipindustrie, die in diesem Jahr erstmals in Dresden stattfindet (vom 6.bis 8. Oktober).
Die sächsische Landeshauptstadt wirkt nicht unbedingt wie eine quirlige Metropole. Rechts und links der Elbe regiert eher sächsische Gemütlichkeit – wie eine Hightech-City wirkt Dresden sicher nicht. Doch hinter der beschaulichen Kulisse der Residenzstadt sitzen unzählige Institute, von Fraunhofer und dem Manfred-von-Ardenne-Insitut, bis hin zur Technischen Universität. Etwa 200 Unternehmen fertigen hier Mikrochips, Schaltkreise und ähnliches. Der Branchenverband vor Ort, der sich nicht ohne Hintersinn "Silicon Saxony“ genannt hat, zählt insgesamt etwa 40.000 Beschäftigte in der Region, die in der Halbleiterindustrie, aber auch in der Photovoltaik und bei Zulieferern arbeiten. Mit Milliardensubventionen hatte der sächsische Freistaat aus dem ehemaligen Zentrum der DDR-Mikroelektronik ein hochmodernes Halbleiterzentrum gemacht.
Die Leuchttürme wanken
Seit einem Jahr hat sich aber vieles verändert. Vor allem die drei großen Leuchttürme wankten: Infineon, Qimonda und AMD. Der massive Preisverfall für Speicherchips auf dem Weltmarkt brachte die Firmen in Existenznot. Laut SEMI, dem weltweiten Branchenverband der Halbleiterindustrie, brach der Umsatz der Betriebe in der Region um 23 Prozent ein. Die Unternehmen forderten Staatsbürgschaften, irgendwann war die Politik nicht mehr gewillt zu helfen - das größte Sorgenkind, die Infineon-Tochter Qimonda, blieb auf der Strecke – 4.000 Arbeitsplätze fielen weg. Infineon Dresden ist heute laut Geschäftsführer Pantelis Haidas wieder in einer besseren Situation. Doch noch arbeite man daran, die Kostensituation langfristig in den Griff zu bekommen.
Infineon Dresden stellt unter anderem Mikrochips für elektronische Reisepässe, für Handys aber auch für den Automobilbau her, das dieser seit der Wirtschaftskrise enorm schwächelt, trifft natürlich auch Infineon. Ein anderer großer Hersteller vor Ort, AMD, konnte nur mit Hilfe eines Großinvestors aus Abu Dhabi gerettet werden und heißt jetzt Globalfoundries.
"Die SEMICON gehört nach Dresden"
Ausgerechnet im Jahr der großen Krise zieht die wichtigste europäische Halbleitermesse nach Dresden um. Zum 38. Mal trifft sich nun vom 6. bis zum 8 Oktober 2009 die Branche auf der SEMICON Europa. 30 Jahre war die Messe in Genf, dann ein paar Jahre in München und Stuttgart. Doch wenn die Messe in Deutschland irgendwohin gehört, dann nach Dresden, meint Heinz Manfred Esser vom Verband „Silicon Saxony“. Schließlich ist der Standort das größte Cluster in Deutschland. Allerdings ist die Konkurrenz in Europa nicht sonderlich groß: Eine andere große Ansiedlung befindet sich im französischen Grenoble, es gibt ein paar Standorte in Belgien, den Niederlanden und Österreich. Aber, so Esser weiter, nach der großen Krise 2008/2009 sei die Branche enger zusammengerückt – die einzige Chance der Europäer gegen die Übermacht aus Asien. Der Wettbewerb, so Esser, finde schon lange nicht mehr zwischen Frankreich und Deutschland oder Frankreich und Belgien statt, sondern tobt längst zwischen den Kontinenten.
Klein aber fein
In diesem Wettbewerb ist die europäische Chipindustrie der kleinste. Das zeigt schon ein Blick auf den Messekalender der SEMI: Acht Messen veranstaltet die SEMI jährlich. Allein fünf davon in Asien: in Japan, China, Taiwan, Indien und Korea - die beiden anderen in Moskau und San Francisco. Ein Vergleich: In Dresden stellen 400 Firmen aus – in China sind es doppelt so viele. Rund 5.000 Besucher werden in Dresden erwartet, in Taiwan kommen 45.000. Große Namen wie Intel sucht man in Dresden vergebens. Schon gibt es Unkenrufe, der Umzug der Messe nach Dresden könnte der letzte Versuch der SEMI in Europa sein. Doch die Dresdner geben sich optimistisch. Mit ungewöhnlichen Ideen, wie einem nachgebauten Elbestrand auf vorangegangenen Messen, haben sie die SEMI von ihrem Standort überzeugt. Nun soll die Messe ein Erfolg werden. Dafür setzen die Veranstalter vor allem auf ein umfangreiches Konferenzprogramm: Dazu gehört ein Forum, dass sich unter anderem der Frage der effizienterer Energienutzung widmet oder auch Veranstaltungen zur Zukunft der 450mm Wafer.
Die Zukunft liegt in neuer Technologie
Die Zukunft der europäischen Halbleiterindustrie liegt ganz klar in der Entwicklung neuer Technologien. Und deshalb kann Dresden tatsächlich wegweisend für die europäische Branche sein. Denn hier wird nicht nur produziert, sondern auch geforscht. Die unglaublich hohe Dichte der Hochschulen und Institute ist ein riesiger Vorteil. Und für Forschung geben die staatlichen Stellen offenbar, anders bei der Erhaltung einiger Produktionsstätten, auch Subventionen.
So gibt es hier vor Ort einen mit 140 Millionen geförderten Spitzencluster. Im Projekt "Cool Silicon" entwickeln Hochschulen, Forschungsinstitute und Unternehmen in Sachsen gemeinsam neue Technologien für energiesparende Anwendungen. Ihr Ziel: In Zukunft soll die IT-Branche schon beim Entwurf einzelner Komponenten nicht nur auf Leistung, sondern auch auf Energieeffizienz achten. 2013 wollen die Forscher den "Cool Silicon PC" vorstellen – mit Innovationen "made in Germany".
Autor: Secilia Pappert
Redaktion: Monika Lohmüller