Christa Wolf - Literatur für Ost und West
Lange vor dem Mauerfall war Christa Wolf die einzige wirklich gesamtdeutsche Autorin. Ihre Werke hatten sowohl in der DDR, wo sie lebte, als auch im Westen Erfolg und wurden mit verschiedenen Literaturpreisen in beiden Teilen Deutschlands ausgezeichnet.
In der DDR wurde sie 1963 durch die Erzählung "Der geteilte Himmel" bekannt. Diese Liebesgeschichte über Staatstreue und Republikflucht mit vorsichtiger Systemkritik machten Christa Wolf zu einer der wichtigsten sozialistischen Schriftstellerinnen. Obwohl sie sich für Regimegegner oder gegen die Zensur von Literatur in ihrem Land einsetzte, blieb sie eine überzeugte Sozialistin.
Im Ausland fanden vor allem die feministischen Frauen der 1970er und 1980er Jahre durch Christa Wolf Hilfe bei der Suche nach dem eigenen Ich. Denn immer standen bei ihr die Frauen im Mittelpunkt: Frauen, die sich als Fremde, Andere, Nicht-Passende in einer Männerwelt erlebten. "Wer bin ich wirklich und was hindert mich daran, ich selbst zu sein?" - mit dieser Frage aus "Nachdenken über Christa T." aus dem Jahr 1968 beschäftigte sich Christa Wolf in allen ihren Werken.
Nach dem Mauerfall wurde deutlich, wie eng Christa Wolf mit Ostdeutschland verbunden war. "Ich habe dieses Land geliebt", sagte sie, nachdem es die DDR nicht mehr gab. Nach der Wiedervereinigung wurde sie wegen ihrer angeblich zu positiven Haltung gegenüber dem DDR-Regime kritisiert. Auch aus diesem Grund wurden ihre letzten Bücher weniger gelesen.
Glossar
Mauerfall, der - die Öffnung der Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland (1989)
gesamtdeutsch - so, dass beide deutsche Staaten (BRD und → DDR) gemeint sind
DDR, die - Abkürzung für: die Deutsche Demokratische Republik (1949 - 1990)
Literaturpreis, der - eine → Auszeichnung für Schriftsteller
auszeichnen - jemanden durch etwas ehren
Republikflucht, die - das illegale Verlassen seines Landes (z. B. die → DDR)
Systemkritik, die - die Kritik gegenüber der politischen Ordnung eines Staates
Regimegegner/Regimegegnerin, der/die - jemand, der gegen ein politisches System ist
Zensur, die - die Prüfung von Kunstwerken, Medien und Ähnlichem durch den Staat, bevor sie öffentlich erscheinen dürfen
sich einsetzen für/gegen etwas - aktiv gegen oder für etwas kämpfen
von etwas überzeugt sein - keine Zweifel an etwas haben
feministisch - so, dass man sich für die Rechte der Frauen einsetzt
eigene Ich, das - die eigene Individualität, die eigene Besonderheit
im Mittelpunkt stehen - besonders wichtig sein
Nicht-Passender/Nicht-Passende, der/die - hier: jemand, der nicht dazu gehört
Männerwelt, die - hier: eine Gesellschaft, die von Männern dominiert wird
jemanden an etwas hindern - sich so verhalten, dass jemand etwas nicht machen kann
Wiedervereinigung, die - die Bildung eines Staates aus der DDR und der BRD (1990)
angeblich - so, dass etwas behauptet wird, das vielleicht nicht wahr ist
Fragen zum Text
1. Welche Aussage ist richtig?
a) Christa Wolf wurde vor allem nach der Wiedervereinigung in Westdeutschland bekannt.
b) Christa Wolf war vor der Wiedervereinigung nur in Ostdeutschland bekannt.
c) Christa Wolf war schon vor der Wiedervereinigung in Ost- und Westdeutschland bekannt.
2. Ein wichtiges Thema von Christa Wolfs Werken ist …
a) die Liebe zwischen Männern und Frauen.
b) die Frage, wie Frauen ihre eigene Identität finden können.
c) die Frage, wie man aus der DDR fliehen kann.
3. Nach der Wiedervereinigung wurde Christa Wolf gefragt, …
a) wer sie wirklich ist und was sie daran hinderte, sie selbst zu sein.
b) warum sie keine Bücher über Männer geschrieben hat.
c) warum sie die DDR so liebt.
4. Christa Wolf … mit Literaturpreisen …
a) wurde … geehrt.
b) hat … geehrt.
c) ist … verehrt.
5. Formen Sie den folgenden Aktivsatz in einen Passivsatz um: "Christa Wolf kritisierte die Zensur von Literatur in ihrem Land."
a) Die Literatur in ihrem Land wurde durch die Zensur von Christa Wolf kritisiert.
b) Ihr Land wurde durch die Kritik von Christa Wolf zensiert.
c) Die Zensur von Literatur in ihrem Land wurde von Christa Wolf kritisiert.
Arbeitsauftrag
Suchen Sie im Internet Informationen zu Christa Wolfs Werken (zum Beispiel unter http://de.wikipedia.org/wiki/Christa_Wolf), suchen Sie sich ein Buch aus und lesen sie die Inhaltsangabe. Stellen Sie das Buch im Kurs vor und diskutieren Sie darüber, was Sie daran interessant finden und warum Sie es (nicht) gerne lesen würden.
Autorinnen: Barbara Garde/Stephanie Schmaus
Redaktion: Ingo Pickel