Chávez Anhänger stürmen TV-Sender
2. August 2009Dutzende Anhänger von Präsident Hugo Chávez haben am Montag (03.08.2009) das Gebäude des oppositionellen Senders Globovision gestürmt. Die Angreifer seien in das Gebäude eingedrungen und hätten Tränengas abgefeuert. Nach Medienberichten wurde dabei mindestens ein Sicherheitsmann verletzt. Zahlreiche Angestellte litten unter der Wirkung des Tränengases. Alberto Ferderico Ravell, Generaldirektor von Globovision, machte die Regierung Chávez dafür verantwortlich. Es soll sich um Anhänger der Linkspartei Unidad Popular Venezolana (UPV), die Chávez nahesteht, handeln.
Globovision ist von der Schließung bedroht, denn die Behörden werfen dem Sender die unerlaubte Nutzung von Sendemasten und Steuerhinterziehung vor. Erst am Samstag (01.08.2009) waren mehrere tausend Menschen in Venezuela aus Protest gegen die Schließung von 34 Rundfunksendern auf die Straße gegangen. Die Demonstranten in der Hauptstadt Caracas und anderen Städten des Landes warfen Staatschef Hugo Chávez bei ihren Protesten Zensur vor. Die Regierung hatte den Radiosendern am Freitag mit sofortiger Wirkung die Lizenzen entzogen.
Opposition sieht Demokratie in Gefahr
In Sprechchören bezeichneten hunderte Demonstranten, die durch die Hauptstadt zogen, Chavez als "Diktator", der die Medien zensiere und die Pressefreiheit unterdrücke. Sie demonstrierten zunächst vor der Telekommunikationsbehörde Conatel, dessen Direktor Diosdado Cabello den Lizenzentzug veranlasst hatte. Dann zog die Menge weiter zu den vom Verbot betroffenen Sendern.
Unter den Demonstranten war auch der Bürgermeister von Caracas, Antonio Ledezma. Der Oppositionspolitiker rief die Bevölkerung auf, sich gegen die Schließung der Sender zu wehren. Es gehe um die Verteidigung der Demokratie, so Ledezma. Auch die Direktorin des Senders CNB protestierte gegen den Lizenzentzug ihrer Radiostation. "Dies ist ein Angriff der Regierung. Wir wollen weiter in Demokratie leben und jetzt bringen sie uns wieder zum Schweigen", so die Direktorin.
"Meinungsfreiheit ist nicht mehr die heiligste Freiheit"
Präsident Chávez verteidigte den umstrittenen Lizenzentzug für 34 Radiosender. Es handele sich nicht um eine Schließung, sondern um die Wiedererlangung eines gesellschaftlichen Raums durch das Volk, sagte Chávez am Samstag im staatlichen Fernsehen. "Wir haben eine Reihe von Stationen zurückgewonnen, die sich außerhalb des Gesetzes bewegten und die jetzt dem Volk gehören und nicht mehr der Bourgeoisie." Und Chávez ergänzte: "Lasst uns Diosdada für die Entscheidung Applaus spenden".
Conatel-Chef Cabello begründete die Entscheidung offiziell damit, dass die Sender gesetzliche Auflagen nicht eingehalten hätten. Einige hätten ihre Zulassung nicht erneuert oder ihre Konzession auslaufen lassen, so Cabello. Es beginne augenscheinlich eine neue Rundfunkperiode in Venezuela. "Die Meinungsfreiheit ist nicht mehr die heiligste Freiheit, die es gibt", betonte Cabello. Er schlug vor, die Frequenzen an "Bürgerradios" zu vergeben, die meist staatlich unterstützt und ehrenamtlich betrieben werden.
Insgesamt 240 Radioanstalten auf dem Prüfstand
Die Regierung geriet in den vergangenen Monaten verstärkt mit Privatsendern aneinander. Insgesamt werden rund 240 Radioanstalten nun überprüft, weil sie nach offiziellen Angaben ihre Zulassungen nicht erneuert haben. Der Oppositionssender Globovisión wurde bereits in der Vergangenheit mit Strafen in Millionenhöhe belegt.
Opposition und Menschenrechtsgruppen werten die Schließung der Radiosender als weiteren Beleg dafür, dass Chávez Venezuela Schritt für Schritt in einen autoritären Staat umwandeln will. Die Organisation "Human Rights Watch" hatte Chávez erst kürzlich "Zensur" und "Machtmissbrauch" vorgeworfen.
Journalisten droht Haft bei "Medien-Delikten"
Unter Druck geraten die Medien in Venezuela auch durch Pläne zur drastischen Verschärfung des Mediengesetzes. Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz legte der Nationalversammlung einen entsprechenden Gesetzesentwurf vor. Im Falle einer Umsetzung drohen Journalisten und Verlegern Haftstrafen zwischen zwei und vier Jahren, sollten sie "öffentliche Panik" verbreiten oder "die Sicherheit der Nation" gefährden.
Im staatlichen Fernsehen schwor Chávez seine Anhänger von der Sozialistischen Einheitspartei (PSUV) unterdessen auf "harte Schlachten" im nächsten Jahr ein, in dem die nächsten Parlamentswahlen anstehen. Er warnte, die Opposition wolle ihn beseitigen, falls sie die parlamentarische Mehrheit erlange: "Sie wollen mich stürzen, egal auf welche Art."
Erst am Freitag hatte das Parlament das Wahlrecht geändert, durch das eine Änderung der Wahlbezirke möglich wird. Die Regierung erklärte, damit wolle man der veränderten Realität in Venezuela gerecht werden. So würden nun die indigenen Minderheiten adäquat bei den Wahlen berücksichtigt. Dagegen befürchten Regierungskritiker, dass durch die Änderung die Hochburgen der Sozialistischen Einheitspartei mit starken Oppositions-Wahlgebieten vermischt und so die Oppositionskräfte geschwächt werden sollen. (kis/det/dh/dpa/rtr/afp/ap/epd)