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Links trifft Rechts

Steffen Leidel 31. August 2007

Der politische Kurs von Venezuela und Kolumbien könnte unterschiedlicher nicht sein. Doch keiner sucht die Konfrontation. Im Gegenteil: Der linke Chávez will nun dem rechten Uribe im Konflikt mit der Guerilla helfen.

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Uribe (l.) und Chávez beim südamerikanischen Energiegipfel im April 2007
Brauchen sich gegenseitig: Uribe (l.) und ChávezBild: AP

Das Angebot steht seit nunmehr fast sechs Jahren, doch es ist für die Regierung von Alvaro Uribe so unakzeptabel wie am ersten Tag. Die linksgerichtete Guerillaorganisation Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens (FARC) bietet einen "humanitären Gefangenenaustausch" an. Sie will 45 Geiseln freilassen. Im Gegenzug soll Uribe 500 Guerilleros aus dem Gefängnis entlassen und das östlich von Cali gelegene Gebiet der beiden Gemeinden Pradera und Florida im Cauca-Tal entmilitarisieren.

Keinen Millimeter haben sich die verfeindeten Parteien in dieser Frage bewegt. "Die FARC und Uribe stehen in der Sackgasse", sagt der der Böll-Stiftung nahestehende Lateinamerika-Experte und Buchautor Dario Azzellini. Jetzt hat in die Angelegenheit ausgerechnet Uribes mächtigster politischer Gegenspieler in Südamerika Bewegung gebracht. Der venezolanische Präsident Hugo Chávez will sich für den Gefangenenaustausch zwischen Rebellen und kolumbianischer Regierung einsetzen. Dafür reist er am Freitag (31.07.2007) nach Bogotá.

Pragmatik vor Ideologie

"Zwei konträr politische und soziale Projekte treffen hier aufeinander", sagt Azzellini. Uribe liegt auf US-Linie, Chávez ist ein Bush-Hasser, Uribe steht für liberale Wirtschaftspolitik, Chávez will mit seiner "bolivarianischen Revolution" den Sozialismus des 21. Jahrhundert errichten. Dennoch zeichneten sich die Beziehungen beider Länder, die wirtschaftlich engstens verflochten sind, durch Pragmatismus aus.

"Chávez will eine entspannte Situation zu Kolumbien", sagt Azzellini. Chávez will zum einen verhindern, dass ihm Uribe bei seinen außenpolitischen Plänen dazwischenfunkt. Andererseits habe er kein Interesse daran, dass die instabile Lage an der kolumbianisch-venezolanischen Grenze Thema für die Weltpresse werde. "Es gibt immer wieder Zusammenstöße zwischen FARC-Rebellen und venezolanischem Militär. Hier soll der Eindruck vermieden werden, Venezuela könne seine Grenzen nicht sichern."

Medienprofi Chávez

Anna Daun vom Lehrstuhl für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität Köln vermutet, dass es Chávez bei seinem Engagement vor allem um PR in eigener Sache gehe. "Chávez versteht die Medien zu nutzen und versucht damit sein Image national und international aufzubessern, indem er sich als Friedensvermittler inszeniert."

Am 21. August hatte Chávez Angehörige von Geiseln in Caracas empfangen, darunter auch die Mutter von Ingrid Betancourt. Die französisch-kolumbianische Politikerin ist seit mehr als fünf Jahren in der Hand der FARC. Via TV richtete sich Chávez an den FARC-Führer. "Marulanda, ich sprech zu Dir hier aus dem Miraflores-Palast, in dem ich Dich gerne sehen würde", sagte Chavez in seiner gewohnt theatralischen Art. "Ich kenne Dich nicht; ich will nur meine Hilfe anbieten, um zu einem Abkommen über einen Gefangenenaustausch zu kommen."

Signale und Gerüchte

Chávez bat um ein "Signal" der Rebellen. Das habe man auch erhalten, wurden "verlässliche diplomatische Quellen" in venezolanischen Medien zitiert. Bekannt wurde auch, dass Chávez mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy telefoniert hat, der auch schon angekündigt hatte, sich für die Freilassung von Betancourt einzusetzen. Nähere Einzelheiten wolle man aber nicht preisgeben, um den Verhandlungsprozess nicht zu stören. Chávez werde Uribe die Nachricht der FARC bei dem Treffen zukommen lassen.

Ob diese Botschaft mit dem übereinstimmt, was Raul Reyes jüngst der argentinischen Zeitung Clarin in einem Interview sagte, ist unklar. Reyes, internationaler Sprecher der FARC lehnte den Gefangenenaustausch außerhalb des Landes ab. Er dankte Chávez für die "Geste", doch es gehe hier um ein internes Problem, das innerhalb Kolumbiens gelöst werden müsse.

Dennoch kommt für Uribe das Chávez Engagement nicht ungelegen. Sollte es bei dem Gefangenenaustausch tatsächlich zu einem Erfolg kommen, würde auch Uribe davon profitieren. Innenpolitisch ist er angeschlagen. Die Verstrickung mehrerer Regierungsmitglieder mit den rechten Paramilitärs habe seiner Popularität geschadet, sagt Daun. Azzellini sieht außerdem den "Kriegskurs" Uribes im Kampf mit der FARC gescheitert. "Der Konflikt hat sich nicht entspannt, trotz steigender Militärausgaben."

Daun rechnet aber nicht mit einem Erfolg von Chavez' "Friedensmission". "Dass der Konflikt bislang nicht gelöst wurde, liegt nicht an der Verhandlungsführung, sondern an der Interessenlage." Der Preis, den die FARC für eine Verhandlung forderten, bliebe für die Regierung zu hoch. Daran werde auch Chávez nichts ändern.