Cloud Computing stößt auf Skepsis
6. März 2012Cloud-Computing, die Auslagerung von Daten, Programmen und Geschäftsprozessen in das Internet, ist auch in diesem Jahr wieder ein Mega-Thema auf der Computermesse CeBIT in Hannover. "Die PC-Architektur ist überholt, die Post-PC-Ära hat begonnen", sagte Telekom- Chef René Obermann auf der CeBIT. Das Marktpotenzial für die Dienste aus dem Netz sei enorm, und die Deutsche Telekom wolle dabei eine wichtige Rolle spielen. Der deutsche Branchenverband Bitkom schätzt, dass der Markt für Cloud-Dienste im laufenden Jahr allein in Deutschland um 47 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro zulegen wird.
"Das können wir aus unserer Sicht bestätigen", sagt Volker Smid, Deutschland-Chef von Hewlett Packard zur DW. "Aber wenn ein Segment derart wächst, ist das ein Hinweis darauf, dass die klassische Art, wie wir IT konsumieren, schrumpft. Wenn die IT in die Cloud geht, heißt das gleichzeitig, dass sich die klassische IT verändert. Sonst wäre das hohe Wachstum nicht möglich."
Den Mittelstand überzeugen
Hewlett Packard ist ein US-Konzern, den die meisten Anwender nur als Hersteller von PCs, Laptops und Druckern kennen. Doch er bringt auch alles mit, was für den Aufbau einer Datenwolke im Internet nötig ist: Server, Netzwerk, Speichermedien und Software. Dennoch ist Smid überzeugt: "Die Cloud wird nur zum Endkunden kommen, wenn man den Mittelstand und die Systemhäuser in Deutschland in die Cloud-Entwicklung mit einbindet",
Für die Cloud gibt es aus Sicht der Anbieter gute Argumente. Denn der überwiegende Teil der 3,6 Millionen Unternehmen in Deutschland sind mittelständische Betriebe. Die waren bislang gezwungen, eine eigene IT zu betreiben - obwohl das nicht gerade zu ihrer Kernkompetenz gehört. Die IT-Branche, die Cloud-Dienste anbietet, muss ihre Kunden nun davon überzeugen, dass sie von Aufgaben entlastet werden, die ihnen ohnehin fremd sind.
Kritisch für den Geschäftserfolg
Trotzdem gibt es gerade im Mittelstand noch große Vorbehalte, seine sensiblen Daten, sein Geschäftsmodell und sein Know-how einer Wolke anzuvertrauen. Volker Smid hat für solche Vorbehalte großes Verständnis: "Jedes Jahr wächst der Datenbestand um 45 Prozent an. Die Bedeutung der IT nimmt ständig zu. Das heißt, von Zeit zu Zeit muss man sich selbst überprüfen: Betreibe ich heute IT so, dass es noch genauso sicher ist wie vor zehn Jahren? Heute ist IT ist sehr viel kritischer für meinen Geschäftserfolg geworden, als das noch vor zehn, 15 Jahren der Fall war."
Umso mehr gilt es, das Vertrauen der Nutzer in die modernen Informationstechnologien zu gewinnen - das zweite große Thema auf der CeBIT. Die Messe will mit der Skepsis aufräumen, die noch überall in der mittelständischen Wirtschaft gegenüber dem Sichern der Daten im Cloud Computing herrscht. Angesichts der zahlreichen Datenskandale, die in den letzten Monaten und Jahren zahlreiche Unternehmen erschütterten, scheint das auch dringend geboten, wenn die Beziehungen zu potenziellen Kunden nicht Schaden nehmen sollen.
Laut einer Studie, die der Branchenverband Bitkom am Montag auf der CeBIT vorlegte, legen 70 Prozent der Verbraucher keine Daten online ab, weil es ihnen zu kompliziert ist oder sie den Nutzen nicht sehen. Jeder Zweite, der sich der neuen Technologie verweigert, tut dies, weil er Angst vor Datenmissbrauch oder -verlust hat. Ralph Haupter, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland: "Vertrauen muss man sich jeden Tag erarbeiten. Darum ist es wichtig, dass wir 'managing trust' als Credo der Messe haben. Wir müssen ernsthaft daran arbeiten und den Benutzern, Privatanwenden und Endkunden zeigen, was wir tun."
Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Andreas Becker