Fahrvergnügen vor Klimaschutz?
17. März 2017"Ich sage das jetzt nicht als Vorschlag, sonst werde ich wieder
aufgespießt. Aber eigentlich dürften SUVs nur für Bauern und Jäger
erlaubt sein." Mit diesem Zitat sorgte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bei Treffen der G20-Staaten für Erheiterung.
Thema in Berlin war Ressourceneffizienz. Gerade war bekannt geworden, dass der Ausstoß von klimaschädlichem Treibhausgas 2016 im Vergleich zum Vorjahr um vier Millionen Tonnen auf 906 Millionen Tonnen anstiegen war. Eine Blamage für den selbsternannten Klimaschutz-Primus Deutschland.
Laut Prognosen des Umweltbundesamts (UBA) und einer Studie im Auftrag von Bündnis 90/Die Grünen sind die Deutschen schlichtweg mehr Auto gefahren bzw. sie benutzten Fahrzeuge, die mehr Treibstoff verbrauchen.
Auf dem Genfer Autosalon erklärten die Hersteller, dass sich jeder fünfte Autokäufer für einen Geländewagen entscheidet - obwohl teurer - sowohl in der Anschaffung als auch durch den Kraftstoffverbrauch - schwerer und aufgrund ungünstiger Aerodynamik keineswegs energieeffizient.
Der Autobauer VW kündigte an, die Angebotspalette für SUV (Sport Utility Vehicle) zu verdoppeln. So paradox das klingt, aber durch die Bereitschaft der Kunden, höhere Preise für geländegängige Vehikel zu zahlen, können die Hersteller mehr Hybrid- und Elektroautos auf den Markt bringen. Die Innovationen werden somit subventioniert.
SUV gegen Elektro
Trotzdem ist Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weit vom Ziel entfernt, bis 2020 eine Million E-Autos auf deutsche Straßen zu befördern. 2016 wurden nur 11.000 Fahrzeuge zugelassen, die durch Strom angetrieben werden - trotz Kaufprämie. Dagegen entschieden sich 716.000 Käufer für einen neuen SUV oder Geländewagen. Laut ADAC fällt den Fahrern hier das Ein- und Aussteigen leichter. Beim Fahren haben sie auf erhöhtem Sitz eine bessere Übersicht als im tiefer liegenden "Normal-PKW" und bei Unfällen bieten die höheren Fahrzeuge einen besseren Puffer.
Durch den Verkehrssektor wurde 2016 3,4 Prozent mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gepumpt. Das ist laut UBA auf die vermehrte Betankung durch Dieselkraftstoff zurückzuführen und durch die Zunahme des Güterverkehrs auf der Straße um 2,6 Prozent. Und der Flugverkehr legte vergangenes Jahr ebenfalls zu.
Aus der Studie des Unternehmens Arepo, die die Grünen in Auftrag gaben, geht hervor, dass der Anteil von Strom aus Braun- und Steinkohle sank, dafür nahm der Stromverbrauch aus dem ebenfalls fossilem Erdgas wegen günstiger Preise zu. Doch auch der Ökostrom-Anteil aus Sonne, Wind, Wasserkraft und Biogas macht inzwischen ein Drittel aus. Während in Deutschland der Stromverbrauch sank, lieferten die Versorger Energie ins benachbarte Ausland.
Klimaziele aufgeschoben?
Das selbst gesteckte Klimaziel der Bundesregierung, 2020 40 Prozent weniger CO2 freizusetzen als 1990, scheint kaum noch erreichbar. Nach Berechnung von Arepo betrugen die Einsparungen 2016 27,6 Prozent.
Umgerechnet bedeutet dies, dass der Ausstoß an Treibhausgasen die nächsten vier Jahre um jeweils 40 Millionen Tonnen gemindert werden müsste. Immerhin kündigte Bundesumweltministerin Hendricks für 2030 bindende CO2-Einsparziele für die Bereiche wie Verkehr, Gebäude, Industrie und Landwirtschaft an.