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Wieder mehr CO2-Ausstoß in Deutschland

9. Januar 2017

2016 war für Deutschlands Klimaschutz ein schlechtes Jahr. Im Vergleich zum Vorjahr wurde sogar wieder mehr CO2 in die Luft geblasen. Für die Klimaziele reicht das Tempo der Energiewende bisher nicht.

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Kohlekraftwerk Mehrum
Bild: picture-alliance/dpa/Julian Stratenschulte

Hinkt Deutschland seinen gesteckten Klimazielen hinterher? Es scheint so. Denn nach ersten Schätzungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB)stiegen die energiebedingten CO2-Emissionen in 2016 gegenüber 2015 um 0,9 Prozent. Das ist der zweite Anstieg in Folge. In 2015 betrug der Anstieg gegenüber 2014 schon 0,7 Prozent. 

Der Zuwachs beruht nach Berechnungen der AGEB auf dem Einfluss von kälterer Witterung gegenüber dem Vorjahr, auf dem zusätzlichen Schalttag am 29. Februar, der wirtschaftlichen Konjunktur, dem Bevölkerungszuwachs und der Zunahme des Auto- und Flugverkehrs.

Insgesamt stieg in Deutschland somit der Energiebedarf im Vergleich zum 2015 um 1,6 Prozent. Diesen erhöhten Bedarf konnten die erneuerbaren Energien jedoch nur zu einem Teil auffangen und auch die Verbesserungen bei der Energieeffizienz reichten für den Klimaschutz nicht aus.

Rund 90 Prozent von Deutschlands Klimagasen werden durch fossile Energien freigesetzt. Die kommen vor allem aus der Kohleverstromung, der Industrie, der Beheizung von Gebäuden und dem Verkehr. Der Anteil von erneuerbaren Energien am gesamten deutschen Energiemix stieg im vergangenen Jahr nur um 0,2 Prozent - und liegt somit nun bei 12,6 Prozent.

Das Ziel der Bundesregierung ist, dass die CO2-Emissionen sehr stark sinken. Als bisher gesetztes Zwischenziel sollen bis 2020 die Emissionen im Vergleich zu 2016 um etwa 18 Prozent sinken - im Durchschnitt also um etwa 4,5 Prozent pro Jahr. Zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens muss der Trend jedoch noch schneller gehen

Infografik Verpasst Deutschland die Klimaziele? DEUTSCH

Kaum Zuwachs für sauberen Strom 

Die Energiewende kam bei der Stromversorgung im letzten Jahr kaum voran. NachBerechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesystemelag der Anteil von erneuerbaren Energien im öffentlichen Stromnetz 2016 bei 34 Prozent, und damit auf dem Niveau von 2015.

Dass der Anteil von erneuerbaren Stromnetz trotz Zubau von neuen Windkraftanlagen kaum gestiegen ist, hat mehre Gründe: Zum einen war 2016 im Vergleich zu 2015 ein windschwächeres Jahr, zum anderen laufen die Kohle- und Atomkraftwerke auch bei starker Windstromerzeugung weiter und verengen so das Stromnetz. Und so schalten die Stromnetzbetreiber - obwohl es in Deutschland einen Vorrang für erneuerbare Energien im Stromnetz geben sollte - bei viel Wind die Windkraftanlagen per Fernwartung ab.

Nach einer Analyse des Energiewendeministeriums von Schleswig-Holstein gingen so allein im Jahr 2015 rund zwei Prozent des umweltfreundlichen Stroms in Deutschland verloren und die Kohlekraftwerke produzierten stattdessen weiter unnötiges CO2. Der Bundesverband Erneuerbarer Energien (BEE)fordert deshalb dringende Korrekturen: Die Betreiber von Kohlekraftwerken sollten ihre Anlagen entsprechend runterfahren.

Ein weiteres Problem für den Klimaschutz ist auch der anhaltend hohe Stromexport: Rund neun Prozent des in Deutschland erzeugten Stroms wird in die Nachbarländer exportiert. Würden Kohlekraftwerke entsprechend dieser Strommenge abgestellt, sänke der CO2-Ausstoß in Deutschland schon um rund vier Prozent und der Anteil von Erneuerbaren Energien im deutschen Strom läge dann bei über 38 Prozent.

Infografik Strommix in Deutschland 2016

Kohleausstieg notwendig für Klimaschutz

Damit Deutschland seine Klimaziele erreicht, fordern Experten den zügigen Kohleausstieg. "2017 muss die Bundesregierung beim Klimaschutz zulegen. Sonst wird sie ihr Ziel, die CO2-Emissionen zu senken, klar verfehlen", erklärte Hubert Weiger vom Umweltverband BUND. Kritik übt Weiger vor allem an Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD): "Es ist inakzeptabel, dass Gabriel den umwelt- und sozialverträglichen Umbau der Wirtschaft in den Kohleregionen bremst, anstatt ihn aktiv zu fördern." Dies schade nicht nur dem Klima, "sondern auch den Beschäftigten in den Braunkohleregionen".

Angesichts der globalen Temperaturerwärmung von inzwischen 1,2 Grad im Vergleich zum Beginn der Wetteraufzeichnung im Jahr 1881, fordert auch Deutschlands führender Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber ein entschiedenes Handeln der Politik. "Die Entwicklung ist so bedrohlich, so wuchtig, dass wir schleunigst reagieren müssen", so der Klimaforscher. "Der Ausstieg aus der Kohleverstromung muss bis 2030 erfolgen, und der Verbrennungsmotor muss endlich auf den Müllhaufen der Geschichte landen", forderte er.