1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KlimaGlobal

COP28: Wenig Optimismus vor der Klimakonferenz

Ajit Niranjan
5. Juni 2023

Internationale Klimaverhandler beraten erstmals seit der Einigung über einen Ausgleichsfond für Schäden durch fossile Brennstoffe. Die zweiwöchigen Gespräche in Bonn bereiten die COP in Dubai vor.

https://p.dw.com/p/4SChV
Griechenland | Waldbrände bei Vatera
Bild: Panagiotis Balaskas/AP Photo/picture alliance

Diplomaten aus der ganzen Welt treffen sich derzeit in Bonn zu Zwischenverhandlungen als Vorbereitung für die Klimakonferenz COP 28 Ende des Jahres. Internationale Abkommen, Pläne und Strategien gelten als ein Schlüssel bei der Begrenzung der Erderwärmung und der Anpassung an die Folgen wie Hitzewellen und den Anstieg des Meeresspiegels .

Die in der Öffentlichkeit weniger bekannten Vorgespräche in Bonn legen jedes Jahr die Grundlage für den UN-Klimagipfel. 

Die Verhandler der über 190 Länder einigen sich hier bereits auf technische Details zum Beispiel zur Reduzierung von Umweltverschmutzung, dem Schutz der Menschen vor Hitzewellen und einer immer bedrohlicheren Lage der Umwelt oder wer in Zukunft für was zahlen soll. Bereits hier zeigen sich auch größere Differenzen, die im politischen Ringen während der COP 28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten zur Sprachen kommen werden.  

Bei dem Treffen in Bonn besprechen die internationalen Vertreter die Ziele der anstehenden Klimakonferenz und es ermöglicht einen Austausch darüber, welche politischen Maßnahmen funktionieren und welche nicht, erklärt Alex Scott, Experte für Klimadiplomatie beim Think Tank E3G in London. "Anders an Bonn ist, dass die Politiker nicht da sind – oder nur sehr wenige.”

Proteste von Klimaktivisten mit Schildern
Auf dem COP27-Klimagipfel im vergangenen Jahr forderten Aktivisten die Staats- und Regierungschefs auf, die Umweltverschmutzung schneller zu reduzieren und für die von ihnen verursachten Schäden aufzukommenBild: Christophe Gateau(dpa/picture alliance

Wer zahlt für die Schäden durch den Klimawandel?

Die Bonner Verhandlungen sind die ersten Gespräche in diesem Umfang seit der COP27 in Ägypten im vergangenen Jahr. Damals verständigte man sich in harten Verhandlungen darauf, einen Klimafond aufzusetzen, mit dem einige Schäden durch extremes Wetter in ärmeren Ländern kompensiert werden sollen. Die Einigung wurde in letzter Minute erzielt und gilt als Meilenstein. Es ist das erste Mal, dass reiche Länder in dieser Form Verantwortung für ihre Treibhausgasemissionen übernehmen wollen. 

Doch beim Thema Reduzierung der Emissionen und Klimaschutz wurden letztes Jahr wenig Fortschritte gemacht, was viele Länder, vor allem kleinere Staaten, kritisierten.

"Wir haben eine Einigung für einen neuen Fond”, sagt Marjo Nummelin, finnischer Chefverhandler. "Doch wir denken, dass wir nicht noch einmal eine COP haben sollten, bei der es keinen wirklichen Fortschritt bei der Agenda zur Senkung der Emissionen gibt.”

Die Zukunft des neuen Fonds ist bisher noch offen. Bevor Geld fließt, müssen sich die Länder erst darüber einigen, wer am Ende zahlen muss, wer wie viel bekommt und unter welchen Umständen. Einige dieser Punkte werden jetzt in Bonn besprochen. Die politischen Auseinandersetzungen werden dann aber erst später in Dubai ausgetragen. 

Wichtiger Gespräche über den neuen Ausgleichsfond für Klimaschäden 

"Ich erwarte, dass wir in Bonn zumindest eine informelle Anmerkung erreichen werden”, so Juan Carlos Monterrey, ehemaliger Chefverhandler für Klimafrage, der heute für Geoversity tätig ist, eine Nichtregierungsorganisation, die sich für Wildtiere einsetzt. "Eine informelle Anmerkung ist das, wonach es sich anhört: ein inoffizielles Dokument, das die Visionen und Positionen der verschiedenen Parteien und politischen Gruppen zusammenfasst."

Eine Frau Kocht etwas vor einem Zelt
Mehr Druck für reiche Länder, die Kosten zu übernehmen. Im Vorfeld des COP27-Gipfels wurde Pakistan von Überschwemmungen verwüstetBild: Akhtar Soomro/REUTERS

Für Länder, die vorderster Front des Klimawandels stehen, die mit glühenden Hitzewellen kämpfen oder zusehen müssen, wie ihre Häuser durch den Anstieg des Meeresspiegels weggespült werden, werden die Probleme aber nicht auf dem Papier gelöst. Der neue Fonds  soll den Ländern helfen, sich von Schäden durch den Klimawandel zu erholen, also zum Beispiel durch Stürme zerstörte Häuser und Infrastruktur wieder aufzubauen, Landwirte während einer Dürre zu unterstützen, aber auch ihre eigenen Emissionen zu senken und sich an eine neue Wetterlage anzupassen. Doch eine Garantie für schnelle Finanzhilfe ist auch dieser Fonds nicht.

Reiche Länder haben schon eine 2009 gemachte Zusage gebrochen. Damals versprachen sie armen Ländern, bis 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar an Zuschüssen und Darlehen, um CO2-Emissionen zu verringern und sich an den Klimawandel anzupassen. 

Einige Beobachter gehen davon aus, dass das Ziel der 100 Milliarden Klimaförderung nun in diesem Jahr erreicht werden könnte, also drei Jahre später als geplant. So oder so, sind sich Wissenschaftler einig, war das versprochene Geld von vornerein nicht ausreichend. In Bonn werden nun auch Gespräche zu Finanzierungszielen nach 2025 geführt.

Steigenden Emissionen ein "Todesurteil”

Die Vereinten Nationen wollen während der Konferenz auch die Fortschritte bei der Erreichung der Klimaziele genau unter die Lupe nehmen. In einem "global stocktake" , also einer weltweiten Bestandsaufnahme, wird alle zwei Jahre einschätzt, wie die Menschheit auf den Klimawandel reagiert. Wie genau die Einschätzung dieses Jahr ausfällt, wird jetzt in Bonn beraten, bevor sie im November vor der COP28 veröffentlicht wird.

Die Prüfung stützt sich auf Untersuchungen, die schon jetzt zeigen, dass Länder immer noch zu viel schädliche Gase ausstoßen und zu wenig Geld in den Klimaschutz investieren, um ihre Versprechen einzuhalten und ihre Bevölkerung vor extremen Wetterbedingungen zu schützen.

"Es muss ein Punkt kommen, an dem wir die Emissionen reduzieren, denn sonst ist das für Länder wie uns wirklich ein Todesurteil", so Khadeeja Naseem, Klimaministerin der Malediven, einem Inselstaat im Indischen Ozean. 

"Das ist keine Untertreibung", so Naseem weiter. "Die Malediven liegen nur einen Meter über dem Meeresspiegel und die gesamte kritische Infrastruktur ist nur 100 Meter von der Küste entfernt. Wir haben zunehmende Erosion. Die meisten Häuser werden von den Gezeiten überflutet. Und wir sind ein geografisch weit verstreuter Inselstaat. Hier steht sehr viel auf dem Spiel."

Eine Schildkrote vor einer Küste mit Palmen
Tief liegende Inselstaaten wie die Malediven gehören zu den Ländern, die am stärksten vom steigenden Meeresspiegel betroffen sein werdenBild: Kirsty O'Connor/PA Wire/empics/picture alliance

Um zu verhindern, dass die Hitzewellen immer heißer und die Überschwemmungen an den Küsten immer stärker werden, hatten sich die Staats- und Regierungschefs der Welt bereits 2015 in Paris dazu verpflichtet, die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf 1,5 Grad Celsius über den vorindustriellen Temperaturen zu begrenzen. Doch mit ihrer derzeitigen Politik werden sie fast das Doppelte erreichen.

Wissenschaftler fordern, dass Staats- und Regierungschefs sofort Maßnahmen ergreifen, um weniger Kohle, Öl und Gas zu verbrennen und die Emissionen in allen Sektoren tiefgreifend und schnell reduzieren.

Die brasilianische Regierung kündigte kürzlich an, dass die Länder auf der 2025 in Belem nahe dem Amazonas stattfindenden COP30 neue und ehrgeizigere Klimapläne vorlegen werden.

"Für uns ist es absolut entscheidend, dass es ein internationales Umfeld gibt, das die Parteien dazu anleitet, die ehrgeizigsten Maßnahmen auf den Tisch zu legen", so ein brasilianischer Klimaunterhändler, der sich anonym gegenüber der DW äußerte. 

Wenn man bis dahin nicht mehr Ehrgeiz entwickle und die Lücken bis dahin nicht geschlossen und in diesem kritischen Jahrzehnt auch umgesetzt würden, "heißt das, wir haben den Kampf um 1,5 °C verloren".

Sultan Al Jaber auf einem Podium
Obwohl Sultan Al Jaber Chef eines großen Ölkonzerns ist, wurde er zum Präsidenten der COP28 gewähltBild: AFP

Öl- und Gaslobbyismus 

Der diesjährige COP28-Klimagipfel steht jetzt schon in der Kritik. Präsident der Gipfels, Sultan Al Jaber, ist hauptberuflich CEO des VAE-Ölkonzerns ADNOC. In einem offenen Brief forderten 130 Abgeordnete aus der EU und den USA seine Absetzung. 

"Mit dieser Ernennung senden Sie gerade die Botschaft, dass die Ölindustrie hier das Sagen hat", so Monterrey, der ehemalige Verhandlungsführer aus Panama. "Wir laufen noch mehr als sonst Gefahr, dass dieser Prozess obsolet wird. Denn wenn die Leute das sehen, denken sie, dass es ein Witz ist."  

Dennoch sind einige Delegierte vorsichtig optimistisch. Die Vereinigten Arabischen Emirate planen ihre Ölproduktion zwar weiter zu erhöhen, gleichzeitig investieren sie auch stark in saubere Technologien. 

 "Sie sind in einer einzigartigen Position auch positive Dinge anzustoßen", so Naseem, der Verhandlungsführer der Malediven. "Ich hoffe wirklich, dass die Vereinigten Arabischen Emirate eine entscheidende Rolle dabei spielen können, die Transformation- auch mit erneuerbare Energien und Technologien - voranzutreiben, die Ländern wie uns helfen kann, auch in Zukunft zu überleben."

Rohstoffe und Nachhaltigkeit