Corbyn nennt May angeblich "dumme Frau"
19. Dezember 2018Die Nerven im britischen Parlament lagen kurz vor der Weihnachtspause blank. Mitglieder der Regierungsfraktion beschuldigten Labour-Chef Jeremy Corbyn, Premierministerin Theresa May während der Sitzung als "stupid woman" ("dumme Frau") bezeichnet zu haben.
Als sich Parlamentssprecher John Bercow daraufhin weigerte, Corbyn zu ermahnen, weil er die angebliche Beleidigung nicht gehört habe, wurde Bercow selbst zum Ziel wütender Proteste und hatte sichtlich Mühe, Ruhe und Ordnung im Parlament herzustellen.
Nicht der erste Vorwurf sexistischer Sprache gegen Politiker
Ein Sprecher Corbyns lehnte Forderungen nach einer Entschuldigung später ab. Der Oppositionsführer habe nicht "stupid woman", sondern "stupid people" ("dumme Leute") gesagt und sich dabei auf die konservativen Abgeordneten allgemein bezogen. Der Moment, in dem Corbyn die Beleidigung aussprach, wurde von Kameras aufgenommen und live übertragen.
Die tumultartigen Szenen ereigneten sich bezeichnenderweise, als es im Parlament gerade um Mobbing, Missbrauch und sexuelle Belästigung ging. Es ist zudem nicht das erste Mal, dass ein männlicher Politiker in Großbritannien beschuldigt wird, sexistische Sprache benutzt zu haben. 2011 soll der damalige Premierminister David Cameron einen Werbespruch imitiert und zu einer Abgeordneten gesagt haben "Calm down, dear" ("Komm runter, meine Liebe").
Corbyns angebliche Äußerung mag auch an Donald Trumps Worte gegenüber Hillary Clinton erinnern. Er hatte vor zwei Jahren seine damalige Konkurrentin um die US-Präsidentschaft "nasty woman" ("böse Frau") genannt.
Brexit erhöht Betriebstemperatur
Die Stimmung im britischen Parlament ist derzeit deshalb so gereizt, weil die Abgeordneten in der Frage, ob sie Premierministerin Mays Brexit-Deal zustimmen sollen, tief gespalten sind. Gelingt es May nicht, sie von dem mit der EU ausgehandelten Abkommen zu überzeugen, könnte es zu einem Austritt ohne Vertrag kommen. Die Gefahr einer solchen abrupten Trennung hat die britische Regierung und auch die Europäische Union bereits dazu veranlasst, Notfallpläne auszuarbeiten, die das befürchtete Chaos in verschiedenen Bereichen mildern sollen.
ie/pg (dpa, ap)