Impfung im Job: In welchem Land gilt was?
2. September 2021Es ist eine einfache Frage, die in verschiedenen Ländern der Welt höchst unterschiedlich beantwortet wird: Wie kann die Rückkehr an den Arbeitsplatz gelingen, ohne dass dieser zu einer möglichen Brutstätte für das Coronavirus wird? Nach anderthalb Jahren mit Masken, Plexiglasscheiben und auf den Fußboden geklebten Abstandsmarkierungen wächst angesichts der Impfkampagnen die Hoffnung, auf diese Notbehelfe künftig verzichten zu können.
Doch damit das halbwegs sicher funktioniert, müssen nahezu alle Beschäftigten geimpft sein. Einige Länder setzen bereits auf Impfpflichten für bestimmte Bereiche - und ernten teils heftigen Gegenwind.
Deutschland: eine heikle Frage
In Deutschland wird derzeit eher diskutiert, ob Unternehmen den Impfstatus ihrer Beschäftigten abfragen dürfen. Die Arbeitgeberverbände argumentieren, so könne man die Arbeitsstätten sicherer machen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil, als Sozialdemokrat traditionell eher auf Seite der Arbeitnehmer, hält mit rechtsstaatlichen Begründungen dagegen: In Deutschland haben Arbeitgeber generell nicht das Recht, gesundheitliche Angaben von ihren Beschäftigten einzufordern. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, ebenfalls SPD, stützt diese Argumentation - es seien nur bestimmte Ausnahmefälle vorstellbar, "in denen es um besondere Gefährdungssituationen geht".
Für solche Sonderfälle, zum Beispiel Arbeitsplätze in Krankenhäusern oder Gefängnissen, könnte laut Heil das Gesundheitsministerium "pragmatische Lösungen" entwickeln. Nachdem das Bundeskabinett jedoch gerade erst eine Neufassung des Infektionschutzgesetzes beschlossen hat, gilt das zumindest vor der Bundestagswahl Ende September als eher unwahrscheinlich.
Wie handhaben es andere Länder?
Auch in Dänemark gelten bei einer solchen Abfrage hohe Hürden für Arbeitgeber: Ein entsprechendes Gesetz sieht nur wenige Ausnahmen vor, bei denen sie Informationen zum Gesundheitsstatus von ihren Beschäftigen abfragen dürfen. Allerdings steht in dem skandinavischen Land ein großer Schritt bevor: Angesichts der hohen Impfquote von derzeit 72 Prozent endet am 10. September der Corona-bedingte Ausnahmezustand.
In Neuseeland müssen Beschäftigte eine solche Abfrage nicht beantworten; gegebenenfalls werden Auskunftsverweigerer mit Ungeimpften gleichgestellt und dürfen nicht alle Tätigkeiten ausüben. In Irland müssen Antworten nur in speziellen Fällen gegeben werden, zum Beispiel im Gesundheitswesen. In Spanien und Großbritannien ist eine verpflichtende Abfrage zulässig, hier gelten jeweils besondere Datenschutzbestimmungen.
Impfpflicht in einigen Staaten
Gleichzeitig hat Großbritannien jedoch auch schon eine Teil-Impfpflicht beschlossen: Ab Herbst dürfen Alten- und Pflegeheime im Regelfall nur noch von Geimpften betreten werden. Das gilt nicht nur für das eigene Personal, sondern zum Beispiel auch für Handwerker. Zusätzlich bestehen erste britische Unternehmen gegenüber ihrer Belegschaft auf eine Corona-Impfung.
Besonders weitreichende Impfpflichten gibt es in den USA: Dort dürfen unter anderem Firmen ihren Angestellten eine Corona-Impfung vorschreiben. Viele große Unternehmen wie die Techkonzerne Google und Facebook, die Eisenbahngesellschaft Amtrak und die Fastfood-Kette McDonald's haben davon Gebrauch gemacht. Die Deutsche Bank will die Vorschrift an ihrem US-Hauptsitz in New York nun sogar auf Lieferanten und Kunden ausweiten. Einige Bundesstaaten haben ebenfalls Teil-Impfpflichten verhängt. So müssen sich etwa in New York Pflegekräfte impfen lassen, Kalifornien ist der erste Bundesstaat mit einer Impfpflicht für Lehrerinnen und Lehrer.
Bestimmte Berufsgruppen werden an vielen Orten der Welt zu einer Corona-Impfung verpflichtet, darunter in Australien, Kenia, Saudi-Arabien und die Fidschi-Inseln. In Polen gilt eine solche Vorschrift für Hochrisikogruppen, in Turkmenistan schlicht für die gesamte volljährige Bevölkerung.
Aus Arbeitsschutzsicht interessant ist eine Regelung in Kasachstan: Dort wurde eine Impfpflicht - oder alternativ obligatorische wöchentliche Tests - für alle beschlossen, die in Gruppen von mindestens 20 Personen arbeiten. Und in der russischen Hauptstadt Moskau wurden Unternehmen in die Haftung genommen, um sicherzustellen, dass bis Mitte Juli 60 Prozent ihrer Belegschaft zumindest erstgeimpft waren. Für öffentlich Beschäftigte, die mit vielen öffentlichen Kontakten einhergehen, gilt in Moskau ebenfalls Impfpflicht.
Frankreich: Protest und Datenschutz
In Frankreich kommt es, wie auch in Griechenland, immer wieder zu Protesten gegen die Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen. Sofern sie bis zum 15. September noch nicht vollständig geimpft sind, müssen Beschäftigte des französischen Gesundheitswesens so lange in unbezahlten Urlaub.
Bereits seit dieser Woche gilt darüber hinaus eine Regelung für weitere Berufsgruppen, die mit der Öffentlichkeit in Kontakt kommen: Die Beschäftigten etwa von Restaurants und Hotels, Kinos und öffentlichen Verkehrsmitteln müssen nun einen gültigen "Pass Sanitaire" vorweisen, also die französische Version des EU-weit anerkannten digitalen COVID-Impfnachweises. Auch hier werden die Arbeitgeber für die Kontrolle eingespannt; bei Verstößen drohen Bußgelder. Ohne gültigen QR-Code droht auch den Beschäftigten in diesem Bereich ein unbezahlter Zwangsurlaub. Allerdings ist es de facto keine Impfpflicht, und der Impfstatus bleibt Privatsache: Der QR-Code kann auch durch einen ausreichend frischen negativen Test erzeugt werden - und in der Kontroll-App für Arbeitgeber ist nicht ersichtlich, ob eine Person geimpft, genesen oder eben nur negativ getestet ist.