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PolitikEuropa

Corona in Europa: Chaos mit und ohne Impfung

5. Januar 2021

Auch in den deutschen Nachbarländern wird geimpft. Doch der Anfang verläuft oft schleppend und bringt noch nicht den gewünschten Erfolg. Vakzine? Mangelware.

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Frankreich I Erste Corona-Impfung in Sevran
Die 78-jährige Mauricette aus der Nähe von Paris erhielt als erste Französin den Corona-ImpfstoffBild: Thomas Samson/abaca/picture alliance

Während in Deutschland bis zum Jahresende immerhin rund 200.000 Menschen gegen das Corona-Virus geimpft wurden, waren es in Frankreich lediglich 516. Nachdem Kritiker den schleppenden Start der Impfkampagne als "skandalös" bezeichnet hatten, verspricht die Regierung nun rasche Verbesserungen.

Gesundheitsminister Olivier Véran erklärte, man werde die Nachbarn "in den kommenden Tagen einholen". Die Strategie werde "verstärkt, beschleunigt und vereinfacht". So sollen Personen über 75 Jahre ab Ende des Monats auch außerhalb von Pflegeheimen geimpft werden. Zudem werde es Impfungen für Feuerwehrleute und häusliche Pflegekräfte über 50 geben.

Ähnlich heftiger Kritik sieht sich Vérans niederländischer Amtskollege Hugo de Jonge ausgesetzt. Die Niederlande beginnen ihre Impfkampagne als letztes Land der EU am Mittwoch. Das sei "beschämend", erklärte der Rechtspopulist Geert Wilders. "Das ist keine Strategie, sondern Chaos." Auch der sozialdemokratische Fraktionsvorsitzende Lodewijk Asscher sprach von "Chaos". "Wir haben alle Ausreden gehört."

Niederlande | Transport des Impfstoffs
Bereits am 26. Dezember wurden die ersten Impfdosen in die Niederlande geliefertBild: Robin Van Lonkhuijsen/ANP/AFP/Getty Images

Ministerpräsident Mark Rutte räumte Fehler ein. Die Regierung habe zu lange nur auf den Impfstoff des Herstellers Astrazeneca gesetzt, der einfacher über Hausärzte zu verteilen sei. Das Präparat ist aber noch nicht in der EU zugelassen. Stattdessen wurde noch vor Weihnachten der Impfstoff der Hersteller BioNTech und Pfizer zugelassen, für den in den Niederlanden teilweise die notwendigen großen Impfzentren fehlten. Zu Zeit lagern bereits rund 280.000 Dosen ungenutzt im Osten des Landes. Erst in der kommenden Woche soll landesweit geimpft werden.

Im Nachbarland Belgien ist nach einem einwöchigen Testlauf derweil alles bereit für den offiziellen Start der Impfkampagne. Nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Belga sollen nun jede Woche rund 87.000 Dosen des Impfstoffs vom BioNTech/Pfizer verabreicht werden. Demnach sollen wie in Deutschland zunächst die Pflegeheime und deren Bewohner samt Personal mit den Dosen versorgt werden. Bislang sind in Belgien während der einwöchigen Testphase nur rund 700 Freiwillige in einigen Pflegeeinrichtungen geimpft worden.

Das kleine Belgien mit seinen rund 11,5 Millionen Einwohnern hatte im Herbst zeitweise pro Kopf die höchsten Corona-Infektionszahlen in Europa. Nun sollen nach dem Willen der Regierung 70 Prozent der Bevölkerung geimpft werden. Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke drückt jedenfalls aufs Tempo. Zusammen mit Premierminister Alexander De Croo forderte er die zuständige Arbeitsgruppe dazu auf, bis zur kommenden Woche einen beschleunigten Impfplan vorzulegen. Die Impfkampagne müsse nun an Dynamik gewinnen.

Coronavirus I Newcastle
Der neue Lockdown sorgt für leere Straßen in der Innenstadt von NewcastleBild: Owen Humphreys/empics/picture alliance

Dass Impfungen alleine vorerst allerdings nicht reichen, um die Verbreitung des Corona-Virus einzudämmen, zeigt die aktuelle Lage in Großbritannien: Nach Angaben von Boris Johnson sind mittlerweile mehr als 1,3 Millionen Briten geimpft worden. Gleichzeitig musste der Premierminister einen neuen Negativrekord mit mehr als 60.000 Neuinfektionen im Vereinigten Königkreich verkünden. "Mehr als zwei Prozent der Bevölkerung sind infiziert", so Johnson. Die erhoffte Immunität sei erst in zwei bis drei Wochen erreicht.

Der Regierung bleibe deshalb keine andere Wahl als für das am stärksten betroffene England einen neuen Lockdown mit weitreichenden Ausgangsbeschränkungen und Schulschließungen zu verhängen. Das Parlament soll den Maßnahmen, die voraussichtlich bis Mitte Februar gelten werden, an diesem Mittwoch zustimmen. Die rund 56 Millionen Engländer dürfen ihr Zuhause dann nur noch in begründete Fällen verlassen, etwa um zu arbeiten, einzukaufen oder für Arztbesuche. Arbeitnehmer sollen möglichst im Homeoffice arbeiten.

djo/ml (afp, dpa)