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Afrika: Corona behindert Kampf gegen Malaria

Martina Schwikowski
30. November 2020

Die WHO ist besorgt: Die Malaria-Eindämmung hinkt ihren Zielen hinterher. Für 2020 dürften die Todeszahlen wieder stark steigen - wegen Corona. Das Geld ist weiter knapp. Trotzdem gibt es auch Fortschritte zu vermelden.

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Malaria-Bekämpfung in Afrika | Benin Verteilung von Moskitonetzen
Moskitonetze sind wichtig im Kampf gegen Malaria - in Benin wurden sie auch während Corona weiter verteiltBild: Yanick Folly/AFP

Auf längere Sicht liest sich der neueste Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu Malaria positiv: Sind Anfang der 2000er-Jahre noch jedes Jahr deutlich mehr als 700.000 Menschen an der Tropenkrankheit gestorben, hat sich der Wert inzwischen etwas über 400.000 eingependelt. Im vergangenen Jahr sind den Schätzungen zufolge 409.000 Menschen gestorben, bei rund 229 Millionen Malaria-Infektionen insgesamt.

Doch der Fortschritt stockt: In den vergangenen Jahren haben sich die jährlichen Todeszahlen nur noch geringfügig verringert, die Zahl der Infizierten ist sogar wieder leicht gestiegen. Deshalb warnte Matshidiso Moeti, WHO-Regionaldirektorin für Afrika, bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des Berichts: "Wenn wir auf dem aktuellen Kurs bleiben, werden wir die globalen Ziele für 2030 verfehlen." Gegenüber 2015 soll es dann um 90 Prozent weniger Infektions- und Todesfälle geben, 35 Länder sollen nach den Plänen der WHO ganz Malaria-frei werden. Dass die Ziele in weitere Ferne rücken, liegt laut WHO unter anderem an der Corona-Pandemie, die die Gesundheitssysteme der Welt zusätzlich belastet und Lieferketten unterbrochen hat. Für 2020 dürften die Zahlen deswegen wieder steigen, lautet die Befürchtung.

Mehr Malaria-Tote wegen der Pandemie

Die notwendigen Schritte zur Eindämmung der Pandemie hat Konsequenzen für die Bekämpfung von Malaria. Unterbrechungen bei der Diagnose, der Verteilung von Netzen und weniger Zugang zu Medikamenten für Kranke erschweren Behandlungen. Die Daten in Afrika seien zwar lückenhaft, fügt Moeti an. Aber sie schätzt, bezogen auf Afrika: "Es werden bis Jahresende 2020 auf jeden Fall mehr Menschen an Malaria sterben als an Covid-19." Die Regionaldirektorin appelliert an Geldspender und Politiker gleichermaßen: "Warum gibt es keinen Aufschrei? Warum schlagen wir so sehr Alarm bei Covid-19 oder Ebola? Aber es ist anscheinend so normal, dass Tausende von Kindern jedes Jahr an Malaria sterben."

Malaria-Bekämpfung in Afrika | Elfenbeinküste Abidjan | Gift gegen Moskito
In der ivorischen Großstadt Abidjan rücken Helfer den Moskitos mit tödlichem Gift zuleibeBild: Sia KAMBOU/AFP

Die Finanzen reichen laut Moeti nicht aus, um den Kampf gegen die Fieberkrankheit zu verstärken. Weltweit standen dafür drei Milliarden US-Dollar im Jahr 2019 bereit - in den betroffenen Ländern werden laut Moeti 5,7 Milliarden benötigt. Das wäre womöglich gut investiertes Geld: Gäbe es Malaria nicht, könnten die Volkswirtschaften geschätzt um 1,3 Prozentpunkte schneller wachsen.

Investitionen dringend gebraucht

Hinzu kämen die Auswirkungen der Corona-Pandemie, beschreibt Moeti den Rückgang der Produktivität: "Subsahara-Afrika wird erstmals seit 25 Jahren in eine Rezession gedrängt." Sie macht aber auch die schwachen Gesundheitssysteme in afrikanischen Ländern für die Probleme bei der Malaria-Bekämpfung mit verantwortlich. Zusätzliche Hilfsgelder müssten eingeholt, die Todeszahlen verringert werden: Mit 384.000 entfiel auch 2019 der Großteil der Malaria-Toten auf Afrika. Das müsse nicht sein, findet Moeti.

Malaria-Bekämpfung in Afrika | Benin Verteilung von Moskitonetzen
Diese Helfer verteilen Moskitonetze in BeninBild: Yanick Folly/AFP

Peter Sands betont die Dringlichkeit, trotz der Corona-Krise nicht andere Gesundheitsbereiche aus dem Blick zu lassen. Er ist Direktor des Globalen Fonds für die Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria. "Wir sehen jetzt ein enormes Maß an Aufmerksamkeit auf das Thema Gesundheit - wegen der Pandemie. Ein neues Virus verursacht großen wirtschaftlichen Schaden. Aber einen altbekannten Erreger, die Malaria-Parasiten, loszuwerden, hat auch einen massiven Preis", betont Sands.

Oft sterben Kinder an Malaria

Drei Milliarden US-Dollar pro Jahr sei ein schockierend kleiner Betrag. Denn es sei zu bedenken: Besonders Kinder sind gefährdet. Immer noch erhalten laut dem Bericht 31 Prozent der Kinder unter fünf Jahren keine fieberhemmenden Mittel, wenn sie erkranken. Vor zehn Jahren lag der Wert mit 36 Prozent nur geringfügig höher. Dazu komme der Faktor Zeit, sagt Sands. "Wenn ein kleines Kind Fieber bekommt, geht es um Schnelligkeit bei der Behandlung." Corona habe hier die Behandlung erschwert: "Wenn ein Gesundheitshelfer krank ist oder isoliert, gibt es keinen Plan B."

Infografik Malaria weltweit

Weil Corona vielerorts solche Effekte hat, könnten in diesem Jahr in Subsahara-Afrika zwischen 20.000 und 100.000 Menschen zusätzlich an Malaria sterben, befürchtet Pedro Alonso, Direktor des weltweiten Malaria-Programms der WHO. In Afrika sind bislang rund 51.000 Menschen an oder mit Covid-19 gestorben. Die erwartete Zahl der zusätzlichen Malaria-Toten schätzte die WHO im März, zu Beginn der Pandemie, noch viel höher ein: Damals erwartete man, dass ein ungebremster Corona-Ausbruch als Kollateraleffekt bis zu 200.000 zusätzliche Malaria-Tote fordern könnte. "Das konnten wir durch mehr Kampagnen doch abwenden", fügt er an.

Malaria-Bekämpfung in Afrika | Kenia | Impfstoff Mosquirix
Impfstoff als Hoffnung für Kinder: Bisher waren sie durch Malaria besonders gefährdetBild: Brian ONGORO/AFP

Generell hat sich Covid-19 bislang als weniger verheerend für Afrika erwiesen als zunächst befürchtet. Aus Sicht von Peter Sands gibt das Hoffnung für die Zukunft: "Wir können Covid-19 nicht nur als Herausforderung mit Blick auf unsere Erfolge sehen, die wir schützen müssen. Sondern auch als Inspiration, was wir noch erreichen wollen. Wir sollten unseren Blick schärfen und im Zusammenhang mit Malaria dasselbe sagen wie bei Covid, nämlich dass wir niemanden zurücklassen wollen."

Gute Nachrichten: Todesrate ging weltweit zurück

Positiv ist aus Sicht der WHO: Die Hälfte aller von Malaria betroffenen Länder stünden kurz davor, die Krankheit zu beseitigen. Eine wichtige Maßnahme sind engmaschige, imprägnierte Moskitonetze, die eine wirksame Prophylaxe gegen die nächtlichen Stiche der Anophelesmücke darstellen. 2,7 Milliarden Netze seien in 20 Jahren verteilt worden, 21 Millionen Kinder erhielten Hilfen zur Vorbeugung gegen die Krankheit. Alonso sagt: "Das sind echte Errungenschaften. Aber wir sind noch nicht am Ziel."

Malaria-Bekämpfung in Afrika | Uganda Kampala | Händler schläft unter Moskitonetz
Moskitonetze, hier in Uganda, retten Leben im Kampf gegen MalariaBild: Badru KATUMBA/AFP

Hoffnung macht auch ein neuartiger Impfstoff, der in einer Pilotphase in Ghana, Kenia und Malawi erprobt wird - bis November 2020 wurden fast eine halbe Million Kinder geimpft. Das Serum soll vier von zehn Kleinkindern vor einer womöglich tödlichen Malaria-Infektion bewahren.

Mitarbeit: Uta Steinwehr