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Corona-Schnelltests auf dem Prüfstand

10. Januar 2022

Viele Corona-Schnelltests sprechen auf die Omikron-Variante nicht gut an - selbst bei hoher Virenlast. Klarheit soll eine Positivliste für Schnelltests bringen, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angekündigt.

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Negativer Coronavirus Antigen-Schnelltest
Bei einem negativen Testergebnis kann man trotzdem infiziert sein und andere ansteckenBild: Mark Hertzberg/Zuma/picture alliance

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat eine Positivliste für Schnelltests angekündigt. Das zuständige Paul-Ehrlich-Institut soll eine solche Aufstellung vorbereiten "mit Tests, die für Omikron besonders geeignet sind bzw. Omikron früh erkennen", so Lauterbach in der ARD.

Warum braucht es eine Positivliste für Schnelltests?

Lange Schlangen bilden sich vor den Corona-Teststationen, seit nicht nur Ungeimpfte, sondern auch Geimpfte und Geboosterte vielerorts bei der Arbeit oder im öffentlichen Leben zusätzlich einen aktuellen, negativen Antigen-Schnelltest vorweisen müssen.

Allerdings kann auch ein negativer Schnelltest ein trügerisches Sicherheitsgefühl vermitteln, denn zahlreiche Corona-Schnelltests sprechen auf die Omikron-Variante nicht gut an.

Zum Jahresende hatten sich Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Berliner Charité eine große Anzahl von verfügbaren Antigen-Schnelltests genauer angesehen. Rund 20 Prozent fielen bei der Prüfung durch, weil sie selbst bei einer hohen Virenlast nicht funktionierten.

Fast zeitgleich hatte die US-Zulassungsbehörde FDA gewarnt, dass Antigen-Schnelltests weniger sensibel auf die Omikron-Variante ansprechen als auf vorherige Varianten. Das könne zu falsch negativen Testergebnissen führen.

Eine Positivliste soll eine bessere Orientierung bei der Test-Auswahl ermöglichen, heißt es vom Bundesgesundheitsministerium. Die Erstellung der Positivliste werde allerdings einige Zeit in Anspruch nehmen.

Wie zuverlässig sind Antigen-Schnelltests?

Laut der als Preprint veröffentlichten Studie der Forschenden des Paul-Ehrlich-Instituts, des Robert Koch-Instituts und der Berliner Charité genügten 26 der 122 überprüften Schnelltests nicht einmal den Minimalanforderungen - einer Sensitivität von 75 Prozent.

Das bedeutet, dass Antigen-Schnelltests mindestens in 75 Prozent der Fälle anschlagen müssen, wenn die Probe eine definierte Virusmenge enthält. Wie hoch diese Virusmenge ist, bestimmt der Ct-Wert. Dieser Ct-Wert gibt an, wie oft eine Probe im Labor vermehrt werden muss, bis das Erbgut von SARS-CoV-2 darin nachweisbar ist.

Je niedriger der Wert, desto höher die Virenlast. Liegt der Ct-Wert bei 25 oder darunter, dann ist die Virenlast sehr hoch, sprich: Die Person ist sehr ansteckend. Liegt der Wert bei 25 bis 30, ist die Virenlast hoch. Liegt er zwischen 30 und 36, ist die Virenlast moderat.

Bei einer sehr hohen Virenlast schlugen immerhin rund 80 Prozent der geprüften Schnelltests an. Und 60 Prozent entdeckten sogar alle hochinfektiösen Proben. Aber jeder fünfte Test fiel durch.

Welche Schnelltests gibt es in Deutschland?

Laut PEI-Präsident Klaus Cichutek gebe es in Deutschland keine Corona-Schnelltests zu kaufen, die das Label "unzuverlässig" verdienen. Tests, die die hohen Anforderungen nicht erfüllen, würden in Deutschland nicht verkauft, weil sich Testzentren, Apotheken und Discounter an der PEI-Liste orientierten, so Cichutek in der ARD.

Allerdings kritisieren Verbraucherschützer die bestehende PEI-Liste von Antigen-Schnell- und Selbsttests. Aus Sicht von Arne Weinberg von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sei es nicht nachvollziehbar, warum ein Test in der Bewertung des Instituts nicht durchfalle, wenn er zwar bei "sehr hoher Viruslast" sicher anschlage, aber bei lediglich "hoher Viruslast" nur schlecht funktioniere, so Weinberg gegenüber der ARD.

Analyse einer COVID-19 Probe im Labor
Ein PCR-Test dauert länger, weil er nur im Labor ausgewertet werden kann, aber dafür ist er viel zuverlässigerBild: Brandon Bell//AFP/Getty Images

Warum sind PCR-Tests zuverlässiger?

Bei einem Schnelltest wird in den Sekreten der Atemwege nach Antigenen, also nach bestimmten Proteinen in der Virushülle gesucht. Das funktioniert bei der neue Omikron-Variante weniger zuverlässig.

Auch wenn die Testperson erst am Anfang der Infektion steht oder wenn die Entnahme nicht richtig durchgeführt wurde, sind Schnelltests oftmals fehlerhaft.

Ein PCR-Test ist dagegen deutlich zuverlässiger, da im Labor mithilfe einer Polymerase-Kettenreaktion (PCR) nach dem Erbgut von SARS-CoV-2 gesucht wird, und dabei reichen schon kleine Virusmengen für ein positives Testergebnis.

Prüft denn niemand die Zuverlässigkeit von Schnelltests?

Die Antwort mag überraschen: Noch dürfen Hersteller ihre Antigen-Schnelltests ohne externe Qualitätsprüfung auf den Markt bringen und sich die nötige CE-Konformitätserklärung selber ausstellen. Diese CE-Erklärung besagt, dass ein Produkt die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllt.

Die Hersteller bescheinigen sich also selber, dass ihre Tests die Antigene zuverlässig erkennen. Ein unhaltbarer Zustand, der sich aber erst ab Mai 2022 ändern wird, schreibt das PEI: "Dann müssen gemäß der IVD-Verordnung für deren Zertifizierung ein EU-Referenzlabor und eine benannte Stelle hinzugezogen werden, da die COVID-19-Tests der höchsten Risikoklasse angehören werden. Zukünftig verlangt dies dann eine Laboruntersuchung der Tests sowie eine unabhängige Überprüfung der Daten."

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund