Corona-Zahlen zum Jahreswechsel ungenau
29. Dezember 2021Wegen Meldeverzögerungen über die Weihnachtstage sieht Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine deutlich kritischere Corona-Lage in Deutschland. Er sei zu der Einschätzung gekommen, "dass die tatsächliche Inzidenz derzeit zwei bis drei Mal so hoch ist wie die ausgewiesene", sagte der SPD-Politiker in Berlin. Er appellierte an alle Bürger, den Jahreswechsel so zu verbringen, dass keine neuen Infektionsketten entstehen: "Bitte feiern Sie in ganz kleiner Runde und gefährden Sie sich nicht gegenseitig."
Lauterbach rechnet "in wenigen Wochen" mit einem deutlichen Anstieg der Infektionen mit der neuen Virusvariante Omikron sowie der Fallzahlen insgesamt. Den momentan zu beobachtenden Rückgang der Fallzahlen halte er nicht für nachhaltig.
Sieben-Tage-Inzidenz steigt leicht
Die Sieben-Tage-Inzidenz gab das Robert Koch-Institut (RKI) zuletzt (30. Dezember) mit 207,4 an. Am Vortag lag der Wert noch bei 205,5 - vor einer Woche noch bei 280,3. Deutschlands oberste Seuchenschutzbehörde macht allerdings eine Einschränkung, was die Aussagekraft der Werte angeht. Das RKI weist darauf hin, dass sich wegen der Feiertage weniger Menschen testen ließen und nicht alle Gesundheitsämter Daten weiterleiteten.
Experten hatten bereits zuvor darauf hingewiesen, dass die amtlichen Zahlen momentan nur bedingt aussagekräftig sind. Minister Lauterbach betonte, dabei sei den Gesundheitsämtern kein Vorwurf zu machen. Über die Feiertage mache sich dort aber ein genereller Personalmangel bemerkbar.
Der Minister erklärte, dass zur Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz am 7. Januar "eine solide und für diese Zwecke vollkommen ausreichende Datenlage" vorhanden sein werde. Bund und Länder hatten den Termin verabredet, um die Lage neu zu bewerten.
Lauterbach wies auch darauf hin, dass die Impfkampagne in Deutschland nach einer kurzen Weihnachtspause wieder in Gang gekommen ist, und appellierte an die Menschen, die noch keine Auffrischungsimpfung erhalten haben, einen Termin zu vereinbaren. Bislang haben 71 Prozent der Bevölkerung den vollständigen Grundschutz mit der meist nötigen zweiten Spritze. Gut 37 Prozent haben eine Auffrischungsimpfung erhalten.
Spanien verkürzt Quarantänedauer
Lauterbach prüft nach Informationen des "Spiegel" auch eine Verkürzung der Quarantänedauer bei Kontakt mit Infizierten. Hintergrund sind Befürchtungen, dass während einer Omikron-Welle sehr viele Ausfälle durch Quarantäne etwa im Gesundheitssektor, bei der Polizei oder in Schulen schwerwiegende Folgen hätten.
Zuvor hatte in den USA die Gesundheitsbehörde CDC mitgeteilt, die empfohlene Quarantäne nach einer Infektion von zehn auf fünf Tage zu verkürzen. Grund seien Erkenntnisse, dass die meisten Ansteckungen früh im Krankheitsverlauf stattfinden. Auch in Spanien entschied die Regierung jetzt, dass die verordnete Isolationsdauer nach einer Corona-Infektion ohne Symptome von zehn auf sieben Tage verkürzt wird.
Frankreich und Schweiz mit Höchstständen
Derweil gab Frankreich 208.000 Neuinfektionen bekannt. Gesundheitsminister Olivier Veran sprach vor Abgeordneten von schwindelerregenden Zahlen. Bei Omikron könne man nicht mehr von einer Welle reden, vielmehr vereinigten sich mehrere einzelne Wellen zu einer einzigen riesigen. Am Dienstag lag die Zahl der neuen Fälle bei 180.000.
Auch die Schweiz verzeichnete einen neuen Höchststand bei der Zahl neuer COVID-Ansteckungen. Das Gesundheitsamt meldete im Vergleich zum Vortag 17.634 neue laborbestätigte Fälle. Weitere 25 Menschen starben an der Erkrankung. Die Schweiz hat eine der niedrigsten Impfraten Westeuropas und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sind vergleichsweise locker.
uh/fab (dpa, rtr, ap)