Coronaviren: Sowohl harmlos als auch tückisch
9. Januar 2020Am 31.12.2019 wurde das Landesbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in China über 27 Patienten mit Lungenentzündungen unklarer Ursache informiert. Die Fälle waren in Wuhan aufgetreten - einer Metropole mit 19 Millionen Einwohnern in der Provinz Hubei.
Die städtische Gesundheitskommission berichtete, viele der Infektionen könnten auf einen Besuch des Fischmarktes zurückgeführt werden - wo neben Fisch auch andere (lebende) Tiere verkauft werden. Die Markthalle wurde daraufhin und bis auf weiteres geschlossen sowie desinfiziert.
Bis zum 5.1.2020 wurden insgesamt 59 Patienten registriert. Sieben Patienten befinden sich nach einer Meldung des Robert Koch-Instituts in einem kritischen Zustand; Todesfälle wurden nicht berichtet.
Darüber hinaus wurde erstmals auch aus Südkorea ein Verdachtsfall gemeldet. Hierbei handelt es sich um eine 36-jährige Chinesin, die im vergangenen Monat Wuhan besucht habe, berichteten die Behörden. Sie werde in einem Krankenhaus in Bundang, südlich von Seoul, behandelt.
Die guten Nachrichten
Doch immerhin: Acht Patienten gelten mittlerweile als geheilt. Sie sollen das Krankenhaus verlassen haben. Und die Experten sind einen Schritt weiter auf der Suche nach dem Auslöser der mysteriösen Lungenkrankheit.
Die Gensequenz des Erregers sei entziffert, so der Leiter des zuständigen Experteteams, Xu Jianguo. Die Ursache: ein neuartiges Coronavirus. Dies sei bei Blut- und Speicheltests von insgesamt 15 Erkrankten festgestellt worden.
Die Hintergründe des Ausbruchs müssten jedoch aber weiter erforscht werden. Auch der Vertreter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in China, Gauden Galea, bestätigte in einem Statement inzwischen die Entdeckung des neuartigen Corona-Virus.
Die Identifizierung eines neuartigen Virus in der Kürze der Zeit sei eine bemerkenswerte Leistung und zeige Chinas große Kompetenz zur Bewältigung neuer Ausbrüche, so die WHO.
Was sind Coronaviren?
Coronaviren sind seit den 1960er Jahren bekannt. Der Name leitet sich von ihrer Anmutung unter dem Mikroskop ab. Die Peplomere, die nach außen ragenden Proteinstrukturen der Virushülle, sind kronenförmig (von lateinisch: corona - Krone) angeordnet.
Grundsätzlich sind Coronaviren nichts Außergewöhnliches. Oft verlaufen die Infektionen harmlos - zum Beispiel mit grippeähnlichen Beschwerden wie Fieber, Husten und Kurzatmigkeit. Magen-Darm-Beschwerden, insbesondere Durchfall, können ebenfalls auftreten.
Die Dauer von der Infektion bis zum Auftreten von ersten Symptomen beträgt in der Regel ein bis zwei Wochen.
Doch Coronaviren sind auch tückisch und extrem wandlungsfähig - sie gehören zu den RNA-Viren und weisen eine hohe genetische Variabilität auf. Das heißt: Es ist ihnen ein Leichtes, Artenbarrieren zu überwinden und verschiedenste Wirtsspezies zu infizieren. In vielen Fällen kommt ein Ausbruch unter Menschen durch eine Infektion von Säugetieren, Nagern und Vögeln.
In Folge verursachen die Viren auch schwerere Krankheitsverläufe, mit Atemnot und Lungenentzündung, die sogar zum Tod führen können.
2002 und 2003 löste zum Beispiel das aggressive Coronavirus SARS-CoV eine Epidemie aus. Damals erkrankten weltweit mehr als 8000 Menschen, etwa 1000 starben. 30 Länder waren betroffen. Im Jahr 2012 wurde das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) entdeckt, das sich auf der arabischen Halbinsel verbreitete.
In beiden Fällen vermuten Experten Tiere als Erklärung - klassische Zoonosen also, bei denen es Krankheitserregern gelingt, von einem tierischen auf einen menschlichen Wirt überzuspringen.
Mehr dazu: Lungenerkrankungen durch Infektionen
Wie werden die Viren übertragen?
Zoonosen können über direkten Kontakt zwischen Tier und Mensch übertragen werden, aber auch - wie viele Keime - einfach über die Luft.
Doch es gibt auch noch viele weitere Infektionswege, über Lebensmittel zum Beispiel oder über sogenannte Vektoren. Ein solcher Krankheitsüberträger transportiert einen Erreger vom Wirt auf einen anderen Organismus, ohne selbst zu erkranken. Eine Mücke, eine Zecke oder ein anderes Insekt wären zum Beispiel solch eine Verbindung zwischen Tier und Menschen.
Darüber hinaus können Zoonosen auch über Lebensmittel übertragen werden, beim Verzehr von Fleisch oder tierischen Produkten etwa. Sind diese nicht ausreichend erhitzt oder wurden sie unter ungünstigen Bedingungen zubereitet, stellen sie ebenfalls eine Infektionsquelle dar.
Neujahrsfest: Vorsicht statt Nachsicht
Im Vergleich zu der großen SARS- und MERS-Pandemie bzw. Epidemie, ist der aktuelle Ausbruch gering - wenn auch nicht zu unterschätzen.
Deshalb lässt China Vorsicht walten hinsichtlich der Feierlichkeiten zum chinesischen Neujahrsfest in wenigen Wochen. Erfahrungsgemäß verreisen hierzu Millionen von Menschen in Bussen, Zügen und Flugzeugen.
"Ich möchte jeden daran erinnern, persönlich Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, gesund und problemlos nach Hause zu kommen", sagte Wang Yang vom chinesischen Transportministerium in Peking. "Das Auftauchen der Epidemie mag viele beunruhigen, über das Neujahrsfest zu reisen."
Die Behörden konzentrierten sich darauf, Drehscheiben für den Transport wie Flughäfen oder Bahnhöfe, wo viele Passagiere verkehrten, zu desinfizieren und zu beobachten. Andere asiatische Staaten haben die Vorsichtsmaßnahmen bei der Einreise besonders von Reisenden aus Wuhan verstärkt und Fieberkontrollen eingeführt, um eine befürchtete Ausbreitung zu vermeiden.
In Hongkong gibt es bisher 16 Verdachtsfälle, in Singapur wurde eine mögliche Betroffene gemeldet. Nicht in allen Fällen gibt es einen direkten Bezug zu Wuhan.
Wie schützen?
Die amerikanische Seuchenschutzbehörde CDC gab eine Warnung aus. Reisende nach Wuhan sollen demnach Tiermärkte und den Kontakt mit Tieren oder auch ungekochtes Fleisch meiden. Auch sollten sie kranken Personen aus dem Weg gehen und sich die Hände häufig mit Seife und Wasser waschen. Wer in Wuhan gewesen sei und sich krank fühle, solle sofort medizinische Hilfe suche und den Kontakt mit anderen vermeiden, hieß es weiter.
Bevor der Arzt aufgesucht werde, solle die Praxis oder Klinik über die Reisegeschichte und die Symptome unterrichtet werden. Die WHO erließ ausdrücklich keine besondere Reisewarnung.