Dänen kontrollieren ihre Grenzen schärfer
5. Juli 2011Wenn die dänischen Zöllner am Dienstag (05.07.2011) an den Grenzen zu Deutschland und Schweden wieder verstärkt kontrollieren, dann sollen Nordsee-Urlauber keine Verzögerungen hinnehmen müssen. Das versichert zumindest die Regierung in Kopenhagen. Denn Ausweiskontrollen will sie nicht wieder einführen. Die Zollverwaltung erklärte am Freitag, es werde keine systematische Überprüfung von Autos oder Zügen geben. Der Verkehr solle so wenig wie möglich behindert werden.
An Grenzübergängen zu Deutschland sollen zunächst 30 zusätzliche Zollbeamte stichprobenartig Kontrollen machen. Für die Stichproben-Kontrollen an den Übergängen zu Schweden sind 20 Beamte vorgesehen. Der Minister für das Steuerwesen, Peter Christensen, kündigte an, zum Jahreswechsel sollten noch einmal 48 Beamte hinzukommen. Bis 2014 ist die Errichtung zusätzlicher Kontrollgebäude geplant. Außerdem will Dänemark elektronische Überwachungsanlagen zum automatischen Erfassen von Autokennzeichen installieren.
Alles wegen der Rechtspopulisten
Die Minderheitsregierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen erfüllt mit den verschärften Grenzkontrollen eine Forderung der rechtspopulistischen Dänischen Volkspartei, die davon ihre Zustimmung zu Wirtschaftsreformen abhängig gemacht hatte. Das Parlament hatte die Regelungen am Freitag gegen die Stimmen der Opposition beschlossen. Die Mitte-Rechts-Regierung will damit angeblich Gewaltverbrechen, Schmuggel und Schleusungskriminalität eindämmen oder verhindern.
Die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung haben die Pläne der Regierung in Kopenhagen kritisiert. Sie sehen darin eine potenzielle Gefährdung der Reisefreiheit innerhalb der Europäischen Union und verlangen die strikte Einhaltung des Schengen-Vertrages, der das Reisen ohne Ausweis-Kontrollen regelt. Die dänische Regierung hat dagegen versichert, sie werde sich an den Vertrag halten.
Deutsche Politiker entrüstet
Außenminister Guido Westerwelle warnte, die Kontrollen könnten "zu einem Menetekel für die Freiheit in Europa werden". Allerdings betonte er auch, dass die deutsch-dänische Freundschaft stabil sei. Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Andreas Schockenhoff sagte: "Die Dänen verstoßen gegen den Geist von Schengen." Die Entscheidung der Regierung sei kein Beitrag zur inneren Sicherheit des Landes, sondern bediene allein nationalistische Strömungen.
Die dänische Entscheidung sei "völlig inakzeptabel" und eine "Aushöhlung der Reisefreiheit", betonte der Europa-Abgeordnete Manfred Weber. Der CSU-Politiker rief die EU-Kommission auf, "entschlossen" einzuschreiten. Diesen Schritt dürften sich "die Europäer nicht gefallen lassen".
Werden die EU-Gesetze eingehalten?
Die EU-Kommission kündigte eine Überprüfung des dänischen Alleingangs an. "Wir werden die Umsetzung der vorgesehenen Maßnahmen beurteilen, um sicherzustellen, dass sie in Einklang mit den Schengen-Regeln und der entsprechenden EU-Gesetzgebung sind", sagte ein Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström am Freitag. Bereits im Mai hatte die Kommission "schwerste Bedenken" angemeldet.
Härtere Reaktionen bis hin zu einem Urlaubs-Boykott forderte der hessische Europaminister Jörg-Uwe Hahn: "Wenn Dänemark zur Urlaubszeit wieder Grenzkontrollen einführt, kann ich nur dazu raten, auf der Stelle umzudrehen und lieber in Österreich oder Polen Urlaub zu machen."
Freies Reisen im "Schengenland"
Das Abkommen von Schengen wurde 1985 im gleichnamigen luxemburgischen Grenzort geschlossen. Es beseitigte zunächst die Schlagbäume zwischen Deutschland, Frankreich und den Benelux-Ländern. Heute gehören 25 Staaten zum "Schengenland". Neben 22 der 27 EU-Länder (alle außer Großbritannien, Irland, Zypern, Bulgarien und Rumänien) sind das Norwegen, Island und die Schweiz.
An den Grenzen zwischen den Schengen-Staaten werden Reisende nur noch in Stichproben oder bei besonderen Ereignissen kontrolliert. Der Schengen-Grenzkodex reguliert die praktische Arbeit. Darin werden auch Voraussetzungen genannt, unter denen ein Staat vorübergehend wieder Kontrollen einführen darf.
Autor: Reinhard Kleber (dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot