Dürre treibt Kaffeepreise hoch
27. Mai 2014Die Auswirkungen der langanhaltenden Dürre in Brasilien erreichen nun auch die europäischen Kaffeetrinker. Der Preis für einen Sack Kaffee (60 Kilogramm) legte auf dem Weltmarkt um 66 Prozent - von umgerechnet 99 Euro auf 158 Euro - zu. In Deutschland müssen sich die Konsumenten deshalb auf höhere Preise einstellen. Als erster hat Kaffeeröster Tchibo Preissteigerungen verkündet.
Brasilien ist der größte Produzent für hochwertige Arabica-Sorten. 40 Prozent der weltweiten Arabica-Ernte werden in dem südamerikanischen Land eingefahren. Doch seit Anfang des Jahres beeinträchtigen dort extreme Trockenheit und Hitze den Anbau.
Durch die Hitzewelle wurde die Ernte für die hochwertigen Arabica-Bohnen in wichtigen Anbauregionen des Landes beeinträchtigt. Die International Coffee Organization (ICO) rechnet für die Ernte 2014/2015 mit einem Produktionsrückgang von rund zwei Millionen Säcken Kaffee.
Koffein gegen Kälte
Steigende Nachfrage, sinkende Produktion: Das Karussell der Preisschwankungen auf dem Kaffeemarkt hat volle Fahrt aufgenommen. "Im zweiten Halbjahr 2013 ist der weltweite Kaffeekonsum deutlich gestiegen, der Winter in der nördlichen Hemisphäre hat die Nachfrage zusätzlich erhöht", sagt Nahan Herzkowicz, Direktor des Verbands brasilianischer Kaffeeproduzenten (Abic). "Damals kauften die großen Händler viel ein, weil die Preise niedrig waren".
Die niedrigen Preise im vergangenen Jahr setzten eine Negativspirale in der Produktionskette in Gang. Sie führten nicht nur zu einem Rückgang der Ernte, sondern auch der Investitionen. "Aufgrund der schlechten Marktaussichten haben die Kaffeebauern weniger für Pflanzenschutzmittel, Dünger und Bewässerung ausgegeben", erklärt Paulo Henrique Cotta Pacheco, Wirtschaftsprofessor an der Universität Ibmec in Minas Gerais.
Für den Ökonom kommen die Preisschwankungen nicht überraschend. "Immer wenn die Preise sinken, verringert sich im darauffolgenden Jahr die Ernte, und die Qualität geht zurück", sagt Pacheco. "In diesem Jahr ist es genauso." Außerdem sei in Minas Gerais der Schädling "Hypothenemus Hampei" wieder aufgetaucht, ein Bohrkäfer, der die Früchte an den Kaffeegewächsen angreife und vernichte.
Nach offiziellen Angaben wird sich die Kaffeeproduktion hochwertiger Arabica-Sorten in Brasilien 2014 bei rund 32 Millionen Säcken einpendeln - ein Rückgang von 16 Prozent gegenüber 2013, als 38 Millionen Säcke geerntet wurden. Im Gegensatz dazu wird die Sorte Robusta von elf Millionen Säcken 2013 auf schätzungsweise 12,3 Millionen Säcke in diesem Jahr zulegen.
Spekulation und Stagnation
Für das Jahr 2015 rechnen Experten mit einer Stagnation. Nach Angaben des brasilianischen Kaffeerates, der 270.000 Produzenten im Land vertritt, wird die gesamte Ernte der beiden Sorten Arabica und Robusta zwischen 38 und 44 Millionen Säcken liegen.
Trotz der Preis- und Produktionsschwankungen wird Brasilien wohl keine Marktanteile verlieren (siehe Grafik)."Indonesien hat bereits Ernteausfälle angekündigt, und Vietnam leidet wie Brasilien in vielen Anbauregionen an Trockenheit", sagt Jânio Zeferino da Silva vom brasilianischen Landwirtschaftsministerium. Auch Kolumbien könne seine Produktion nicht kurzfristig erhöhen.
"Bis 2017 könnten die anderen Erzeuger aufholen, aber bis dahin hat sich Brasilien auch wieder erholt", meint Silva. "Wir raten den brasilianischen Erzeugern, ihren Anbau trotz der höheren Preise nicht auszuweiten, denn die Kaffeepflanzen brauchen drei Jahre bis zur Ernte". Man könne nicht mit den heutigen Preisen kalkulieren, auch wenn diese sich wahrscheinlich auf einem hohen Niveau hielten, meint der Kaffeeexperte.
Auch in Mittelamerika kämpfen Kaffeebauern mit Ernteausfällen. Viele Kaffeepflanzen sind dort vom Rostpilz befallen, einem Schädling, der Plantagen epidemisch überfällt und zu kompletten Ernteausfällen führen kann. Der Kaffee aus der Region ist jedoch für brasilianische Anbauer keine Konkurrenz. Er gilt als besonders hochwertig, hat aber einen sehr geringen Anteil an der globalen Produktion (siehe Grafik).
Viele Erzeuger in Brasilien nutzen die hohen Kaffeepreise nun für Extraverkäufe. Denn an Kaffee mangelt es nicht, die Lager sind bis zum Rand gefüllt. Der Grund: Als im vergangenen Jahr die Preise auf ein historisches Tief fielen, hielten viele Händler ihre Ware zurück.
"Die meisten Vorräte gehören nicht den Kaffeebauern, sondern den Händlern, die an dem Preisschub gut verdienen", weiß Ökonom Pacheco. "Diese großen Firmen, die nicht nur den brasilianischen Markt kennen, sondern global agieren, nutzen ihren Informationsvorsprung, um Gewinne zu erzielen".