COP23-Protest: "Dann gnade uns Gott"
11. November 2017Das Wetter hätte besser sein können, als sich die Karnevalisten am Samstagmittag in Bonn trafen. 2000 Personen erwartete die Polizei auf dem Marktplatz, um in die Karnevalssession zu starten. Doch um 11 Uhr 11 fiel nicht nur für sie der Startschuss. Ein paar hundert Meter weiter auf dem Kaiser- und Münsterplatz warteten rund 4000 Menschen auf diesen einen Moment. Sie demonstrierten gegen den Klimawandel und sandten so ein Zeichen an die UN-Klimaverhandlungen in den Bonner Rheinauen.
Seit einer Woche sitzen Vertreter aus 196 Ländern zusammen, um Wege aus dem Klimawandel zu suchen. Ziel der Bonner Verhandlungen ist es, ein Regelwerk zu schaffen, um die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens umzusetzen. Darin haben sich alle Länder der Welt vor zwei Jahren verpflichtet, die Erderwärmung unter zwei Grad Celsius zu halten. Mittlerweile hat US-Präsident Donald Trump angekündigt, das Abkommen nicht umsetzen zu wollen.
Kernenergie als grüne Alternative?
Rund 4000 Menschen demonstrierten in zwei Versammlungen für den Ausstieg aus Kohle, Erdöl und Atomenergie. "Die Leute hier sind besorgt, dass die Politiker versagen und es mit der Verbesserung des Klimas nicht vorwärts geht", sagte Dagmar Paternoga von Attac Germany und Sprecherin des Bündnisses No Climate Change. Sie warnte davor, Kernenergie als saubere Alternative zu Erdöl und Kohle zu sehen. Kernkraftwerke verursachten zwar keine Treibhausgase. Ihre Abfälle seien aber gefährlich für Mensch und Natur.
Henning Garbers vom Weltatomerbe Braunschweiger Land weiß, welche Gefahren Atommüll mit sich bringt. "Wir haben schon in unserer Region erfahren, dass Atomkraft ein Umweltzerstörer ist." Garbers und seine Mitstreiter wohnen nahe dem Atommülllager Asse. In den 1970er Jahren wurden dort mehr als 100.000 Atommüllfässer in ein Salzbergwerk gesteckt. Mittlerweile ist das Lager undicht. Strahlung könnte das Grundwasser verseuchen. "Wir treten dafür ein, Atomkraftwerke weltweit abzuschalten", sagte Garbers. Um auf das Problem aufmerksam zu machen, fuhr die Gruppe mit ihrem als Nuklearboot dekorierten Karnevalswagen durch Bonn.
"Deutschland macht überhaupt nichts"
Bereits am vergangenen Wochenende zogen tausende Menschen durch die Stadt. Sie forderten ein Ende des Kohleabbaus. "Wir sind der Meinung, dass in Deutschland viel zu wenig für Klimaschutz getan wird", sagte Uwe Lipke von der Umweltorganisation BUND, "Wir möchten, dass Frau Merkel den Kohleausstieg voranbringt."
Im Jahr 2016 produzierte Deutschland mehr als die Hälfte seines Stroms aus fossilen Energieträgern. Bündnissprecherin Dagmar Paternoga ärgert das. Der Eindruck, Deutschland sei ein Klimaretter, sei falsch: "Die Bundesregierung macht überhaupt nichts. Die Emissionen sind in den vergangenen Jahren sogar nochmal angestiegen."
Von der Innenstadt aus bewegte sich der Protestzug in Richtung des Geländes, auf dem die Klimaverhandlungen stattfinden. Die Demonstranten bildeten eine bunte und fröhliche Menschenmenge. Ihre Kostüme setzten ein besonderes Zeichen gegen den Klimawandel. Die Pappnasen Rot-Schwarz Köln, die sich selbst als karnevalistisch-satirische Eingreiftruppe bezeichnen, trugen gestreifte Socken, rote Perücken und Drachenköpfe. Sie hatten auch einen überdimensionalen Karl Marx aus Pappmaschee dabei. "Wir finden, dass auch der Kapitalismus zum Teil hinter dem Klimawandel steckt", erklärte Pappnase Thomas Pfaff das Requisit.
Trump, der Klimafeind
Nach rund zwei Stunden kamen die Demonstranten des No Climate Change-Protests vor dem World Conference Center an. Auf der Straße legten sie einen Schriftzug aus. Er machte deutlich, wer für sie das größte Feindbild der Umweltaktivisten ist. "USA, Trump: Climate Genocide" - "Klima-Völkermord" lautete ihre Botschaft.
2015 hatten die USA dem Klimaabkommen von Paris zugestimmt.Im Frühjahr kündigte US-Präsident Donald Trump aber an, das Abkommen nicht umsetzen zu wollen. Er bezeichnete den Vertrag als unfairen Deal. Als zweitgrößter Verursacher von Treibhausgasen sind die USA jetzt das einzige Land, das nicht zustimmt - denn während der ersten Woche der COP23 in Bonn auch Syrien angekündigt, Teil des Abkommens werden zu wollen.
Politikern Druck machen
Umso mehr müssten die anderen Länder der Welt zusammenarbeiten, heißt es auf der Klimademo in Bonn: "Wir müssen den Politikern bei der Klimakonferenz Druck machen, damit es endlich definierte Ziele und feste Vereinbarungen gibt", sagte Bündnissprecherin Dagmar Paternoga. Vor allem müssten Klimaziele endlich ernst genommen werden, meinte Uwe Lipke vom BUND: "In Paris haben wir gesehen, dass bei den Verhandlungen etwas rauskommen kann. Aber davon wird sehr wenig umgesetzt."
Selbst die Ziele des Pariser Abkommens seien noch nicht streng genug. Statt maximal zwei Grad, müsse die Erderwärmung unter 1,5 Grad gehalten werden, appellierten einige Teilnehmer der Demonstration. Sprecherin Paternoga wünscht sich: "Ich persönlich möchte, dass auch meine Enkel noch auf dieser Erde leben können." Und Uwe Lipke fügte hinzu: "Wenn sich die Erde um zwei oder sogar drei Grad erwärmt, dann gnade uns Gott."