"Das Kreuz im Namen des Staates enteignet"
30. April 2018Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) für dessen Kreuzerlass scharf kritisiert. Es sei "Spaltung, Unruhe, Gegeneinander" entstanden, sagte Marx in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung". "Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen wird, hat man es nicht verstanden", führte der Erzbischof von München und Freising weiter aus. "Dann würde das Kreuz im Namen des Staates enteignet."
Es stehe dem Staat nicht zu, zu erklären, was das Kreuz bedeute. Es sei "ein Zeichen des Widerspruchs gegen Gewalt, Ungerechtigkeit, Sünde und Tod, aber kein Zeichen gegen andere Menschen". Die gesellschaftliche Debatte über das Kreuz hält Marx für wichtig, aber es müssten alle einbezogen werden: Christen, Muslime, Juden und jene, die gar nicht gläubig sind.
"Evangelium lässt sich nicht eins zu eins in Politik umsetzen"
Der Staat müsse dafür sorgen, dass sich religiöse Überzeugungen artikulieren können. Aber er könne nicht bestimmen, was der Inhalt dieser religiösen Überzeugung ist, so der Kardinal weiter. Er könne etwas dafür tun, dass diese Werte dann gelebt würden. "Und das tut der Staat bei uns auch." Das Evangelium lasse sich nicht eins zu eins in praktische Politik umsetzen. "Aus christlicher Sicht sollte es aber ein Leitbild für die Politik sein, die Würde jedes Menschen zu achten, besonders der Schwachen. Wer ein Kreuz aufhängt, muss sich an diesen Maßstäben messen lassen."
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, erklärte, wichtig sei ihm, die Inhalte, für die das Kreuz stehe, "in die Herzen der Menschen zu bringen". Es dürfe aber nie für irgendwelche Zwecke instrumentalisiert werden.
Das bayerische Landeskabinett hatte beschlossen, dass ab Juni in jeder Behörde des Bundeslandes ein Kreuz hängen muss. Dies soll nach Ansicht der Landesregierung die "geschichtliche und kulturelle Prägung" Bayerns zum Ausdruck bringen und "sichtbares Bekenntnis zu den Grundwerten der Rechts- und Gesellschaftsordnung" sein. Der Beschluss hat deutschlandweit eine kontroverse Diskussion ausgelöst.
se/kle (dpa, afp, kna, sueddeutsche.de)