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Das Bankgeheimnis ist am Ende

Sabine Kinkartz 29. Oktober 2014

Für Steuerbetrüger wird es eng. In Berlin haben sich 51 Länder verpflichtet, Kontodaten künftig automatisch auszutauschen. Damit wird es immer schwerer, ein Versteck für Schwarzgeld zu finden.

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Berlin Steuerkonferenz 2014
Bild: Reuters/Hannibal

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kann zufrieden sein. Zwei Tage lang beherbergte sein Ministerium die 7. Jahrestagung des "Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes", eine von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ausgerichtete internationale Konferenz zum globalen steuerlichen Informationsaustausch. Rund 40 Staaten, so hieß es noch vor ein paar Tagen, wollten auf der Konferenz einen Vertrag unterschreiben, nach dem Informationen über Auslandskonten von Privatpersonen ab Herbst 2017 automatisch an die Finanzämter der Heimatländer gemeldet werden.

Am Ende entschieden sich mit 51 Ländern weitaus mehr als erwartet für das von der OECD ausgearbeitete Regelwerk. Dabei sind wichtige Finanzzentren wie Liechtenstein und Singapur, Bermuda und die Cayman-Inseln, aber auch die britischen Kanalinseln Guernsey und Jersey. Weitere Länder wollen später folgen, 34 von ihnen bereits 2018. Die Zahl der Befürworter liegt inzwischen bei fast 100 Staaten. Die Unterzeichner müssen das Regelwerk allerdings zunächst in nationales Recht umsetzen, der Starttermin 2017 erscheint Kritikern daher recht ambitioniert.

Eine Ära geht zu Ende

OECD-Generalsekretär Angel Gurría betonte: "Wir haben schnell Ergebnisse erzielt." Er begrüßte, dass sich noch wenige Minuten vor Unterzeichnung des Abkommens weitere Staaten zu den Standards bekannt hätten. Es müsse jetzt aber sichergestellt werden, dass die Regeln auch umgesetzt würden. Bundesfinanzminister Schäuble sprach von einem Meilenstein. Das Bankgeheimnis in seiner alten Form habe damit ausgedient, denn das Risiko, bei Steuerhinterziehung entdeckt zu werden, werde jetzt sehr groß.

Deutschland Abkommen über automatisierten Steuerdatenaustausch unterzeichnet
Die Gruppe der Unterzeichnerstaaten im BundesfinanzministeriumBild: picture-alliance/dpa/W.Kumm

Damit geht so etwas wie eine Ära zu Ende. Jahrzehntelang war es für Steuerbetrüger nicht besonders schwierig, ihr Geld durch Verschiebung ins Ausland vor den Finanzämtern ihrer Heimatländer zu verstecken. Durch den automatischen Informationsaustausch wird es für Steuerbehörden aber viel einfacher werden, Geldströme ins Ausland zu kontrollieren und so die Steuerflucht weiter einzudämmen.

Die Schweiz braucht noch Zeit

Das Abkommen verpflichtet die teilnehmenden Staaten, jährlich Informationen über Konten und Kontoerträge von Personen untereinander austauschen, die sie sich jeweils von den bei ihnen ansässigen Banken, Versicherungen oder Finanzmaklern beschaffen. Dazu gehören Informationen über Zinsen, Dividenden, Guthaben auf Konten oder Erlöse aus dem Verkauf von Finanzvermögen. Allerdings werden die Daten nur für neue Konten erhoben, die ab 2016 eröffnet werden. Altfälle bleiben damit unberücksichtigt.

Die USA, die mit ihrem Steuergesetz "Facta" das Grundgerüst für das neue Konzept ausgearbeitet haben, sowie China haben das Abkommen noch nicht unterzeichnet. Auch die Schweiz will sich noch etwas mehr Zeit lassen, hat sich aber ebenfalls bereits zum OECD-Standard bekannt. Finanzminister Schäuble gibt sich optimistisch: "Wir haben eine gute Zusammenarbeit mit der Schweiz." Das Land sei in Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Steuerfragen in den letzten Jahren viel schneller vorangekommen, "als sich viele Kritiker der Schweiz jemals hätten vorstellen können". Er sei sich ganz sicher, so Schäuble, "dass die Schweiz diesen Weg konsequent weiter gehen wird."

Auch Konzernen geht es an den Kragen

Doch nicht nur Privatpersonen sollen es in Zukunft schwerer haben, ihre Steuern nicht ordentlich abzuführen. Auch weltweit agierende Konzerne, die mit Steuersparmodellen alle Möglichkeiten des Steuerrechts ausschöpfen, müssen in Zukunft mit Gegenwind rechnen. Als erstes soll der Niedrigbesteuerung von Lizenz- und Patenteinnahmen ein Ende gesetzt werden. "Ich gehe davon aus, dass wir bei den Patentboxen eine Lösung finden", sagte Schäuble in Berlin.

In Europa bieten rund zehn Länder Unternehmen sogenannte Patent- oder Lizenzboxen an, das heißt, dass Einnahmen aus Lizenzen und Patenten, auch wenn sie im Ausland anfallen, günstiger als die übrigen Unternehmensgewinne besteuert werden. Firmen können auf diese Weise Einkünfte steuersparend von einem Land in ein anderes überweisen.

In der Diskussion ist, Lizenz- und Patenteinnahmen von Firmen nur dann steuerlich zu begünstigen, wenn sie mit Forschung und Entwicklung im jeweiligen Land in Zusammenhang stehen. Finanzminister Schäuble geht davon aus, dass bereits auf dem nächsten G20-Gipfel in Brisbane im November eine entsprechende Einigung erzielt werden könnte. Der britische Finanzminister George Osborne, in dessen Land Patentboxen angeboten werden, merkte dazu an: "Ich stimme mit dem überein, was Wolfgang Schäuble gesagt hat."