Die WHO und die "Killerkeime"
27. Februar 2017Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Liste von zwölf "Killerkeimen" veröffentlicht, gegen die herkömmliche Medikamente keinen ausreichenden Schutz mehr bieten können. Die Liste der für die Menschheit gefährlichsten Bakterienfamilien soll als Richtschnur für die weitere Forschung und für die Entwicklung neuer Antibiotika dienen.
Wenn es nur den Marktgesetzmäßigkeiten überlassen bliebe, würden die neuen Antibiotika "nicht rechtzeitig" entwickelt, sagte WHO- Vizedirektorin Marie-Paule Kieny. "Wir wollen jetzt keine Panik über neue Supererreger verbreiten. Es geht darum, die Forschungsanstrengungen zu fokussieren." Anreize könnten etwa Prämien für Pharmafirmen sein, wenn ihr Medikament auf den Markt kommt.
"Wir brauchen wirksame Antibiotika"
Das Bundesgesundheitsministerium in Berlin begrüßte "die erste globale Liste resistenter bakterieller Erreger". Diese stellten "derzeit die größte Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar". Minister Hermann Gröhe erklärte: "Wir brauchen heute und in Zukunft wirksame Antibiotika, um übertragbare Krankheiten gut behandeln zu können."
Im Januar war in den USA eine Patientin an einer Infektion gestorben, nachdem alle 26 zugelassenen Antibiotika keine Wirkung gezeigt hatten. Ein besonders gravierendes Problem sind die so genannten nosokomialen oder auch behandlungs-assoziierten Infektionen. Es handelt sich um Infektionen, die Patienten sich im Rahmen einer medizinischen Behandlung zuziehen können. Jedes Jahr sind in Deutschland schätzungsweise 400.000 bis 600.000 Menschen von einer nosokomialen Infektion betroffen, und schätzungsweise 10.000 bis 15.000 Patienten sterben daran.
Je schwächer das Immunsystem, umso größer die Gefahr
Betroffen seien Millionen Patienten in aller Welt, sagte Infektiologin Evelina Tacconelli von der Universität Tübingen. 60 Prozent der Patienten mit schweren Infektionen, die sich nicht mit Antibiotika behandeln lassen, müssten sterben. Neben Transplantations- und Chemotherapiepatienten sowie Kranken, die Katheter haben oder beatmet werden müssen, seien Bewohner von Pflegeheimen besonders betroffen, sagte Tacconelli. Das Problem in diesen Einrichtungen sei unter anderem "der unkontrollierte Einsatz von Antibiotika". Nicht immer sei ein Arzt vor Ort, und Bewohner bekämen teils Antibiotika, wenn es nicht nötig sei. Das führe dazu, dass umso mehr Erreger resistent werden. Ältere Menschen hätten oft ein geschwächtes Immunsystem und seien infektionsanfällig.
rb/jj (afp, ap, dpa)