Demjanjuk tot
17. März 2012John Demjanjuk war 1920 in der Ukraine unter dem Namen Iwan Demjanjuk geboren worden. Ab 1940 diente er in der Roten Armee und geriet 1942 in deutsche Kriegsgefangenschaft. Dort meldete er sich als Freiwilliger zu den Hilfstruppen der SS, die auch das Personal zur Bewachung der deutschen Konzentrationslager stellte. Demjanjuk wurde von der SS unter anderem in den Lagern Majdanek, Sobibor und Flossenbürg eingesetzt.
Bei Kriegsende gelang es ihm, als Kriegsgefangener unterzutauchen und bei den amerikanischen Besatzungstruppen in Bayern Arbeit zu finden. 1958 wanderte er in die USA aus, änderte seinen Vornamen von Iwan in John und erhielt die US-Staatsbürgerschaft. Erst in den siebziger Jahren wurde nach und nach bekannt, was Demjanjuk in den Jahren von 1942 bis 1945 getan hatte. In der Folge wurde ihm die amerikanische Staatsbürgerschaft wieder entzogen.
Schließlich war Demjanjuk am 12. Mai des vergangenen Jahres vom Landgericht München zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das Gericht hatte es als erwiesen angesehen, dass Demjanjuk als Wächter des Konzentrationslagers Sobibor im heutigen Osten Polens an der Ermordung von mehr als 28.000 Menschen beteiligt gewesen war. Wegen des schlechten Gesundheitszustands des Verurteilten hatte das Gericht den Haftbefehl aufgehoben: Demanjuk musste nicht ins Gefängnis sondern wurde in ein Pflegeheim überstellt.
Der letzte große Kriegsverbrecherprozess
Bereits während des Prozesses, der am 30. November 2009 in München begonnen hatte, war John Demjanjuk krank und nur eingeschränkt verhandlungsfähig gewesen. Er wurde jeweils auf einem Bett in den Gerichtssaal geschoben und nahm am Prozess nicht aktiv teil. Die tägliche Verhandlungsdauer hatte auf zweimal 90 Minuten beschränkt werden müssen, weil Demjanjuk nicht mehr zugemutet werden durfte.
Viele Prozessbeobachter zeigten sich jedoch verärgert, weil der Angeklagte in den Verhandlungspausen sehr wohl rege war und sich unterhalten konnte, der Verhandlung selbst aber nicht folgen zu können behauptete. Zum Prozess war eine außergewöhnlich große Zahl von ausländischen Beobachtern angereist, denn der Prozess gegen John Demjanjuk, der 1920 unter dem Namen Iwan in der Ukraine geboren worden war, galt als einer der letzten großen Kriegsverbrecherprozesse überhaupt.
Zum Tode verurteilt – aber für die Taten eines Anderen
Demjanjuk hatte sich schon einmal für Verbrechen, die er in Konzentrationslagern begangen haben sollte, verantworten müssen, war aber letztlich frei gekommen: 1987 war er von einem israelischen Gericht zum Tode verurteilt worden, das Urteil musste aber wieder aufgehoben werden. In Jerusalem waren die Verbrechen eines als "Iwan der Schreckliche" bekannten KZ-Wächters im Konzentrationslagers Treblinka verhandelt worden – in der Überzeugung, dieser "Iwan" und Iwan "John" Demjanjuk seien ein und dieselbe Person. Es stellte sich jedoch heraus, dass "Iwan der Schreckliche" mit Nachnamen gar nicht "Demjanjuk" geheißen hatte – das Urteil wurde kassiert, Demjanjuk kam wieder frei.
Das Münchner Gericht hat in seinem Demjanjuk-Prozess über Verbrechen geurteilt, die der Angeklagte im Vernichtungslager Sobibor begangen hatte - der Dienst in diesem Lager konnte ihm nachgewiesen werden. Das Gericht konnte dem Angeklagten keine einzelnen Taten konkret nachweisen, wie das für einen Schuldspruch eigentlich üblich ist, nahm aber einen anderen Standpunkt ein: Das Vernichtungslager Sobibor sei einzig zu dem Zweck errichtet worden, Menschen zu töten. Dieser Logik nach sei jeder, der dort gearbeitet hatte, der Beihilfe zum Mord schuldig. Nach Auffassung des Gerichts ist Iwan "John" Demjajnuk in Sobibor "ein Teil der Vernichtungsmaschine" gewesen.
Am Morgen des 17. März wurde in einem Pflegeheim der Stadt Feilnbach bei Rosenheim in Bayern die Leiche des 91-jährigen John Demjanjuk gefunden. Die Todesursache ist noch unklar. Die zuständige Staatsanwaltschaft in Traunstein teilte mit, sie werde ein in solchen Fällen übliches Todesermittlungsverfahren einleiten.