Charles III. erbt Hunderte Millionen
17. September 2022"Wir wissen nicht, wie wir unsere Wohnungen heizen sollen und zahlen 100 Millionen Pfund für Ihre Parade. Was sagen Sie?", rief ein Schaulustiger dem neuen König zu, als der am Freitag die walisische Stadt Cardiff besuchte. Charles III. antwortete nicht, sondern wandte sich sofort anderen Untertanen zu, die ihm freundlich die Hände entgegenstreckten. Über Geld sprechen die Windsors öffentlich nicht. Über das Vermögen und die Einkünfte gibt es hauptsächlich Schätzungen und indirekte Berechnungen.
Klar ist, dass Charles kräftig geerbt hat. Seine Mutter Elizabeth II. soll ihm ein persönliches Vermögen von 350 Millionen Pfund hinterlassen haben, schätzt der Fernsehsender Sky. Das US-amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes sieht das persönliche Vermögen eher bei 450 Millionen. Dazu gehören die Schlösser Sandringham und Balmoral, ein Gestüt, eine Schmucksammlung, Juwelen, Kunstschätze.
Immobilien und Ländereien der Krone
Das Vermögen, dass die Krone im Laufe von etwa 1000 Jahren zusammengetragen hat, wird auf bis zu 28 Milliarden Pfund taxiert, darin eingeschlossen sind der Buckingham Palast, der Kensington Palast sowie ausgedehnter Immobilienbesitz in den besten Lagen Londons. Zum Vermögen gehören auch Einkaufszentren oder die 12-Meilen-Zone rund um die britische Küste, die die Krone verpachten kann.
Dieses Geld kann der Souverän nicht allein ausgeben. Der größte Teil des Vermögens ist in einer Stiftung, dem "Crown Estate", angelegt und wird von staatlichen Stellen und einem Aufsichtsrat kontrolliert. Die Gewinne aus dem "Crown Estate" gehen zu 75 Prozent an den Staat. Die restlichen 25 Prozent bekommt der König als "Souvereign Grant", eine Art Unterhalt. Der betrug im letzten Jahr rund 80 Millionen Pfund. Dieses Geld wird dazu verwendet, Gehälter der 400 Bediensteten des königlichen Haushalts zu zahlen, die Schlösser zu unterhalten, Reisekosten, Strom, Wasser und Telekommunikation zu finanzieren.
Die Familie verdient mit
Die Einnahmen der "Firma", diesen Namen hat der Mann der Queen, Prinz Philip, der Familie verpasst, sprudeln aus verschiedenen Quellen. Neben dem "Souvereign Grant" bekommen die Windsors eine "Apanage" für die Verwandten des Königs. Viele Royals übernahmen in der Vergangenheit öffentliche Auftritte, schnitten rote Bänder durch, enthüllten Gedenksteine, übernahmen Patenschaften und besuchten Krankenhäuser, Feuerwehren oder ehemalige Kolonien. Sie verpflichten sich ihr Familienleben öffentlich zu zelebrieren. Dafür werden sie entsprechend entlohnt. König Charles III. hat angekündigt, den Kreis der aktiven Royals zu verkleinern und so vielleicht die Ausgaben etwas zu begrenzen.
Dem König stehen außerdem 22 Millionen Pfund jährliches persönliches Einkommen zu, die von einer Stiftung des Herzogtums Lancaster durch Verpachtung von Äckern und Wäldern erwirtschaftet werden. Mutter Elizabeth hatte dieses Geld unter der Verwandtschaft aufgeteilt. Ob Charles es auch so halten wird, wird man sehen. Prinz William, dem Thronfolger, fallen künftig persönliche Einnahmen von 24 Millionen Pfund zu. Diese werden wiederum von einer lukrativen Stiftung des Herzogtums Cornwall erwirtschaftet.
Steuerzahlung ist freiwillig
Auf ihre persönlichen Einkünfte müssen weder der König noch sein Sohn William Steuern zahlen. Die Einkommenssteuer können sie entrichten, müssen es aber nicht. Für Charles fallen übrigens auch nicht die in Großbritannien üblichen Erbschaftssteuern an. Erbschaften von Souverän an Souverän sind ausgenommen. Die Queen soll ein Testament gemacht haben. Was dort festgehalten ist, wird man erst in 90 Jahren erfahren. So lange wird der letzte Wille der Monarchin geheim bleiben. Die Millionen, die Charles bisher eingestrichen hat, hat er aber nicht sinnlos verjubelt, sondern für wohltätige Zwecke und für die Gehälter seiner 132 persönlichen Diener und Angestellten ausgegeben, glaubt man dem Wirtschaftsmagazin Forbes.
Marketingspezialisten in Großbritannien schätzen, dass die "Firma" mit ihrer royalen Marke nicht unerhebliche Einnahmen für die britische Wirtschaft generiert. Die Tourismusbranche und die Medien profitieren vom Familienleben der Windsors mit Geburtstagsfeiern, Hochzeiten, Dramen, Skandalen, Thronjubiläen und eben auch Beerdigungen. Außerdem erhält Großbritannien kostenlose Werbezeit vor einem Milliarden-Publikum weltweit. Britische Unternehmen profitieren vom verliehenen Titel "Königlicher Hoflieferant", dem Royal Warrant.
Dagegen rechnen könnte man die staatlichen Leistungen, die für Sicherheit, Verkehrslenkung und Logistik während royaler Auftritte entstehen. Die unendlich vielen Arbeitsstunden, die bei der Armee, der Palastgarde, der Polizei und anderen Diensten zum Beispiel während der zehn Tage dauernden Trauerphase anfallen, lassen sich kaum kalkulieren und werden den Windsors auf keinen Fall in Rechnung gestellt.
Königliche Geschäftsführer
Elizabeth II. war in der Erinnerung ihres Privatsekretärs Lord Robin Janvrin (1999 bis 2007) eine zurückhaltende Managerin der Familien-Firma. Sie hat keine radikalen Veränderungen vollzogen und sich beraten lassen. "Ihr Ansatz war unnachgiebiger gesunder Menschenverstand", so Janvrin in seinen Memoiren. Nur einmal, im Jahr 1986, hatte die Königin einer grundlegenden Finanzreform in der Firma zugestimmt um Kosten zu drücken. Überliefert ist ihr Ausspruch: "Warum habe ich eigentlich so viele livrierte Diener?"
Eine Unternehmensberatung setzte einen 1200 Seiten dicken Bericht zur Reform der Finanzen in die Tat um. Prinz Charles wurde von seinen Beratern in Finanzfragen der "Boss" genannt, der gerne einsame, manchmal exaltierte Entscheidungen traf. Das müsse sich auf dem Thron jetzt wohl ändern. "Ich weiß, dass ich als Souverän nicht mehr alles machen kann", soll Charles schon vor Jahren gesagt haben.
Es gibt reichere Adelige in Europa
Im internationalen Vergleich schneidet der König von Großbritannien und Nordirland nach Angaben des Internetdienstes Royal24 nur mittelmäßig ab. Nimmt man nur das private Vermögen als Maßstab, dann ist der Großherzog von Luxemburg, Henri, mit 3,3 Milliarden Euro Spitzenreiter bei den europäischen Adeligen. Dann kommt der Fürst des Zwergstaates Liechtenstein, Hans-Adam, mit 2,8 Milliarden Euro. Platz drei nimmt der Fürst von Monaco, Albert II., mit 800 Millionen ein. Erst auf Platz vier landet Charles III. Den "ärmsten" König findet man übrigens in Belgien. Phillipe soll nur rund 11 Millionen Euro besitzen. Die genauen Zahlen werden aber, wie bei Royals üblich, geheim gehalten.
Weltweit betrachtet sind die Europäer aber arme Kirchenmäuse. Der König von Thailand, der Sultan von Brunei oder der König von Saudi-Arabien rangieren alle im zweistelligen Milliarden-Bereich.