Immer mehr Tropenwälder zerstört
28. Juni 2018Knapp ein Drittel der Erde ist mit Wäldern bedeckt. Sie bieten Lebensräume für etwa 80 Prozent aller landbewohnenden Tiere und Pflanzen. Wälder versorgen uns Menschen mit Nahrung, Rohstoffen und sauberer Luft. Wenn Wälder verschwinden, verschwinden mit ihnen ganze Ökosysteme.
Trotzdem werden jedes Jahr mehr Bäume gerodet als neue wachsen, warnen Experten. Im Jahr 2017 gingen 29,4 Millionen Hektar an Baumbedeckung verloren – das entspricht fast 80 Prozent der Fläche Deutschlands. 2016 verschwanden 29,7 Millionen Hektar Wald, so viel wie noch nie zuvor innerhalb eines Jahres seit Global Forest Watch die Wälder per Satellitenbilder überwacht.
"Die Zahlen sehen nicht gut aus", sagt Frances Seymour, Waldexpertin bei der US-Denkfabrik World Resource Insitute (WRI), das Global Forest Watch zusammen mit der University of Maryland betreibt. Wälder werden vor allem für den Anbau von Soja und Palmöl sowie für Weideland für Rinder gerodet. "Ein Großteil der Abholzung ist illegal und hängt mit Korruption zusammen", fügt Seymour hinzu.
Naturkatastrophen wie Waldbrände und Tropenstürme, die durch den Klimawandel angeheizt werden, tragen ebenfalls zum Waldverlust bei, so die Analyse von Global Forest Watch. Die Rekordzahlen von 2016 waren unter anderem das Ergebnis von Bränden, die sowohl von Menschen gelegt als auch durch das Wetterphänomen El Niño verursacht wurden.
Wälder helfen im Kamf gegen den Klimawandel
Wälder spielen eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Erderwärmung. Denn Bäume nehmen CO2 auf und speichern es. Entwaldung zerstört diese natürlichen CO2-Speicher. Wenn die Wälder durch Brände gerodet werden, hat das einen doppelt negativen Einfluss auf die Umwelt. Nicht nur die Speicher werden vernichtet, es wird auch noch zusätzlich CO2 in die Luft geschleudert. Waldbrände in Indonesien haben beispielsweise so viel CO2 freigesetzt, dass der Inselstaat innerhalb von sechs Wochen zum viertgrößten Luftverschmutzer der Welt wurde.
Die internationale Gemeinschaft müsse aus diesem Grund mehr auf Wälder achten, fordert Andreas Dahl-Jorgensen, stellvertretender Direktor von Norwegens Internationaler Klima- und Waldinitiative. "Ohne eine drastische Reduzierung von Waldrodungen werden wir die Klimaziele, auf die wir uns in Paris geeinigt haben, nicht erreichen", sagt er.
Diese Woche treffen sich Vertreter verschiedener Regierungen, Umweltorganisationen und der Industrie in Oslo auf einem Tropenwaldforum. Sie wollen besprechen, wie man den Schutz von Wäldern erhöhen kann. Ein Diskussionspunkt ist das vor zehn Jahre gegründete REDD-Programm der Vereinten Nationen. Durch REDD sollen Entwicklungsländer Kompensationszahlungen erhalten, wenn sie Wälder als Kohlenstoffspeicher erhalten und wieder aufforsten.
Kritiker bemängeln, dass die Anreize dafür nicht hoch genug seien. Momentan stellt die Weltgemeinschaft etwa 1 Milliarde US-Dollar (865 Millionen Euro) pro Jahr für den Erhalt von Wäldern bereit, erklärt Seymour vom WRI. Das sei "trivial" wenn man bedenke, dass auf dem freien Markt und durch staatliche Subventionen etwa "hundert mal so viel Geld" für Aktivitäten, die den Wald bedrohen, zur Verfügung stehen. Seymour und ihre Kollegen hoffen nun, dass Regierungen auf dem Osloer Tropenwaldforum ihren Beitrag zum Waldschutz erhöhen und Unternehmen sich verpflichten, keine Produkte mehr zu kaufen, die auf kürzlich gerodetem Land angebaut wurden.
Vor allem Tropenwälder verschwinden
Laut Global Forest Watch sind vor allem Regenwälder von Rodungen betroffen. Letztes Jahr verschwanden 40 Fußballfelder Tropenwald - pro Minute. In der Demokratischen Republik Kongo, wo sich ein Großteil des weltweit zweitgrößten Regenwalds befindet, wurde so viel wie noch nie in der Region gerodet. Etwa 1,47 Millionen Hektar Baumbedeckung mussten für Landwirtschaft, Holzkohleproduktion und für Minen weichen.
In Brasilien wurden 4,5 Millionen Hektar Wald zerstört. Das waren 16 Prozent weniger als 2016, aber immer noch mehr als die Jahre davor. Ein Drittel des Verlusts wurde im Amazonas, dem größten Regenwald der Welt, registriert. Der Amazonas hat auch in Kolumbien eingebüßt, wenn auch etwas weniger. Dort wurden mehr als 0,4 Millionen Hektar Regenwald gerodet, ein Anstieg von 46 Prozent verglichen mit dem Vorjahr und mehr als doppelt so viel wie der durchschnittliche Verlust zwischen 2001 und 2015.
Das Friedensabkommen mit den FARC-Rebellen in Kolumbien könnte eine Erklärung für den Anstieg sein, glaubt Mikaela Weisse, die für Global Forest Watch die Zahlen analysiert. "Die Demobilisierung der FARC hat ein Machtvakuum hinterlassen, was zu wuchernden Landspekulationen geführt hat. Außerdem roden nun andere bewaffnete Gruppen, um Platz für Weideland und Koka-Pflanzen zu schaffen", sagt Weisse.
Gute Nachrichten aus Indonesien
Trotz des negativen Trends in den meisten Tropenwäldern der Welt gibt es positive Nachrichten aus Indonesien. Das südostasiatische Land hat es 2017 geschafft, seinen Urwaldverlust um 60 Prozent gegenüber 2016 zu verringern. Damals hatten Waldbrände so viel Baumbedeckung wie nie zuvor zerstört. Dass 2017 viel weniger Wald verloren ging, liegt vor allem daran, dass es kein el Niño-Jahr war. Erhöhte Anstrengungen der indonesischen Regierung hätten ebenfalls zum Erfolg beigetragen, sagt Putera Parthama, Vertreter des indonesischen Umwelt- und Forstwirtschaftsministeriums.
Im Jahr 2016 verabschiedete die Regierung ein Gesetz, das Moorwälder vor Zerstörung schützen soll und erneuerte 2017 ein Waldmoratorium für weitere zwei Jahre. Außerdem verfolge das Land nun stärker die Einhaltung der Gesetze und ahnde strafrechtlich illegale Rodungen. "Indonesien ist nun das einzige Land, wo die Zahl der Rodungen abnimmt", sagt Parthama. "Ein Jahr ist zwar kein Trend, aber wir sind entschlossen, einen Trend zu starten."