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Das palästinensische Parlament und die Exekutive

Naser Shrouf17. Februar 2006

Das neugewählte Palästinenser-Parlament hält am Samstag (18.2.) seine konstituierende Sitzung ab. Die meisten Abgeordneten stellt erstmals die radikalislamische Organisation Hamas.

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Der designierte Premierminister Ismail HaniyehBild: AP

Das Parlament, der "Palestinian Legislative Council“ (PLC), repräsentiert nur die innerhalb der Autonomiegebiete lebenden Palästinenser. Das halten die Osloer Verträge fest, die 1993 von der Palästinensischen Befreiungs-Organisation (PLO) und Israel unterzeichnet wurden. Als Autonomiegebiete bezeichnet man das Westjordanland, den Gazastreifen und den östlichen Teil Jerusalems. Nach letzten Zählungen aus dem Jahr 2003 leben in diesen Gebieten etwa 3,5 Millionen Palästinenser. Fast die Hälfte lebt im Gazastreifen, der lediglich 5,5 Prozent der 6000 Quadratkilometer großen palästinensischen Gebiete ausmacht.

Khaled Mashaal, Chef der Hamas, Palästina Wahlen
Hamas-Chef Khaled MashaalBild: AP

Die vier Millionen im Ausland lebenden Palästinenser werden nicht durch die Palästinensische Autonomie-Behörde (Palestinian National Authority, PNA) und somit auch nicht durch den Palästinensischen Legislativrat vertreten. Für sie sind die Dachorganisation PLO und deren Institutionen zuständig, wie etwa das Exekutivkomitee und der palästinensische Nationalrat "Palestinian National Council“, PNC - das Gesamtparlament der Palästinenser im In- und Ausland. Die Mitglieder des Legislativrates sind zugleich Mitglieder des Palästinensischen Nationalrates. Seit der Unterzeichnung des Oslo-Abkommens hat der Nationalrat nicht mehr getagt; seine Rolle wurde weitgehend vom Legislativrat übernommen.

Demokratische Machtverschiebung

Die Legislativratswahlen fanden 1996 zum ersten Mal statt. Dabei errangen die Fatah und ihr nahe stehende, unabhängige Kandidaten die Mehrheit der 88 Sitze. Gruppierungen wie die Hamas, die linksorientierte Volksfront zur Befreiung Palästinas und der Islamische Dschihad hatten die Wahlen boykottiert, da sie die Osloer Verträge ablehnen. Obwohl die Legislaturperiode des PLC 1999 bereits nach drei Jahren endete, wurden keine neuen Wahlen abgehalten. Erst am 25. Januar 2006 wurden Neuwahlen durchgeführt. Die radikalislamische Hamas konnte sich dabei mit 74 der 132 Sitze als stärkste Fraktion etablieren - eine klare Machtverschiebung auf der Legislativebene in der palästinensischen Gesellschaft.

Wahlen in Palästina Machmud Abbas
Palästinenser-Präsident Mahmoud AbbasBild: AP

Das politische System in den palästinensischen Gebieten war anfangs absolut präsidial: Der Präsident war gleichzeitig Regierungschef. Am 18. März 2003 unterzeichnete der damalige Präsident Jassir Arafat ein Gesetz, durch welches das neue Amt eines Ministerpräsidenten geschaffen und die Machtverteilung innerhalb der Exekutive neu geregelt wurde. Die Palästinensische Autonomie-Behörde (PNA) folgte damit sowohl wachsendem innenpolitischen Reformdruck als auch dem Druck der Europäischen Union, der Vereinten Nationen und der USA. Mit Mahmoud Abbas als Präsident stellt die Fatah weiterhin die stärkste Figur im palästinensischen Machgefüge, aber den Ministerpräsident stellt die stärkste Fraktion im Legislativrat und dieser wird höchstwahrscheinlich aus den Reihen der Hamas kommen.

Schatten Arafats

Dem Legislativrat wurde zwar eine Reihe wichtiger Befugnisse zur Kontrolle der Exekutive zugestanden: Er verabschiedet Gesetze, ist für die Annahme des Haushaltes verantwortlich, und wählt die Regierung. Doch die palästinensische Verfassung weist auch dem Präsidenten der Autonomiebehörde eine starke Rolle im politischen System zu. Er kann den Ministerpräsidenten ernennen bzw. entlassen, die im Legislativrat verabschiedeten Gesetze bedürfen seiner Zustimmung, er kann Dekrete mit Gesetzkraft erlassen, die allerdings der Zustimmung durch den PLC bedürfen, und er hat die Hoheit über die wichtigsten Sicherheitsorgane. Als Präsident der Autonomiebehörde ist er gleichzeitig Chef der PLO und damit berechtigt, Botschafter zu ernennen und die Richtlinien der Außenpolitik der Autonomiebehörde zu bestimmen.

Jassir Arafat
Jassir ArafatBild: AP

Der Legislativrat hat sich in den letzten zehn Jahren nicht wirklich aus dem Schatten des mächtigen, im November 2004 verstorbenen Präsidenten Arafat befreien können. Zwar gelang es dem Rat, einige Korruptions-Affären aufzudecken und einige korrupte Minister zu Fall zu bringen, doch er blieb weit hinter seinem Anspruch und seiner Rolle als effektive Überwachungsfunktion der Regierung zurück. Dies lag vor allem daran, dass die Aufgaben von Präsident und Ministerpräsident lange von einer Person erledigt wurden, und es lag an der absoluten Mehrheit der Präsidentenpartei Al-Fatah im Legislativrat. Durch die Wahlen hat sich dieser Zustand zugunsten der Hamas geändert, was zu einer Stärkung der Überwachungsrolle des Rates führen wird. Sein größter Verdienst bleibt der friedliche und reibungslose Machtwechsel nach dem Tod von Jassir Arafat.