"Das System Pep hat den Club mit Stolz erfüllt", sagte Barça-Präsident Sandro Rosell zum Abschied des Erfolgstrainers im April vergangenen Jahres. Es ist eine Verneigung des großen FC Barcelona vor einem außergewöhnlichen Coach. Bei seiner Abschieds-Pressekonferenz wollen viele Spieler dabei sein: Iniesta, Xavi oder Puyol sitzen in der ersten Reihe. Superstar Messi lässt ausrichten, dass er zu aufgewühlt sei, um persönlich zu erscheinen. Das zeigt, das "System Pep" ist ein System gegenseitigen Vertrauens: Guardiola hat einen engen Draht zu seinem Star-Ensemble aufgebaut. Wer nicht in diesen Kreis passte wurde aussortiert, wie Schwedens Superstar Zlatan Ibrahimovic oder Kameruns Samuel Eto'o.
Von einem "System Pep" ist Mitte der 1980er Jahre noch nichts zu spüren. Als Fußballtalent kommt Guardiola als Dreizehnjähriger zum FC Barcelona, ins vereinseigene Internat "La Masia". Dort durchläuft er die Jugendmannschaften und übernimmt die Position im defensiven Mittelfeld. Unter Chefcoach Johann Cruyff rückt er 1990 zu den Profis auf und wird fester Bestandteil des Teams. Pokalerfolge und Meistertitel folgen. Sein größter Triumph als Spieler: 1992 gewinnt er mit Barça den Europapokal der Landesmeister.
Guardiola zeichnet sich durch seine elegante Ballbehandlung und sein enorm gutes Spielverständnis aus. Schon damals "lenkt" er seine Mannschaft auf dem Platz. 47 Mal trägt er zudem das Trikot der spanischen Nationalelf. Elf Jahre kickt er in Barcelona, 2001 muss er den Verein verlassen. Im Herbst seiner Spielerkarriere wechselt er zunächst nach Italien, später spielt er noch in Katar und Mexiko.
Mit Fußball-Fachverstand perfektioniert er Barças Starensemble
Sein analytisches Potential im Fußball fällt schon früh auf: "Guardiola kann ein Spiel lesen", sagt Trainer Luis van Gaal über seinen ehemaligen Spieler. Dieses Verständnis kommt erst richtig zur Geltung als Guardiola selbst die Trainerlaufbahn einschlägt. 2007 kehrt er als Jugendcoach zum FC Barcelona zurück.
Zwölf Monate Arbeit mit der B-Elf - mehr Trainererfahrung hat er nicht, als er 2008 überraschend zum Nachfolger von Frank Rijkaard wird. Bei den Fans und auch innerhalb des Vereins gibt es kritische Stimmen. Doch der 38-Jährige kennt sich im Club bestens aus. Trotz anfänglicher Misserfolge etabliert er mit seiner ruhigen und besonnenen Art seinen Stil bei Barça.
Er prägt das "System Pep". Mit seiner Mannschaft setzt er auf perfektes Kurzpassspiel und damit auf überlegenen Ballbesitz. Er schafft in seinem Starensemble eine taktische Harmonie zwischen Angriff und Abwehr und stellt eine straffe Ordnung her, die dem Genie Messi trotzdem genug Freiräume lässt. Im ersten Jahr als Chefcoach gewinnt er mit Barcelona alle sechs Titel die möglich waren, darunter die Champions League, die spanische Meisterschaft und den Weltpokal. Natürlich profitiert Guardiola dabei von der einzigartigen Spielergeneration um Messi, Iniesta und Co., die ihm bei den Katalanen zur Verfügung steht, dennoch gilt er als "Vollender" von Barcelonas stolzer Spielphilosophie.
Aus dem Fußball-Olymp zum Sabbatical in New York
Drei Jahre und acht Titel später ist Guardiola ausgebrannt. Schon äußerlich ist ihm die Belastung anzusehen, er wirkt müde, hat an Gewicht verloren, sein Bart ist ergraut. Obwohl der Verein sich bemüht, den Erfolgstrainer mit allen Mitteln zu halten, zieht er die Konsequenz. Nach dem bitteren Champions-League-Aus gegen den FC Chelsea verkündet er seinen Abschied: "Die Zeit nutzt alles ab. Für mich ist es wichtig, wieder aufzutanken."
Dafür zieht er sich in den privaten Teil des "Systems Pep" zurück: seine Familie. Mit seiner Partnerin Cristina Serra ist er schon zusammen seit er 18 Jahre alt ist. Drei Kinder sind dieser Beziehung entsprungen: Marius, Maria und Valentina. Sie sind wohl die größten Gewinner seiner beruflichen Auszeit. Nach den kräftezehrenden Jahren zieht Guardiola mit seiner Familie nach New York. Er sucht den Abstand und die Anonymität, um bewusst Zeit mit seiner Partnerin und den Kindern zu verbringen. Außerdem geht er seinen Interessen außerhalb des Fußballplatzes nach: Literatur, Kunst und Musik. Nun hat er sich entschlossen ab dem Sommer ein neues Kapitel in seiner Trainerkarriere aufzuschlagen. In München, beim sogenannten FC Hollywood. Dort wird er am Freitag, den 18. Januar 2013 vorgestellt. Es ist sein 42. Geburtstag.