"Das Theater gehört zur Welt"
22. Mai 2004DW-World: Mit welchen Gefühlen begehen Sie die dritte Spielzeit der RuhrTriennale?
Gérard Mortier: Wenn ich von Paris nach Bochum komme und die Jahrhunderthalle betrete, weiß ich, dass dies der schönste Ort ist, an dem ich je gearbeitet habe. Hier spürt man, dass das Theater zur Welt gehört und nicht wie im 19. Jahrhundert in einen Tempel gesteckt wird. Darauf freue ich mich auch in diesem Jahr.
Wie wurden die Projekte für die kommende Saison ausgesucht?
In dieser herrlichen Industriekultur zu spielen ist wunderbar, aber man muss immer die Dialektik herstellen zwischen dem Streben, den Hoffnungen, aber auch den sozial schwierigen Zeiten dieser Region. Was die inhaltliche Komponente anbelangt, so kann man nicht alle Stücke spielen. Das Mythologische, das Transzendentale geht hier sehr gut, das rein Bürgerliche gar nicht. Für dieses Jahr inszeniert deshalb der amerikanische Regisseur Peter Brook "Tierno Bokar", ein Stück über einen afrikanischen Weisen, und Ariane Mnouchkine erzählt in "Le Dernier Caravansérail" Geschichten vom Krieg und den Odysseen der Menschen.
Internationale Projekte sind stark vertreten - wie bekannt ist das Festival im Ausland?
In Paris muss ich keinem Gesprächspartner mehr erklären, was die RuhrTriennale ist. Dabei geht es nicht um Ruhm und Berühmtheit, sondern um die Positionierung des Ruhrgebiets in Europa. In Paris, in Amsterdam, auch in Amerika – überall kennt man das Ruhrgebiet durch die RuhrTriennale.
Welche Produktion ist Ihr ganz persönlicher Favorit?
Ich freue mich sehr auf Hector Berlioz´ "La Damnation de Faust", die vom spanischen Regieteam "La Fura dels Baus" nach der Uraufführung 1999 in Salzburg nun speziell für die Bochumer Jahrhunderthalle neu eingerichtet wird.