Wiesenthals Werk
13. Februar 2007Wenige Monate vor seinem Tod im September 2005 erinnerte sich Simon Wiesenthal an ein Versprechen, dass er seiner Frau Cyla gegeben hatte. "Drei bis vier Jahre" würde das Paar noch in Wien verbringen, um Nazi-Verbrecher aufzuspüren. Dann würden sie nach Israel auswandern. Die Wiesenthals verbrachten jedoch den Rest ihres Lebens in der österreichischen Hauptstadt, da Simon nie aufhörte, die Täter des Holocausts vor Gericht zu bringen.
"Wenn man Malaria heilen will, muss man mit Moskitos leben", sagte Wiesenthal Freunden, die wissen wollten, warum er blieb - trotz all der Feindseligkeiten, Morddrohungen und selbst einem Bombenangriff auf sein Haus. "Ein Soldat gehört aufs Schlachtfeld".
Mit Liebe gemacht
Nun versucht auch der Dokumentarfilm "Ich habe euch nicht vergessen: Das Leben und Werk des Simon Wiesenthal", der gerade auf der Berlinale Weltpremiere feierte, zu erklären, warum Wiesenthal das Versprechen an seine Frau nicht gehalten hat. "Wie hätte ich mein Leben wieder anfangen sollen nach so einem Bruch und Häuser bauen?" fragte sich der gelernte Architekt, nachdem er - kaum noch lebend - mit einem Gewicht von 45 Kilogramm dem Konzentrationslager Mauthausen entkam.
In Interviews mit Wiesenthal, Familienangehörigen und Freunden beleuchtet Regisseur Richard Trank das Leben des Mannes von seiner Geburt in einem polnischen Dorf über die Schrecken der Nazizeit bis hin zu seiner Rolle als berühmtester Verfolger von Kriegsverbrechern.
Der vom Simon Wiesenthal Center produzierte Film zeigt Wiesenthal im bestmöglichen Licht und Trank macht aus seiner Bewunderung keinen Hehl. "Das kam von Herzen", so der Regisseur, der schon mehrere Filme für das Center produziert hat.
Das ganze Bild
Trotzdem lässt der Streifen Kontroversen in Wiesenthals Leben nicht aus. "Wir wollten das nicht überspringen", so Trank. So wird erwähnt, dass manche Wiesenthal vorwarfen, eine zu große Rolle in Zusammenhang mit der Verhaftung von Adolf Eichmann zu beanspruchen, der 1962 für seine Greueltaten in Israel gehängt wurde. Als Wiesenthal aufgrund falscher Informationen behauptete, dass der Naziarzt Josef Mengele noch am Leben wäre, obwohl er schon längst gestorben war, wurde er beschuldigt, die Nachkommen der Opfer unnötig gequält zu haben.
In Österreich wurde er geschasst, nachdem er den damaligen FPÖ-Vorsitzenden Friedrich Peter der Mitgliedschaft in einer SS-Truppe bezichtigt hatte, die an Kriegsverbrechen beteiligt war. Der österreichische Bundeskanzler Bruno Kreisky, ein politischer Gefährte Peters, bezichtigte Wiesenthal daraufhin, wie die Mafia zu arbeiten.
Aber diese Episoden verblassen im Gegensatz zu dem Lob von Wiesenthals Bewunderern, unter ihnen Sir Ben Kingsley, der Wiesenthal in dem Film "Recht, nicht Rache" verkörperte. "Er war besessen und wenn man in seiner Nähe war, wurde man abhängig", so der Schauspieler, der zur Premiere extra nach Berlin gekommen war. "Er war wie ein Vater für mich und hat mir sehr viel beigebracht".
Hilfe zur Aufklärung
Laut Trank hat der Film bereits einen Verleih in Deutschland und wird auch in den USA im späten Frühjahr in die Kinos kommen. TV-Ausstrahlungen und eine DVD sind ebenfalls geplant. "Am wichtigsten ist, dass der Film in Schulen benutzt wird", so der Regisseur.
Das Wiesenthal-Zentrum plant mittlerweile, den Film auch auf Farsi zu übersetzen und einen Weg zu finden, ihn im Iran auszustrahlen, wo Präsident Achmadineschad letztes Jahr eine Konferenz für Holocaust-Leugner organisierte. "Wir werden es schaffen, dass Leute, die die Wahrheit wissen wollen, den Film sehen können", sagte Rabbi Abraham Cooper, der stellvertretende Vorsitzende des Zentrums.