"VfL-Sponsoring ist gewaltig"
18. April 2016DW: Seit wann sind Sie eSportler?
David "Bytheway": Seitdem ich 16 bin, trete ich bei Wettbewerben an. Aber ich habe schon mein ganzes Leben lang Computerspiele gespielt. Als ich sechs, sieben Jahre alt war, habe ich "Sonic the Hedgehog" oder "Crash Bandicoot" gespielt, als ich zehn war, das erste Mal "FIFA". Mit 16 wurde das dann alles ziemlich ernst und ich kletterte in den Wertungen nach oben.
Wann haben Sie geahnt, dass Sie damit sogar den Lebensunterhalt verdienen können?
Erst war es nur ein Hobby. Ich wollte einfach nur gegen meine Freunde gewinnen. Als ich sie dann geschlagen hatte, hab ich im Internet nach Ligen geschaut und was es sonst noch so gibt. Dann habe ich angefangen, durch das Land zu fahren. Bei meinem ersten Turnier in Liverpool oder London dachte ich plötzlich: Mensch, da steckt eine ganze Menge Geld in der Sache - vielleicht wäre das ein Lebens- oder Karriereweg, den ich gehen kann.
Und wann haben Sie begonnen, sich international mit anderen zu messen?
Ich hab mich buchstäblich selbst ins Flugzeug zum Turnier in New York gesetzt. Ich hab mit meiner Mutter darüber gesprochen und sie wollte nicht, dass ich gehe. Ich erinnere mich, wie ich in meinem Zimmer saß und dachte: "Hey - das ist New York!" Ich wusste ja genau, dass ich nur ein einziges Spiel gewinnen musste, um das Geld für den Trip wieder heraus zu haben. Und so viele Chancen bekommt man wohl nicht, mal nach New York zu fliegen. Irgendwann war es dann 22 Uhr - der Flug von Heathrow aus ging um zehn Uhr morgens - und ich hab entschieden, es zu machen. Ich habe den Flug gebucht, ohne zu wissen, ob ich es überhaupt pünktlich zum Flughafen schaffe. Es war alles ziemlich hektisch.
Und haben Sie Ihr Geld wieder reingespielt?
Ja. Aber im ersten Spiel habe ich gezittert. Ich habe versucht, mir selbst den Druck zu nehmen, indem ich mir gesagt habe: "Wenn ich nicht gewinne, ist es einfach ein Urlaub in New York. Falls ich gewinne, dann war es ein kostenloser Trip." Aber ich habe dieses erste Spiel im Elfmeterschießen gewonnen und ich war noch nie so nervös in meinem ganzen Leben. Es war fürchterlich.
eSports ist in Europa noch ziemlich unbekannt - vor allem im Vergleich zu Asien und Teilen Nordamerikas. Wie schwer ist es für einen Spieler, der aus diesem Teil der Welt kommt, sich als Profi hervorzutun?
Um ehrlich zu sein, glaube ich, dass ich genau zur richtigen Zeit in diese Szene gerutscht bin, denn sie wächst von Jahr zu Jahr. Wie Sie schon bemerkt haben, ist sie in Asien zehnmal so groß. Aber in Europa bekommen wir immer mehr Aufmerksamkeit. Das Preisgeld steigt und in Deutschland wird alles so viel größer. Es gibt Kämpfe. Manche Spieler in Asien verdienen unfassbare Summen und sie sind praktisch Prominente dort. Offensichtlich ist es hier nicht ansatzweise so, aber ich habe viele Vorteile. Vor allem, weil ich ja weiß, dass die Szene hier wächst und besser wird.
Sind Sie jemals kritisiert worden - selbst von Freunden oder der Familie?
Man bekommt viel Kritik. Ich denke, vor allem die ältere Generation weigert sich, das als Sport anzusehen. In der Vergangenheit wurde Sport immer mit körperlicher Aktivität verbunden. Aber ich denke, dass wir bald zu dem Punkt kommen, an dem das nicht mehr so ist. Es gibt eine Menge mentale Sportarten da draußen, Schach ist nur eine davon. Es gibt nicht wirklich viel körperliche Aktivität beim Schach oder Snooker. Natürlich darf jeder seine eigene Meinung haben, aber ich denke, dass es mittlerweile schon weithin als Sport akzeptiert ist.
Was haben Sie mit dem VfL Wolfsburg gemacht, dass die etwas tun, was noch kein anderer vorher getan hat? Wie kam das zustande?
Das ist wirklich großartig. Ich habe genau genommen keinen Vertrag direkt mit dem VfL Wolfsburg: Meinen Vertrag habe ich mit Stark eSports, die Verbindungen zum Verein haben. Sie haben mich für ein Treffen im Dezember einfliegen lassen. Wir sprachen über Projekte und darüber, was ich Ihnen anbieten könnte. Wir haben über viele kleine Details gesprochen und waren am Ende alle sehr froh damit.
Für jemanden, der Ihren Sport nicht kennt - wie würden Sie beschreiben, was diese Art von Sponsoring für einen eSports-Spieler bedeutet?
Es ist gewaltig. Als eSports-Spieler ist natürlich jeder Sponsor wichtig, egal ob groß oder klein. Für mich persönlich ist es absolut großartig, aber das ist auch eine große Nummer für die ganze Szene. Das ist ein riesiger Schritt in die richtige Richtung. Natürlich wollen wir, dass in Zukunft immer mehr Vereine dazukommen und das ist etwas, was definitiv geschehen wird. Fußball ist eine Sportart, mit der die Vereine etwas anfangen können - so sollte es mit "FIFA" nicht schwer sein, das weiter voranzutreiben.
Also egal, was passiert - Sie werden immer Ihren Namen in den Geschichtsbüchern finden, als einer der ersten eSports-Spieler, die das geschafft haben?
Ja, genau. Ich versuche immer, die Initiative zu ergreifen. Ich möchte niemals an den Punkt kommen, an dem ich aufhöre zu spielen und einen normalen Job mache. Mir gefällt es, zu denken, dass ich für mich eine Menge Türen geöffnet habe. Also falls ich jemals an diesen Punkt komme, habe ich eine Menge Beziehungen, so dass ich mir einen Karriereweg aussuchen kann.
Heißt das eigentlich, Sie müssen immer offiziell als "Wolfsburg" spielen?
Nein, muss ich nicht. Wenn ich spiele, werde ich sie nehmen, denn sie haben eine gute Mannschaft in dem Spiel. Aber wenn ich einem richtigen Wettbewerb antrete sind da viele Regeln, zum Beispiel ob ich als ein internationales Team antreten soll. In diesem Fall könnte ich nicht immer Wolfsburg nehmen.
Das Interview führte Stefan Bienkowski.