DDR-Design - eine späte Würdigung
Ein eigenes DDR-Design - im allgemeinen Bewusstsein gilt es als nicht existent oder als "Kopie des Westens". Doch mit Karl Clauss Dietel geht der Design-Preis der Bundesrepublik nun zum ersten Mal an einen DDR-Designer.
Dietel legt Wert auf Nachhaltigkeit
Als einer der wenigen freiberuflichen Gestalter in der DDR hat Karl Clauss Dietel die Produktgestaltung wesentlich geprägt. Noch bevor es das Wort in Ost und West gab, dachte er nachhaltig. Funktional und langlebig sollten die Dinge sein, Gebrauchspatina inklusive. Dietels Philosophie war ähnlich wie die des "Braun-Papstes" Dieter Rams. Nur, dass sein Name noch weniger im Bewusstsein war.
Eine Schreibmaschine namens Erika
Mit der "Erika" entwickelte er eine leichte Schreibmaschine, die nicht nur in der DDR weit verbreitet war. Auch in Westdeutschland wurde das kompakte Gerät gerne gekauft. Die Firma "Quelle" bot die Schreibmaschine unter einem anderen Namen an. Eines von vielen DDR-Produkten, das so "unerkannt" auf den Westmarkt kam.
Das Helioradio
Unter Erich Honecker gab es für Designer mehr Freiheiten, gegen Funktionalismus und Sachlichkeit wurde nicht mehr polemisiert. Auch im Osten Deutschlands bevorzugte die Bildungselite klare Linien und Minimalismus anstelle von "Gelsenkirchener Barock". Ein Luxus, den sich allerdings nur Wenige leisten konnten.
Die Kugellautsprecher
Materialknappheit war Dauerthema in der DDR. Die "hippen" Lautsprecher entwickelte Dietel aus bereits vorhandenen Kugelformen. Er benutzte die Rohlinge für Globen. Mit einer Oberfläche ähnlich einer Raufasertapete waren die Kugeln durch und durch nachhaltig und technisch und gestalterisch Trendsetter. Auch im internationalen Maßstab.
Wartburg
Die Möglichkeiten, private PKW zu gestalten, waren in der DDR gering. Immerhin machten Clauss Dietel und seine Kollegen Lutz Rudolph und Lutz Fleischer den "Wartburg 353" zu dem Mittelklasseauto schlechthin. Analog zur "Plattenbauweise" der DDR-Architektur sind alle Einzelteile sichtbar und einzeln austauschbar. Die "S"-Klasse mit beheizbaren Heckscheiben ging 1984 erstmals vom Band.
Zum Stricken
Karl Clauss Dietel betätigte sich erfolgreich als Architekt, Künstler und Grafiker, doch das blieben eher Abstecher. Als Industriedesigner entwarf er nie Massenerzeugnisse, die seinem Qualitätsanspruch nicht gerecht hätten werden können. Auch nach der Wende bleibt er diesem Anspruch treu und entwickelt für die Textilstadt Chemnitz die fast elegante "Flachrundstrickmaschine" FRJ2000.
EDV-Anlage
Im Wettbewerb um den technischen Fortschritt hält die DDR anfangs noch Schritt. Etwa zeitgleich zum Westen entstehen die ersten EDV-Anlagen. Für die Firma Robotron entwirft Dietel bereits Mitte der 60er Jahre eine solche Anlage sowie einen Magnetbandspeicher für Carl Zeiss Jena. Als Vordenker für ein Design "am Puls der Zeit" wird er nun mit dem gesamtdeutschen Designpreis gewürdigt.