De Maizière will "Bundesausreisezentren"
2. Januar 2017Zwei Wochen nach dem Terroranschlag in Berlin hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière seine Vorschläge zur Asylpolitik überarbeitet. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" geht er deutlich über die Forderungen hinaus, die er schon in einem Gesetzentwurf vorgelegt hat. Dazu gehört, abgelehnte Asylbewerber, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit gelten, in Abschiebehaft zu nehmen. In dem Beitrag macht er sich nun dafür stark, dem Bund mehr Zuständigkeiten bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber zu geben.
Der CDU-Politiker schlägt dazu vor, "Bundesausreisezentren" einzurichten. Sie sollen den Bundesländern für die letzten Tage oder Wochen des Aufenthalts von Ausreisepflichtigen eine "Verantwortungsübergabe" ermöglichen. Abschiebungen könnten so unter der Regie des Bundes unmittelbar vollzogen werden. "Ausreisezentren sind gesetzlich bereits möglich und könnten vorzugsweise in der Nähe deutscher Verkehrsflughäfen errichtet werden", heißt es in dem Beitrag.
Abschiebungen sind Ländersache. Der Bund macht schon seit langem Druck auf die Bundesländer, abgelehnte Asylbewerber oder andere ausreisepflichtige Ausländer - zum Beispiel jene, die in Deutschland straffällig geworden sind - konsequenter in deren Heimat zurückzuschicken. Bei dem Lastwagen-Attentat vom 19. Dezember auf einen Berliner Weihnachtsmarkt waren zwölf Menschen getötet worden. Der Anschlag löste eine neue Debatte über strengere Abschiebe- und Sicherheitsmaßnahmen aus.
Kompetenzen des Bundes stärken
Außerdem will de Maizière eine generelle Neuordnung der deutschen Sicherheitsarchitektur erreichen, mit der die Kompetenzen des Bundes zu Lasten der Länder massiv gestärkt würden. So müsse die Bundespolizei "neben den Polizeien der Länder eine zentrale Verfolgungs- und Ermittlungszuständigkeit zur konsequenten Feststellung unerlaubter Aufenthalte in Deutschland erhalten" und damit schrittweise "zu einer echten Bundes-Polizei" entwickelt werden.
"Kein Gegner unserer Verfassung strebt die Beseitigung der Verfassung in nur einem Bundesland an", schrieb de Maizière. Das bedeutete die Übernahme der Landesämter für Verfassungsschutz in das Bundesamt. Auch zur Abwehr von Cyber-Angriffen schlägt de Maiziere mehr Kompetenzen für den Bund vor. Das nationale Cyber-Abwehrzentrum müsse "bei komplexen Schadenslagen" die Federführung an sich ziehen können. De Maiziere fordert außerdem "tragfähige Rechtsgrundlagen", um Gegenmaßnahmen und Gegenangriffe durchführen zu können.
Auch das Bundeskriminalamt (BKA) solle gestärkt werden, empfiehlt der Minister. Die Befugnisse des BKA seien zu eng gefasst, so der Bundesinnenminister. "Wir brauchen einheitliche Regeln und eine bessere Koordinierung, zum Beispiel bei der Kontrolle von Gefährdern." Der Bund benötige eine "Steuerungskompetenz über alle Sicherheitsbehörden", wo Bund und Länder in Angelegenheiten der Sicherheit des Bundes zusammenarbeiten. Die Verantwortung für die Polizei müsse aber weiterhin bei den Ländern liegen.
Europa krisenfest machen
Zudem hält der Bundesinnenminister die bisherigen Maßnahmen zur Asyl- und Flüchtlingspolitik auf europäischer Ebene für ungenügend. "Wir brauchen einen echten Massenzustrom-Mechanismus, der Europa krisenfest macht, wo, wie und wann auch immer eine Migrationskrise entsteht", schreibt der Minister. Mit den Staaten Nordafrikas seien Abkommen nach dem Muster des EU-Türkei-Abkommens kaum möglich. Das verhindere die EU-Asylverfahrensrichtlinie mit ihren hohen Anforderungen an einen "sicheren Drittstaat".
Als ein solcher Drittstaat sollte deshalb schon ein Staat gelten, wenn dort an einem "sicheren Ort" menschenwürdige und sichere Aufnahmebedingungen gewährleistet werden. "Diese Einrichtungen könnten von der EU mit verantwortet werden, in Zusammenwirken mit dem Partnerstaat und dem UNHCR", also dem UN-Flüchtlingshilfswerk.
kle/uh (epd, kna, dpa, afp)