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NSA-Affäre: Ein Minister wäscht sich rein

19. Juni 2015

Über Jahre gab es Hinweise, dass der US-Geheimdienst NSA die Kooperation mit dem Bundesnachrichtendienst für Spionage in Europa nutzte. Der damalige Kanzleramtschef de Maizière will davon nichts erfahren haben.

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Thomas de Maizière auf dem Weg zu einer Sitzung des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Deutschen Bundestages am 6. Mai 2015 (Foto: dpa
Bild: picture-alliance/dpa/Gambarini

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sieht keine eigenen Versäumnisse bei der Aufsicht über den Bundesnachrichtendienst (BND). "Da kann ich bisher Fehler nicht erkennen", sagte er über seine Zeit als Chef des Bundeskanzleramts. Der CDU-Politiker war von 2005 bis 2009 Kanzleramtschef und damit für die Aufsicht über die Geheimdienste zuständig. In dieser Zeit gab es im BND erste Hinweise darauf, dass der amerikanische Geheimdienst NSA die Zusammenarbeit ausnutzte, um europäische Ziele auszuspähen. Diese Hinweise sollen jedoch auf einer unteren Ebene versandet sein.

Der BND sei dafür verantwortlich, dass entsprechende Informationen das Kanzleramt nicht erreichten, sagte de Maizière vor dem Geheimdienst-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Der Fehler liege "zu 100 Prozent beim BND". Der Minister betonte: "Der Fehler ist die mangelnde Meldung von unten nach oben und die mangelnde Sensibilität." Es habe nur allgemeine Hinweise gegeben, dass "die amerikanische Seite übergriffig sein könnte". Deswegen sei eine erweiterte Zusammenarbeit, die die USA vorgeschlagen hätten, nicht umgesetzt worden.

Der CDU-Politiker wies den Verdacht zurück, dass er früh von problematischen Ausspähversuchen des US-Geheimdienstes in Europa wusste. Zugleich machte de Maizière deutlich, dass eine Verbesserung der Aufsicht über den BND nötig sei. "In die Zukunft betrachtet, wird sich da sicher einiges ändern müssen."

"Schwarze-Peter-Spiel"

Die Opposition sprach von einem "Schwarze-Peter-Spiel". Es sei unerheblich, ob das Kanzleramt nicht über Probleme informiert war oder die Brisanz unterschätzt habe, sagte die Linken-Obfrau im Ausschuss, Martina Renner. "Sie haben in beiden Fällen als Aufsichtsbehörde versagt." Dem BND die Schuld zu geben, sei zu einfach.

De Maizière versicherte, er habe keine Informationen über umstrittene Suchbegriffe, die sogenannten Selektoren, der NSA bekommen. "Es gab keine Hinweise an mich, dass die NSA die Selektoren EADS, Eurocopter oder französische Behörden verwendete", sagte er. Von Selektoren habe er 2013 oder 2014 erst nach seiner Amtszeit im Kanzleramt zum ersten Mal gehört. Es sei im Übrigen angemessen, dass ein Geheimdienst nicht alles melde, was er mache.

De Maizière betonte die Bedeutung der Geheimdienst-Kooperation mit den USA und warnte: "Niemand sollte diese zentrale Zusammenarbeit infrage stellen." Keine nationale Sicherheitsbehörde sei den Bedrohungen alleine gewachsen. Die USA seien "keine Gegner, sondern enge Partner".

Vertrauensperson gesucht

Vor der Zeugenbefragung hatte der Plan der Bundesregierung zur Einsetzung eines Ermittlers in der Spionageaffäre im Ausschuss zu einem Zerwürfnis geführt. Unter dem Protest der Opposition stimmten die Vertreter der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD am Mittag dem Vorschlag des Kanzleramts zu, wonach eine "Vertrauensperson" anstelle der Ausschussmitglieder Einblick in die streng geheime Selektorenliste nehmen soll.

Grüne und Linke kritisierten das Verfahren als verfassungswidrig und verweigerten eine Beteiligung. Sie bekräftigten ihre Absicht, vor dem Bundesverfassungsgericht auf direkte Einsicht der Abgeordneten in die Liste zu klagen. Das Parlament solle zum Helfer der Regierung degradiert werden, kritisierte Linke-Obfrau Martina Renner. Ihr Grünen-Kollege Konstantin von Notz sagte: "Das ist der Versuch der Bundesregierung, die Kontrolle selbst zu kontrollieren." Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele sprach von einer "dunklen Stunde für das Parlament".

Vertreter der Koalitionsparteien äußerten die Hoffnung, die "Vertrauensperson" doch noch im Einvernehmen mit der Opposition zu benennen und mit einem Untersuchungsauftrag auszustatten. Der SPD-Abgeordnete Christian Flisek warnte Grüne und Linke vor einer "Komplettblockade des gesamten Verfahrens".

kle/rb (dpa, afp)