Deals vor Gericht
22. Januar 2009Zu einer Absprache, einem Deal oder – juristisch korrekt - einer Verständigung im Strafprozess kann es kommen, wenn der Angeklagte ein Geständnis ablegt - und damit zu einer wesentlichen Verkürzung der Beweisaufnahme beiträgt. Die Motivation der Gerichte ist klar: Die großen Strafverfahren werden immer umfangreicher, die Gerichte sind notorisch überlastet. Die Kooperation des Angeklagten wird belohnt. Ihm wird eine Strafobergrenze genannt, die das Gericht dann im Urteil nicht überschreiten darf.
Prominente - die besseren Angeklagten?
Oft sind es Prominente, die sich mit dem Gericht auf einen Deal einlassen, wie zum Beispiel der ehemalige VW-Arbeitsdirektor und Regierungsberater Peter Hartz. Aus einer Schmiergeldaffäre kam er durch sein Geständnis mit einer Bewährungs- und Geldstrafe davon. Dass Prominente von Justitia bevorzugt werden, verneint der Kölner Oberstaatsanwalt Günther Feld aber vehement. Man könne ein großes Verfahren gegen Prominente nicht mit einem Verfahren vergleichen, gegen "einen, der eine Flasche Schnaps im Supermarkt gestohlen hat." Denn ob die Flasche Schnaps gestohlen worden sei oder nicht, lasse sich schnell beweisen. "Das kann nicht Gegenstand einer Verständigung sein," so Feld.
Bei Prominenten, die wegen schwieriger Wirtschaftsstraftaten vor Gericht stehen, ist die Situation oft anders. Hier ist die Beweisaufnahme weitaus aufwändiger. "Wir reden hier nicht von einer Verkürzung der Beweisaufnahme von vier auf zwei Stunden", sagt Oberstaatsanwalt Feld, "sondern von 60 auf fünf Verhandlungstage."
Klare Vorgaben für Absprachen
Während der Gesetzgeber im Zivilrecht Vergleiche ausdrücklich fordert, sind Absprachen im Strafrecht bislang noch nirgendwo geregelt - auch wenn sie schon seit rund 30 Jahren in Deutschland gang und gäbe sind. Jetzt soll endlich auch eine gesetzliche Grundlage geschaffen werden.
Diese Woche hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf vorgestellt, durch den die Deals für alle Beteiligten überschaubarer werden sollen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries betonte ausdrücklich, dass die Absprachen zwischen Verteidigung, Gericht und Staatsanwaltschaft "kein Privileg für Reiche" seien. Auch in Verfahren wegen "kleinerer Kriminalität" würden Absprachen getroffen.
Dabei halten sich die Gerichte schon jetzt an die Vorgaben, erklärt Oberstaatsanwalt Feld. So muss die Verständigung in öffentlicher Hauptverhandlung bekannt gemacht werden. Vorgespräche zwischen Verteidigern, Staatsanwaltschaft und Gericht sind zwar zulässig, aber in der Hauptverhandlung muss alles offengelegt werden. Und noch ein Punkt ist wichtig: Das Geständnis muss für das Gericht auch plausibel klingen. "Notfalls", so Feld, "muss das Geständnis, wenn es geht, überprüft werden." Es solle ja nicht so sein, dass jemand ein Geständnis ablegt, nur um eine kurze Verhandlung und eine milde Strafe zu bekommen. Oder um die Gerichts- und Anwaltskosten zu sparen.
Kein Deal bei Mord
Ein rechtlicher Grundsatz gilt ohnehin auch bei den Deals vor Gericht: Die Strafe muss der Schuld angemessen sein. Außerdem gibt es bei Mord keine Absprachen. Hier gibt es nur ein verbindliches Urteil - lebenslänglich! Egal, ob prominent oder Otto-Normalverbraucher, egal ob geständig oder nicht.