Präsidentschaftswahlen in Rumänien
30. Oktober 2014Bei den Präsidentschaftswahlen in Rumänien geht es in den Zeiten der wirtschaftlichen und politischen Krise und einer befürchteten Putinisierung Osteuropas vor allem um das europäische Wertesystem, den Rechtstaat und die Frage, ob die noch junge rumänische Demokratie gefährdet ist.
Die rumänische Gesellschaft ist auch 25 Jahre nach dem Sturz des Kommunismus gespalten. Auf der einen Seite stehen die jüngeren, gut ausgebildeten Menschen mit liberalen und proeuropäischen Überzeugungen, auf der anderen die immer noch konstante Wählerschaft der ex-kommunistischen Sozialdemokraten (PSD).
Von den 14 Kandidaten haben laut Umfragen lediglich der jetzige sozialdemokratische Regierungschef Victor Ponta und Klaus Johannis von der Christlich-Liberalen Allianz Chancen auf einen Wahlsieg.
Ein Deutscher als Präsidentschaftskandidat
Der in Sibiu (Hermannstadt) als Bürgermeister sehr erfolgreiche Johannis gehört zur deutschen Minderheit im Land. Er macht sich vor allem für den Verbleib seines Landes innerhalb der europäischen Wertegemeinschaft stark und plädiert für "ein Rumänien der gut gemachten Arbeit". In seinem Wahlkampf macht er vor allem die sozial-demokratischen Regionalchefs, die sogenannten "Barone", für die wirtschaftliche und politische Misere verantwortlich.
Rumäniens Wirtschaft verzeichnete laut Eurostat in den letzten zwei Quartalen 2014 ein Minus (von 0,2 bzw. 1 Prozent) und rutschte damit zurück in die Rezession. Zudem wird das Land durch eine Reihe von Korruptionsskandalen erschüttert, deren Kreise bis in die Spitzen der PSD und ins unmittelbare familiäre Umfeld des Regierungschefs reichen.
Auch eine überraschende Notverordnung der rumänischen Regierung hat das ohnehin geringe Vertrauen der Bürger in die Politik weiter geschwächt. Politikern in Städten und Kommunen war es für einen kurzen Zeitraum erlaubt, die Partei zu wechseln, ohne das Mandat zu verlieren. Klarer Nutznießer dieser Verordnung war die regierende PSD, die hunderte Bürgermeister und Stadträte neu aufnahm. Ponta wird vorgeworfen, mit Hilfe der "Übergelaufenen" das Wahlverhalten in den Kommunen zu beeinflussen.
Putin als Vorbild
Um den sich sachlich präsentierenden Johannis auszubooten, setzt Ponta auf linksnationale und fundamentalistische Töne. Es sei ihm doch wohl erlaubt, in "seinem" Land als orthodoxer Rumäne zu kandidieren, sagt Ponta, um sich klar von Johannis abzusetzen, der evangelisch ist. Er sei stolz, Rumäne zu sein - mit diesem Wahlslogan schürt er die Stimmung gegen ethnische und religiöse Minderheiten.
Gleichzeitig ist in den Medien, die Ponta und seiner Partei nahe stehen, eine heftige Negativkampagne gegen den unliebsamen Konkurrenten im Gang. So wird Johannis ohne jegliche Beweise vorgeworfen, er sei angeblich "in den Organhandel verstrickt", er sei "ein Immobilienbetrüger", "ein Agent des Bundesnachrichtendienstes" und letztendlich "ein Trojanisches Pferd von Angela Merkel".
Darüber hinaus befürwortet Ponta eine Neubewertung der Beziehungen zu China, Russland und der Türkei und regt eine zunächst "ökonomische" Neuausrichtung des Landes gen Osten an. Politiker wie Putin in Russland, Erdogan in der Türkei oder Orban in Ungarn dienen ihm oft als Vorbilder.
Gefährdeter Rechtsstaat
Auch international stößt die Politik der rumänischen Regierung auf Kritik. So monierte die stellvertretende US-Staatssekretärin Victoria Nuland den "Krebs der demokratischen Rückbildung und Korruption" in einigen Ländern Mittel- und Südosteuropas und erwähnte konkret jene Politiker, die "korrupte Amtsträger vor Strafverfolgung schützen und das Parlament umgehen, so oft es ihnen passt".
Nicht nur Pontas Gegenkandidaten, sondern auch Mitglieder der Zivilgesellschaft warnen eindringlich vor einem Triumph des Sozialdemokraten. Ein Wahlsieg würde Ponta, dessen Partei das Parlament seit 2012 durch eine verfassungsändernde Mehrheit dominiert, praktisch uneingeschränkte Macht einräumen. Der Staatschef hat nicht nur außen-und sicherheitspolitische Kompetenzen - er ist außerdem für die Besetzung von Schlüsselposten in der Staatsanwaltschaft verantwortlich und kontrolliert sowohl Exekutive und Legislative als auch Geheimdienste und Justiz.
Der Rechtsstaat wäre vorerst am Ende, falls Ponta gewinnen würde, meint Mircea Vasilescu, unabhängiger Journalist und Chefredakteur der Wochenzeitschrift "Dilema". Der jetzige Regierungschef sei ein gefährlicher Populist, sagt er. "Nicht nur, dass er die nötige Reife und jegliche Vision für das Präsidentenamt vermissen lässt und schlechte Wirtschaftsdaten vorzuweisen hat. Darüberhinaus ist er ein Meister der Propaganda und veranlasst seine Partei Maßnahmen zu ergreifen, die den Rechtsstaat in Frage stellten", so Vasilescu.