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Politik

"Demokratie ist nichts Selbstverständliches"

Katharina Kroll z.Z. Kapstadt
20. November 2018

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat am zweiten Tag seines Besuchs in Südafrika den politischen Neubeginn unter Präsident Cyril Ramaphosa gelobt. Der hofft auf deutsche Investitionen. Katharina Kroll berichtet.

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Bundespräsident Steinmeier in Südafrika
Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

21 Salutschüsse hallen über den Platz. Vor dem Tuynhuys, dem offiziellen Amtssitz des südafrikanischen Präsidenten in Kapstadt, marschiert die Ehrengarde auf. In ihrer mit Gold verzierten, dunkelgrünen Festuniform stehen die Soldaten in Reih' und Glied vor dem roten Teppich. Der Tafelberg im Hintergrund ist wolkenverhangen und kaum zu sehen. Es regnet, als die beiden Staatspräsidenten Cyril Ramaphosa und Frank-Walter Steinmeier mit ihren Ehefrauen eintreffen. Es ist der erste Besuch eines deutschen Bundespräsidenten seit 20 Jahren.

"Danke, dass Sie deutschen Regen nach Südafrika gebracht haben", sagt Präsident Ramaphosa, der offensichtlich zu Scherzen aufgelegt ist. Steinmeiers Besuch kommt für ihn zu einem wichtigen Zeitpunkt. Im nächsten Jahr stehen Parlamentswahlen an, Ramaphosa muss für seinen ANC um die absolute Mehrheit bangen.

Nach Jahren des Stillstands, schlechter Regierungsführung und Korruption unter der Regierung von Jacob Zuma hat Cyril Ramaphosa vor wenigen Monaten die Regierungsgeschäfte übernommen. "Wir haben eine Reise der Erneuerung angetreten", sagt der südafrikanische Präsident. Er will Vertrauen zurückgewinnen  - im eigenen Land und international.

Unterstützung für den Aufbruch

Diesen Aufbruch will Steinmeier unterstützen. Er lobt die neue Politik Ramaphosas: die Stärkung der Unabhängigkeit der Justiz und den angekündigten Kampf gegen Korruption und Selbstbereicherung vieler ehemaliger Politiker.

"Blankes - Whites" und "Nie Blankes – Non Whites" steht in großen Lettern über dem Eingangstor zum Apartheidmuseum in Johannesburg. Schlagartig fühlt sich jeder Besucher hier zurückversetzt in die Zeiten der Rassentrennung. Ein bewegender und bedrückender Moment - auch für den Bundespräsidenten.

An diesem besonderen Ort erinnert Steinmeier daran, dass Demokratie nichts Selbstverständliches ist. Er würdigt Nelson Mandela als strahlendes Vorbild für Versöhnung und Menschlichkeit und wegen seiner Vision eines geeinigten, demokratischen Südafrika. "Unsere Demokratien sind niemals fertig und niemals perfekt", sagt Frank-Walter Steinmeier. "Es kostet immer noch Mut und Mühe, unseren Mut und unsere Mühe, um sie zu erhalten und in die Zukunft zu tragen."

Würdigung Nelson Mandelas

Wie groß die Probleme Südafrikas sind, das erfährt der Bundespräsident beim Gespräch mit Vertretern der Zivilgesellschaft. Der Alltag vieler Südafrikaner ist weit entfernt von der Regenbogennation, von der Mandela einst träumte. Vielen im Land geht es zu langsam voran.

Südafrika: Roelf Meyer -Kabinettsmitglied bei Nelson Mandela
Roelf Meyer, politischer Berater und ehemaliges Kabinettsmitglied in Mandelas RegierungBild: DW/K. Kroll

Roelf Meyer war bei dem Gespräch mit dem Bundespräsidenten dabei. Er selbst hat als Politiker damals den friedlichen Übergang von der Apartheid zur Demokratie mitgestaltet, war Minister im Kabinett von Nelson Mandela. "Noch vor einem Jahren waren wir verzweifelt. Das ist jetzt anders – wegen Präsident Ramaphosa." Er findet die Kritik an seinem Freund Ramaphosa ungerechtfertigt. Es sei unmöglich, die enormen Probleme Südafrikas innerhalb weniger Monate zu lösen, sagt Roelf Meyer. Der neue Präsident stehe für die Werte, die Mandela vorgelebt habe. "Das gibt vielen Menschen Hoffnung für die Zukunft, auch mir selbst", sagt er. 

 "Wir alle brauchen Partner." Das hatte Steinmeier noch im Apartheid-Museum in Johannesburg gesagt. "Jeder gegen jeden" - dadurch werde die Welt nicht friedlicher. Und er verurteilt das "Ungeheuer eines aggressiven Nationalismus, das mancherorts wieder seine Klauen zeigt". Deutliche Worte - wohl auch in Richtung des amerikanischen Präsidenten Donald Trump.

Da sind Verbündete wichtiger geworden, die ebenfalls für eine kooperative, regelbasierte Friedensordnung eintreten. Südafrika und Deutschland sitzen ab 2019 gemeinsam im UN-Sicherheitsrat. Dort werden beide Länder gemeinsam für globalen Frieden und Multilateralismus eintreten, verspricht Ramaphosa nach seinem Gespräch mit dem Bundespräsidenten. "Auf uns kommt es an", viele würden auf das gemeinsame Engagement schauen, ist sich Steinmeier sicher.

Hoffen auf mehr Investitionen

Dass Steinmeier nach Südafrika gekommen sei, das sei sehr gut für ihr Land, sagt Sithembile Mbete. Südafrika habe sich in den letzten neun Jahren von der internationalen Gemeinschaft isoliert, glaubt die Politikwissenschaftlerin. "Dies ist ein wichtiger Moment für uns, um uns wieder der internationalen Gemeinschaft in einer gewinnbringenden Weise anzuschließen."

Südafrika: O-Tongeberin beim Treffen mit Steinmeier
"Wichtiger Besuch für unser Land" - Sithembile Mbete, PolitikwissenschaftlerinBild: DW/K. Kroll

Mbete wirkt optimistisch. Ramaphosa habe das Land auch nach innen wieder geöffnet. Politisches Engagement und offene Diskussionen seien endlich wieder möglich, sagt sie. Das größte Problem ihres Landes sie die enorme Ungleichheit zwischen Arm und Reich.

Und so hofft Präsident Ramaphosa auf mehr Investitionen. Auch aus Deutschland. 400 deutsche Unternehmen sind im Land präsent, schaffen 100.000 Arbeitsplätze. Bundespräsident Steinmeier ist mit einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation angereist. Einige von ihnen sind verunsichert wegen der geplanten Landreform. Doch Investitionen seien sicher in Südafrika, versichert Präsident Ramaphosa. Alles andere wäre doch so, als würde man Gäste zu sich einladen und ihnen dann die Handtaschen stehlen. Und er versichert, dass er mit allen Mitteln gegen Korruption und Staatsplünderung vorgehen will.

Zurück zum Apartheid-Museum in Johannesburg. Dort steht auf einer großen Tafel ein Zitat von Nelson Mandela, das sehr gut zum Südafrika von heute passt: "Wenn man einen hohen Berg bestiegen hat, stellt man fest, dass es noch viele andere Berge zu besteigen gibt."