Mit ihrem Schicksal versöhnt
22. April 2015Ihr Leidensweg beginnt Mitte der 90er Jahre, als in Nordkorea eine verheerende Hungersnot herrscht. "Ich war bis dahin", so erzählt Jihyun Park der DW, "eine überzeugte Nordkoreanerin und habe der Propaganda geglaubt, dass unser Land das beste auf der Welt ist."
Als sie 1996 mit ansehen muss, wie ihr Onkel verhungert, zerbricht etwas in der jungen Frau. Die Behörden verbieten der Familie, über den Hungertod des Onkels zu sprechen. Nordkorea sei ein demokratisches Land, in dem es keinen Hunger gebe, so die offizielle Propaganda.
Nordkorea lehnt Hilfe von außen weitgehend ab
Für viele Beobachter ist Nordkorea aber die Hölle und nahezu abgeriegelt vom Rest der Welt. Gehorsam ist oberste Bürgerpflicht. Nur unter strengen Auflagen ist die Diktatur bereit, Hilfe von außen anzunehmen. Eine der wenigen Organisationen, die seit 1997 im Land helfen darf, ist die Deutsche Welthungerhilfe. In diesen Tagen hat Nordkorea aber gerade die Leiterin der Organisation des Landes verwiesen. Warum, darüber schweigen beide Seiten.
Deutsche Politiker, wie die stellvertretende Vorsitzende der deutsch-koreanischen Parlamentariergruppe, Bärbel Höhn von den Grünen, unterstützen die Arbeit der Welthungerhilfe. Aber sie sieht auch deren Grenzen: "Es ist richtig zu helfen, aber man muss genau die Kontrolle haben, ob die Hilfe auch ankommt."
Die Nordkoreanerin Jihyun Park glaubt nicht, dass die gutgemeinte Hilfe viel bringt. "20 Jahre geht das jetzt schon so mit der Hilfe. Angeblich ist sie für die Menschen in Nordkorea, aber die Menschen hungern immer noch, es hat sich nichts verbessert."
Verkauft für 700 Euro
1998 schickt ihr sterbender Vater sie und ihren Bruder fort. Sie sollen nach China fliehen, dort könnten sie überleben. Doch die vermeintlichen Fluchthelfer stellen sich als Menschenhändler heraus. Jihyun Park wird für umgerechnet rund 700 Euro an einen Chinesen verkauft: Offiziell sei sie seine Ehefrau, inoffiziell aber seine Sklavin gewesen, sagt sie. Ihr Bruder wird verraten und zurück nach Nordkorea gebracht.
Parks einziger Trost ist die Geburt ihres Sohnes Chol. Doch Mutter und Sohn gelten in China als illegale Wirtschaftsflüchtlinge. Asyl für Nordkoreaner gibt es in China nicht. "Es gibt Prämien für jeden, der einen Illegalen verrät", erzählt Jihyun Park. "Mich hat ein Nachbar verraten." Die Mutter wird 2004 nach Nordkorea gebracht. Ihren Sohn muss sie in China zurücklassen. In ihrer alten Heimat gilt sie als Verräterin und wird in das Arbeitslager Chongjin gesteckt.
Das harte Leben im Arbeitslager
Von 4:30 Uhr morgens bis spät abends müssen die Frauen im Arbeitslager schuften, erzählt Jihyun Park. Ohne Schuhe und nur mit ihren bloßen Händen hätten sie Felder anlegen, bestellen und ernten müssen. Immer in der Angst, dass die Wachen sie schlagen, drangsalieren oder sexuell missbrauchen. "Wir wurden nicht wie Menschen behandelt, nicht einmal wie Tiere, es war schrecklich," sagt Jihyun Park .
Eine schwere Wunde am Bein wird zur Rettung für die Gefangene - heute wird das Bein von einer riesigen Narbe überzogen, fast kein heiles Stück Haut ist mehr zu sehen. Die Ärzte im Lager damals glauben nicht daran, dass die kranke Frau wieder gesund werden würde, und schicken sie nach Hause.
Doch noch ein Happy End
Jihyun Park flieht wieder nach China. Sie sucht und findet ihren kleinen Sohn. Doch bei der weiteren Fluch in die Mongolei rechnet die junge Frau schon mit dem Schlimmsten: Kurz vor der Grenze schwinden ihre Kräfte, ihr kleiner Sohn und ihr kaputtes Bein sind einfach zu viel. Plötzlich nähert sich ein Mann.
"Ich dachte, jetzt ist alles aus. Doch der Mann war kein chinesischer Soldat, sondern ebenfalls ein Flüchtling. Er half uns. Er war mein Retter." Jihyun Park strahlt, als sie uns diese Geschichte erzählt. Der Retter ist heute ihr Ehemann. Sie haben zwei gemeinsame Kinder.
"Ich kannte ja nur diese Ehe, in die mich die Menschenhändler verkauft hatten. Dass es so etwas wie Liebe gibt, wusste ich einfach nicht. Doch heute bin ich eine glücklich Frau, geliebt von meinem Mann und meinen Kindern."
Für Jihyun Park gab es schließlich ein Happy End. Sie lebt heute mit ihrer Familie im britischen Manchester. Sie hat sich mit ihrem Schicksal versöhnt. "Meinen persönlichen Kampf gegen Nordkorea, den habe ich gewonnen."