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"Der 8. Mai - Ende und Anfang zugleich"

8. Mai 2015

Mit einer Gedenkstunde haben Bundestag und Bundesrat gemeinsam an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren erinnert. Historiker Winkler erinnert daran, in der deutschen Geschichte gebe es keine tiefere Zäsur.

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Angela Merkel und Joachim Gauck (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/AFP/O. Andersen

"Der 8. Mai ist Ende und Anfang zugleich gewesen", betonte Bundestagspräsident Norbert Lammert zum Auftakt der Gedenkveranstaltung in Berlin. Er wies zugleich darauf hin, dass der 8. Mai 1945 für den ganzen Kontinent Europa ein Tag der Befreiung gewesen sei. "Er war aber kein Tag der deutschen Selbstbefreiung", machte er deutlich.

Gedenken an Opfer eines beispiellosen Vernichtungsfeldzuges

Am 8. Mai sei ein Weltkrieg zu Ende gewesen, "der von Deutschland, einer deutschen Regierung mit krimineller Energie begonnen und betrieben wurde, und der bis dahin mehr als 50 Millionen Menschenleben gekostet hatte, darunter auch etwa acht Millionen Deutsche". Die gescheiterten Versuche mutiger Deutscher im Widerstand dürften nicht vergessen werden. Doch Gedanken und Respekt gelten laut Lammert vor allem denen, "die unter unvorstellbaren Verlusten die nationalsozialistische Terrorherrschaft beendet haben".

Lammert sagte: "Wir gedenken heute der Millionen Opfer eines beispiellosen Vernichtungsfeldzugs gegen andere Nationen und Völker, gegen Slawen, gegen die europäischen Juden." Der Fall, den die Deutschen erlebten, hätte nicht tiefer sein können - "politisch, ökonomisch und moralisch", sagte Lammert. Umso erstaunlicher sei es gewesen, dass das Land trotz einer Schuld aufgefangen wurde, ergänzte er. "Diese Bereitschaft unserer Nachbarn zur Versöhnung ist historisch ebenso beispiellos wie die Katastrophe, die ihr vorausgegangen war", betonte der CDU-Politiker.

Für die Deutschen sei die Auseinandersetzung mit der Geschichte später zum schmerzhaften Prozess der inneren Befreiung geworden. "Nur im Bewusstsein unserer bitteren Erfahrungen, davon sind wir überzeugt, können wir Gegenwart und Zukunft politisch verantwortungsvoll gestalten, der Freiheit und dem Frieden in der Welt dienen", sagte der Parlamentspräsident.

Historiker warnt vor Antisemitismus

Der Historiker Heinrich August Winkler warnte in seiner Gedenkrede vor dem Plenum vor Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Winkler sagte, jüngste Ausbrüche von Hetze und Gewalt seien eine Mahnung, "die eigentliche Lehre der deutschen Geschichte der Jahre 1933 bis 1945 zu beherzigen: Die Verpflichtung, unter allen Umständen die Unantastbarkeit der Würde jedes einzelnen Menschen zu achten."

Winkler erinnerte auch daran, dass der historische Irrweg Deutschlands nicht erst mit der Machtübernahme Adolf Hitlers 1933 begann. Große Teile der Gesellschaft hätten bereits das parlamentarische System der Weimarer Republik als "undeutsches System" abgelehnt.

Heinrich August Winkler (Foto: AFP)
Mahnende Worte auch von Heinrich August Winkler, einem der renommiertesten deutschen HistorikerBild: Getty Images/AFP/O. Andersen

Aus den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs ergibt sich nach den Worten Winklers auch eine besondere Verpflichtung zu Solidarität mit den von Deutschland überfallenen Ländern. Nach dem Hitler-Stalin-Pakt dürften etwa Polen und die baltischen Staaten nie wieder durch Entscheidungen zwischen Berlin und Moskau verletzt werden. Durch die russische Annexion der Krim werde die europäische Friedensordnung "radikal infrage gestellt".

se/uh (phoenix, dpa)