Abwehrkampf: ungeimpfte Spitzensportler
15. Oktober 2021Der Kölner Sportmediziner Wilhelm Bloch beginnt seine Seminarveranstaltungen, jetzt, da das Semester begonnen hat, grundsätzlich mit dem Thema Corona. Der Professor klärt über die Risiken und Folgen einer COVID-19-Infektion auf und spricht auch darüber, was bei einer Long-Covid-Erkrankung geschieht. Und dennoch stößt der Wissenschaftler immer wieder auf skeptische Zuhörer. "Da hat sich etwas eingebrannt", sagt Bloch - selbst in seinem unmittelbaren Umfeld am Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln sind Skeptiker anzutreffen.
Der Eid der Mediziner
"Es wäre vollkommen falsch, Impfskepsis vollkommen wegzudrücken", sagt Bloch im Gespräch mit der DW - und die doppelte Verwendung des Wortes "vollkommen" unterstreicht seine Überzeugung. Denn: "Jede Impfung ist eine Körperverletzung. Aber wir Mediziner sind spezialisiert auf Körperverletzungen, deshalb haben wir ja auch unseren Eid abgelegt."
Vollkommen falsch wäre es nun aber, die Worte des Sportmediziners als Argument im Sinne der Skeptiker und Corona-Leugner auszulegen. Bloch hat in den letzten Monaten Biopsien von Lungen von Long-Covid-Patienten gesehen, "das braucht man wirklich nicht zu sehen". Er kennt junge Sportlerinnen und Sportler, die sich das Virus eingefangen haben und die kaum noch auf die Beine kommen. "Es ist wirklich keine einfache Grippe", so Bloch.
Und dennoch hat ein Basketball-Star wie Kyrie Irving Signalwirkung, wenn er nun sagt: "Das ist mein Leben." Und: "Es ist mein Körper. Ich kann damit machen, was ich will."
Mit diesen Worten wandte sich der US-Superstar der Brooklyn Nets an die Öffentlichkeit und brachte zum Ausdruck, dass er nicht gedenke, sich in absehbarer Zeit impfen zu lassen. Die Reaktion der Liga und des Vereins folgten prompt: Irving ist bis auf weiteres von den Aktivitäten ausgeschlossen. Wie soll das auch anders gehen, wenn in New York etwa Ungeimpfte nicht einmal eine Sporthalle betreten dürfen.
Es trifft keine Armen
Beim Sportsender NBSC wurde schnell überschlagen, dass die Haltung den australisch-amerikanischen Profi 17 Millionen US-Dollar kosten dürfte. Es ist da aber ähnlich wie bei Irvings Sportkameraden etwa aus der Tennis-Szene. Es trifft keine Armen. Der Weltranglisten-Erste Novak Djokovic und der notorische Regelbrecher Stefanos Tsitsipas lehnten öffentliche Auskünfte zu ihrem Impfstatus zuletzt ab. Er sei "nicht in der Lage, Auskunft über meine medizinische Situation zu geben", sagte Tsitsipas gerade beim Turnier in Indian Wells. Die Spielervereinigung ATP gibt die Impfquote bei den Profis mit 65 Prozent an. Bei den Frauen ist von 60 Prozent die Rede. In der NBA hingegen sind 95 Prozent der Spieler immunisiert.
"Sportler sind durchaus einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt", sagt der Mediziner Bloch. "Es ist nicht einmal die Situation des Wettkampfes. Es liegt an der Vielzahl an Kontakten. Sie können keine Blase noch so gut abschotten", erläutert der Kölner Sportmediziner, der darauf verweist, dass gerade bei jüngeren Männern die Gefahr einer Herzmuskelentzündung bestehe. Warum das gerade bei dieser Sportlergrupe so sei, sei noch weiter zu untersuchen. Für die Impfung gelte aber: "Es ist eine Nutzen-Risiko-Abwägung." Mit dieser Haltung begegnet er auch den Skeptikern unter den Sportstudentinnen und Studenten.
Einmal die Erde als Scheibe und zurück
Und was Kyrie Irving angeht, so sei gerade ja auch in Kommentaren zu dem Fall der Hinweis zu lesen, dass der Superstar schon einmal die Erde als Scheibe bezeichnet habe. "Und da ist er ja später auch zurückgerudert", schmunzelt der Wissenschaftler.