Der DW-Kulturkalender für September
24. August 2011Das, was gleich folgt, ist wirklich nur eine kleine Auswahl aus dem, was es im September in Deutschland oder über Deutschland kulturell zu sehen, hören und erleben gibt. Auf den Theaterbühnen und an den Konzerthäusern beginnt im September die neue Spielzeit, und Museen locken mit frischen Ausstellungen, die den Spätsommer versüßen und den Herbst gelungen einläuten können. Da müssen Sie selber ein bisschen wühlen. Ein paar Anregungen haben wir aber:
Buddhistische Erkenntnisse auf der Ruhrtriennale 2011
Wer sein "Ich" überwinden will und auf der Suche nach buddhistischen Wahrheiten ist, sollte in diesem Jahr Veranstaltungen auf der "Ruhrtriennale 2011" (26.8. – 09.10.) besuchen. Es ist die dritte und letzte Festivalsaison unter der Leitung von Willy Decker, und sie wird in der Zerstörung eines Sandmandalas enden, so viel steht schon fest. Vorher gibt es Theateraufführungen, Tanzdarbietungen, Filme, Ausstellungen, Konzerte, Vorträge und Kunstaktionen in den still gelegten Industriewerken und -hallen des Ruhrgebiets. Ein Schwerpunkt soll dabei die Auseinandersetzung mit dem Buddhismus sein. Unter anderem werden japanische Mönche buddhistische Gesänge vortragen, die Kammeroper "Hanjo" des japanischen Komponisten Toshio Hosokawa wird vom spanischen Regisseur Calixto Bieito neu inszeniert, und das Chorwerk Ruhr bringt die Premiere "Buddha goes Bayreuth" auf die Bühne. Die Ruhrtriennale ist ein sehr abwechslungsreiches Kunstfest, bei dem auch in diesem Jahr einige Premieren bereits ausverkauft sind, zum Beispiel die "Macbeth"-Inszenierung des Belgiers Luk Perceval. Auf den offiziellen Festivalseiten im Netz gibt es aber eine Pinnwand, auf der rege Tickets getauscht und weiter verkauft werden, damit eine der edlen buddhistischen Wahrheiten nicht zu real wird: "Gier, Hass und Verblendung sind Ursachen des Leidens."
Internationale Autoren entdecken in Berlin
Manchmal ist man bei Lesungen ja enttäuscht davon, wie der Autor das Lieblingsbuch vorliest. Das kann einem beim Internationalen Literaturfestival in Berlin (07.09. – 17.09.) allerdings kaum passieren. Hier bemühen sich die Macher jedes Jahr, Autoren an Land zu ziehen, die in Deutschland noch kaum jemand kennt, viele Manuskripte werden anlässlich des Festivals zum ersten Mal ins Deutsche übersetzt. Mit diesem Konzept hat sich das Berliner Literaturfestival in den vergangenen zehn Jahren behaupten können und ist inzwischen eine feste, ganz eigene Marke unter den deutschen Literaturfestivals – neben Hamburg, Köln, Leipzig und zahlreichen kleineren Lesefestivals, die sich auf bestimmte Genres, wie Krimis, spezialisiert haben. Seine Philosophie: Literarische Vielfalt in Zeiten der Globalisierung erleben. In diesem Jahr liegt der Berliner Fokus auf Autoren aus dem asiatisch-pazifischen Raum.
Zukunftsmusik mit Beethoven und Co. in Bonn
Er war im Alter schrullig, aber immer noch musikalisch genial, und die Bonner werben bis heute mit ihrem Sinfonienmeister Ludwig van Beethoven, dem berühmtesten Sohn der Stadt. 1770 wurde er hier geboren, und seit 1845 schaut der Komponist leicht mürrisch als Denkmal über den zentralen Münsterplatz der Stadt. Dieses Denkmal ist jetzt wiederum Anlass für einen musikalischen Schwerpunkt beim diesjährigen Beethovenfest in Bonn (09.09. – 09. 10.). Zur feierlichen Denkmal-Einweihung 1845, achtzehn Jahre nach Beethovens Tod, hatte nämlich Franz Liszt ein dreitägiges Musikfest organisiert und damit sozusagen das erste Beethovenfest überhaupt auf die Beine gestellt. Unter dem Motto "Zukunftsmusik" wird Liszt deshalb beim diesjährigen Festival mit zehn Konzerten musikalisch im Mittelpunkt stehen. Drumherum gibt es mehr als 50 weitere Konzerte im Hauptprogramm an 24 Spielstätten. Prominente Solo-Künstler wie die Violinistin Anne-Sophie Mutter oder die Pianistin Hélène Grimaud werden spielen, und der indische Star-Dirigent Zubin Mehta wird mit einem Sonderpreis geehrt. Das Festival gibt es seit 1999, und eigentlich könnte man meinen, dass Beethovens Musik hier seitdem ausreichend gespielt, neu interpretiert und wieder gespielt worden ist. Aber das Beethovenfest lockt jedes Jahr wieder zahlreiche Besucher mit einer geschickten Mischung aus Prominenz und Neuerungen an. Im vergangenen Jahr kamen etwa 70.000.
Denkmal öffne dich – bundesweit
Seit 1993 kann man immer am zweiten Sonntag im September in ganz Deutschland historische Bauten und Stätten besichtigen, die sonst gar nicht oder nur teilweise zugänglich sind. Die Aktion ist Teil der "European Heritage Days", die die EU 1991 ins Leben gerufen hat. In diesem Jahr fällt der "Tag des offenen Denkmals" auf den 11. September. Der steht 2011 unter dem Motto "Romantik, Realismus, Revolution - Das 19. Jahrhundert". Eine stilistisch vielseitige Epoche – stark beeinflusst durch die aufkommende Industrialisierung. Denkmalpfleger werden Interessierte an diesem 11. September durch Herrenhäuser und Industriebauten führen, ihnen Friedhöfe erklären und Schlösser erschließen. Streng genommen ist der "Tag des Denkmals" eine bundesweite Werbeaktion für den Beruf des Denkmalpflegers. Aber man bekommt ja was dafür.
Unendliche Möglichkeiten – das Deutschlandjahr in Indien
Helmut Kohl? Den kennen die Inder noch. Aber als Angela Merkel im Mai zu den ersten deutsch-indischen Regierungskonsultationen da war, mussten viele Inder jenseits der Politik passen: nie gehört. Dabei ist Deutschland Indiens größter Handelspartner in Europa, und 2011 feiert man 60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen beiden Ländern. Höchste Zeit also, auch den Indern Deutschland nahe zu bringen, die mit dem Land sonst wenig zu tun haben: 2011/2012 wurde zum Deutschlandjahr in Indien erklärt, organisiert unter anderem vom Auswärtigen Amt und Goethe-Institut unter dem Slogan "Infinite Opportunities." 15 Monate hat dieses besondere Jahr, ein bunter Veranstaltungsmix aus Konzerten, Konferenzen, Ausstellungen und Parties in verschiedenen indischen Metropolen. Ein Themenschwerpunkt ist die Entwicklung von Städten. Der deutsche Künstler Markus Heinsdorff hat für das Projekt "Mobile Space" Pavillons entwickelt, die in sieben indischen Städten jeweils für zehn Tage aufgebaut werden. In diesen Pavillons werden unter anderem Ideen für die Gestaltung von "StadtRäumen – CitySpaces" präsentiert, während man deutsches Essen testen kann. Außerdem will Choreografin Sasha Waltz im September Inder für zeitgenössischen Tanz aus Deutschland begeistern, und die Deutsche Philharmonie Merck tourt durch sieben indische Städte mit klassischer Musik im Instrumentenkoffer.
Trinken bis zum Schuhplattler in München
Ganz ehrlich: Ein Kulturtermin ist das Oktoberfest in München (17.09. – 03.10.) für uns eigentlich nicht, höchstens einer, um die Bierkultur des Landes zu studieren. Aber das stimmt wiederum auch nicht, denn hier geht es ja vor allem um die Bierkultur des Bundeslandes Bayern, und Bayern ist nicht Deutschland, aber das denken viele, und überhaupt…na, hat sowieso keinen Zweck. Das Oktoberfest in München ist so bekannt bei in- und ausländischen Touristen, dass man es hier eigentlich gar nicht extra erwähnen müsste, aber dann ist es wiederum auch so beliebt, dass man es irgendwie erwähnen will. Und damit das jetzt überhaupt Sinn macht, liefern wir wenigstens ein paar erquickliche Hinweise zum Großbesäufnis mit kulturellem Anstrich: 2011 findet das 178. Oktoberfest in München statt. Es heißt Oktoberfest, beginnt aber immer schon im September. Die günstigste Maß Bier kostet in diesem Jahr 8,95 Euro. In eine Maß passt exakt ein Liter Bier. Ein geübter Schankkellner braucht angeblich nur 1,5 Sekunden, um eine solche Maß zu füllen. Es gibt Menschen, die nehmen sich extra Urlaub, um auf dem Oktoberfest arbeiten zu können. Wenn Sie die Schleife Ihres Dirndls mittig tragen, heißt das, Sie sind noch Jungfrau. Wenn Sie abends in eines der Bierzelte wollen, sollten Sie sich lieber vorher einen Platz reservieren.
Autorin: Marlis Schaum
Redaktion: Jochen Kürten