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Amerikas Syrien-Dilemma

Spencer Kimball / dh15. Juli 2015

Im Kampf gegen den IS wollen die USA jährlich 5000 syrische Kämpfer ausbilden. Doch das gestaltet sich schwierig. Daher sind sie eine Allianz mit ihrem alten Gegner Assad eingegangen. Spencer Kimball berichtet.

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Plakate von Baschar al-Assad (Foto: AFP/GettyImages)
Bild: Phil Moore/AFP/GettyImages

Sie ist der Hauptfeind Nummer eins - die Terrormiliz "Islamischer Staat". Um sie zu besiegen, trainieren die USA gemäßigte Rebellen aus Syrien. Doch bis heute hat Washington lediglich 60 Kämpfer ausgebildet.

US-Verteidigungsminister Ashton Carter bestätigte in diesen Tagen gegenüber dem US-Kongress, dass die Zahl weit unter den ursprünglichen Erwartungen des Pentagon liege. Unter Präsident Barack Obamas Gegnern löste dieses Eingeständnis Bestürzung aus - auch wenn Obamas Anhänger sich um Schadensbegrenzung bemühten.

"Unsere Möglichkeiten und Mittel passen nicht mit dem heutigen Stand der Bemühungen zu sammen", reagierte Senator John McCain. "Das lässt nur den Schluss zu, dass wir nicht gewinnen. Und wenn wir einen Krieg nicht gewinnen, dann verlieren wir ihn."

Warum aber haben die USA bis jetzt so wenige Rebellen ausgebildet? Die Erklärung ist, dass es ein strenges Überprüfungsverfahren gibt, das Ashton Carter zufolge sicher stellen soll, dass die Rebellen sich dem Kampf gegen den IS verpflichten und sich an die Einsatzregeln im Krieg halten.

Nach Ansicht des Syrien-Experten David Lesch von der Trinity Universität in San Antonio, Texas, agiere die Obama Regierung gerade deshalb besonders vorsichtig, weil sie befürchte, dass die Waffen sonst in falsche Hände geraten könnten.

IS-Kämpfer in Rakka, Syrien, bei einer Parade (Foto: Videostill)
Der IS breitet sich immer weiter aus - die USA wollen erst ihn besiegen, dann Assad, sagen ExpertenBild: picture-alliance/AP Photo

Welche moderate Opposition?

Nach Angaben des Verteidigungsministers würden derzeit mindestens 7000 Rekruten überprüft. Ziel ist es, mindestens 5000 Kämpfer jährlich auszubilden, so dass innerhalb von drei Jahren 15.000 Kämpfer zusammen kommen. Jeder Kämpfer erhält einen Lohn: zwischen 250 US-Dollar und 400 US-Dollar pro Monat.

Joshua Landis, Direktor des Zentrums für Nahost-Studien an der Universität von Oklahoma, sagte im DW-Interview, dass nur noch wenige moderate Kämpfer in Syrien seien. Aber der finanzielle Anreiz der USA sei groß. "Tausende Syrer würden fast alles für ein monatliches Gehalt tun", sagt Landis.

Senator John McCain und andere Kongress-Abgeordnete kritisieren die Obama Administration schon lange dafür, dass sie nicht schon früher mit der Ausbildung von Rebellen angefangen haben - bevor Dschihadisten wie die Al-Kaida-nahe Al-Nusra-Front und der IS das Land infiltriert haben.

"Obama hat versucht, Einheit unter den verschiedenen oppositionellen Gruppen herzustellen", sagt Joshua Landis. "Aber es war nicht möglich". Denn trotz der Bemühungen des Präsidenten, sei einfach keine vereinte syrische Opposition in dem Land zu finden. "Und für viele sah es dann so aus, als hätte Obama die Situation nicht im Griff", sagt Landis.

Stillschweigende Allianz mit Assad

Als der Krieg in Syrien begann, war die Position des amerikanischen Präsidenten eindeutig: Syriens Präsident Baschar al-Assad muss gehen. Heute aber ist die Situation weitaus verfahrener. Denn auch Syriens Armee kämpft gegen den IS. "Seit die USA dem IS den Krieg erklärt haben, herrscht eine strategische Allianz zwischen der Obama-Administration und Assad", erklärt Joshua Landis.

Aber für viele andere Rebellen, die in Syrien kämpfen, ist das oberste Ziel immer noch, Assad und sein Regime aus dem Amt zu jagen. Das steht im Widerspruch zu den derzeitigen Zielen der US-Regierung.

"Fast die gesamte bewaffnete Opposition hat Assad den Kampf angesagt, und nicht dem IS", sagt David Lesch der DW. "Die Priorität liegt auf dem Assad-Regime, dann erst wird man gegen den IS kämpfen."

Auch Kurden kämpfen gegen den IS in Tel Abyad (Foto: DPA)
Auch Kurden kämpfen gegen den ISBild: picture-alliance/dpa/S. Suna

“Alles Feinde von Amerika”

Auch wenn die Rhetorik des Weißen Hauses im Bezug auf Assad sanfter geworden sei, so würden die USA es dennoch begrüßen, wenn Assad ginge, da ist sich Landis sicher. Es sei eine zeitlich begrenzte Allianz mit Assad - nur bis man den IS besiegt habe.

Die Hauptverbündeten der USA in der Region - die Türkei, Saudi-Arabien und andere Golfstaaten - würden Assad lieber gestern als heute loswerden, denn er ist einer der engsten Partner von Erzfeind Iran. Daher bleiben die ökonomischen Sanktionen gegen das syrische Regime bestehen.

"Amerika will Assad schwächen und dann vernichten", sagt Nahost-Experte Landis. "Eigentlich will Amerika alle Hauptakteure im Syrien-Krieg vernichten. Sie alle sind Feinde der USA."

Landis ist sich sicher, dass einige amerikanische Militärs so denken. Auch wenn sie es nicht offen zugeben würden. "Denn das würde im Widerspruch zur offziellen Haltung des Außenministeriums und des Präsidenten stehen."