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Der Froominator

Jens Krepela21. Juli 2013

Aus einem Dorf in Kenia ganz oben aufs Podium in Paris: Christopher Froome ist seiner Favoritenrolle gerecht geworden und hat die 100. Ausgabe der Tour de France gewonnen. Zweifel an seinem Leistungssprung bleiben.

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Christopher Froome (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Pascal Guyot/AFP/Getty Images

Schön, nein, schön ist er nicht, der Fahrstil von Chris Froome. Den Kopf wackelnd und leicht geneigt, die schlaksig-dürren Arme an den Oberlenker geklammert und aufgrund der hohen Trittfrequenz im leichten Zick-Zack unterwegs, rast der Brite mit afrikanischen Wurzeln die Berge hoch. Und das bei dieser Tour de France so schnell wie kein anderer. Sogar schneller als menschenmöglich, mutmaßen Skeptiker wie der französische Sportwissenschaftler Antoine Vayer. Der 28-Jährige ist in jedem Fall das Phänomen dieser Tour de France. Er ist auf dem Höhepunkt einer Karriere, die so nicht absehbar war.

Chris Froome bei der Zieldurchfahrt auf dem Mont Ventoux (Foto: dpa)
Froome auf dem Mont Ventoux - im Anstieg war er nur drei Sekunden langsamer als Dopingsünder ArmstrongBild: picture-alliance/dpa

Pythons als Haustiere

Wilde Geschichten kursieren über seine Kindheit in Kenia. Als dritter Sohn einer Kenianerin und eines Briten wuchs Froome in einfachen Verhältnissen auf. Einmal sei er an einem Flussufer von einem Nilpferd angegriffen worden und habe sich in letzter Sekunde auf einen Baum gerettet. Als Steppke hielt er sich zudem zwei Pythons als Haustiere: "Sie hießen Rocky und Shandy und sie waren ihm sehr wichtig", erzählte Jeremy, einer seiner beiden größeren Brüder, der englischen Zeitung "Daily Telegraph." "Wir haben in den Reisfeldern auch viel geangelt und Enten gejagt.“ Diese stehenden Gewässer waren mit Parasiten verseucht. Alle drei Brüder litten an Bilharziose. Die Krankheit machte ihnen jahrelang zu schaffen. Froome erklärt damit seinen Leistungssprung als Radprofi. Erst seit dem Jahr 2010 nehme er entsprechende Medikamente. Sie bekämpfen die Folgen der Krankheit, hätten allerdings keinerlei leistungssteigernde Effekte, betonte Sky-Teamchef Dave Brailsford während der Tour.

Als Kind begann Froome in Kenia unter den Fittichen von David Kenjah, dem bekanntesten Ex-Profi Afrikas, an Mountainbike-Rennen teilzunehmen. Nach dem Umzug seiner Familie nach Südafrika wechselte er im Alter von 14 Jahren auf die Straße. 2005 feierte er seinen ersten Erfolg mit einem Etappensieg bei der Tour de Maurice auf Mauritius. 2006 holte er den Gesamtsieg auf dieser Rundfahrt. Der frühere Radweltmeister Claudio Corti entdeckte Froome bei einem Rennen in Kapstadt und lotste ihn nach Europa: 2008 unterschrieb er einen Vertrag beim Team Barloworld. Bei seiner ersten Tour-Teilnahme im gleichen Jahr belegte er in Paris Platz 84, einzig im Zeitfahren am Tag vor der Ankunft in Paris machte er mit einem guten 16. Rang auf sich aufmerksam.

Mit Sky an die Spitze

Ende 2009 löste sich das Team Barloworld auf und Froome wechselte zum Team Sky, wo er 2011 den endgültigen Durchbruch schaffte. Bei der Spanien-Rundfahrt eigentlich als Helfer für seinen Kapitän Bradley Wiggins eingeplant, gewann er eine Etappe und musste sich in der Gesamtwertung am Ende nur äußerst knapp dem Spanier Juan José Cobo geschlagen geben. Ähnlich lief es bei der Tour de France 2012. Denkwürdig war Froomes Auftritt beim Schlussanstieg nach Peyragudes in den Pyrenäen: Aufreizend verschärfte er wiederholt das Tempo, ließ seinen Kapitän Bradley Wiggins im Gelben Trikot kurz stehen, um Momente später wieder auf ihn zu warten. Die Presse schrieb von einem "teuflischen Mix aus Hilfsbereitschaft und Blossstellung."

Christopher Froome vor Bradley Wiggins (Foto: dpa)
Tour 2012: Edelhelfer Froome (r.) ist am Berg schneller als sein Kapitän Wiggins und scheut sich nicht, es zu zeigenBild: picture alliance/Augenklick/Roth

Neben Wiggins landete Froome als Tour-Zweiter auf dem Podium in Paris. Schon damals mit einer klaren Kampfansage: 2013 wolle er als Kapitän auf die Reise gehen. Als Wiggins später im Jahr über eine Titelverteidigung nachdachte, war Froome selbstbewusst genug, seinen Teamkollegen öffentlich abzubügeln. Das zeigt: Hinter der stillen Fassade des 1,86 Meter großen Schlacks stecken großer Ehrgeiz und ein gewisses Maß an Aggressivität.

Das haben auch die Journalisten in diesem Jahr zu spüren bekommen, als sie nach seinem famosen Ritt auf den Mont Ventoux offensiv nach Doping fragten. Froome reagierte verärgert: "Hier sitze ich nach dem größten Sieg meiner Karriere und werde beschuldigt, ein Lügner und Betrüger zu sein.“ Ob seiner Dominanz gegenüber den anderen Top-Fahrern bei der diesjährigen Tour wird ihn dieser Verdacht weiter begleiten, allen Beteuerungen zum Trotz. Damit muss sich Froome arrangieren. Bei einem anderen Thema fällt ihm das nach wie vor schwer: dass seine Mutter nicht mehr die Gelegenheit hat, die Sternstunden seiner Sportkarriere mitzuerleben. Sie starb 2008 kurz vor seiner ersten Teilnahme bei der Tour de France. "In Gedanken ist sie immer bei mir“, sagte Froome dem "Daily Telegraph", "sie hat mir immer geholfen und das alles erst möglich gemacht."

Bradley Wiggins, Tony Martin und Chris Froome bei den Olympischen Spielen in London 2012 (Foto: Christian Charisius dpa)
Froome (r.) mit Bronze im Zeitfahren bei Olympia 2012Bild: picture-alliance/dpa