Der Geschmack von Sotschi
20. Januar 2014Es herrscht emsiges Treiben im Fliegerhorst Erding vor den Toren von München. Muskelbepackte Athleten arbeiten sich von Stand zu Stand vor, probieren Hemden, Hosen und Jacken an. Mit einem Einkaufswagen ausgestattet begeben sie sich auf den Rundkurs in der großen Sporthalle, die großen schwarzen Taschen, die sie ausgehändigt bekommen, sind zum Schluss randvoll. Seriöse Ausgehkleidung in gedeckten Farben, als Kontrast dazu quietschbunte Daunenjacken in gelb, grün und blau, auch Schuhe und Trainingskleidung bekommen die Olympia-Teilnehmer ausgehändigt.
Athleten in den Startlöchern
"Bunt finde ich gut", sagt Eiskunstläuferin Aljona Savchenko, die in dem Gewusel zwischen den großen und stämmigen Bobfahrern kaum auszumachen ist. Mit ihrem Partner Robin Szolkowy steht die zierliche Blondine inmitten einer Journalistenschar, mit ihrer Anwesenheit hatte man nicht gerechnet. "Mit geht es wieder besser", berichtet die 1,53 Meter kleine deutsche Eiskunstlaufhoffnung. Wegen einer Bronchitis hatte sie das Paarlaufen am Vortag bei der EM in Budapest abgesagt. Nun freue sie sich auf Sotschi. "Ziel ist die Goldmedaille, das würde die Karriere krönen." Olympisches Gold haben die beiden vierfachen Weltmeister, die seit über zehn Jahren gemeinsam trainieren, nämlich noch nie gewonnen.
Andere sind ihnen da schon voraus. In der Halle kleiden sich Olympiasieger neben Olympianeulingen ein, nun sieht man alle ohne Helm, ohne Skikleidung, ganz hautnah. Es herrscht Aufbruchstimmung. Auch der Chef de Mission des deutschen Olympiateams, Michael Vesper, bekommt seine Kleidung. Seinen neuen hellgrünen Pullover behält er gleich an. "Wenn Einkleidung ist, dann schmeckt man die Spiele. Man merkt bei den Athleten, jetzt wollen sie es wissen und allen zeigen", so Vesper. "Und die Kleidung, so bunt sie ist, hilft uns dabei, in gute Stimmung zu kommen."
Qualifikation in letzter Sekunde
Besonders guter Stimmung ist Tobias Angerer. Der Skilangläufer hat sich erst am Vortag beim Weltcup im polnischen Szklarska Poreba für die Spiele qualifiziert und damit quasi in letzter Sekunde das Olympiaticket gebucht. Die Anspannung der vergangenen Wochen ist ihm noch immer anzumerken. "Es war die letzte Chance. Wenn es nicht geklappt hätte, wäre es in Polen das letzte Rennen meiner Karriere gewesen. Jetzt habe ich den Sprung in den Flieger nach Sotschi geschafft", sagt Angerer. Und jetzt kann alles passieren.
So unterschiedlich die Hoffnungen und die Ausgangslage für die Sportler auch sind - für jeden einzelnen geht es nun in die entscheidende Phase. Der Endspurt läuft vor den Olympischen Spielen. Die Qualifikation ist geschafft, nun folgt die nächste Aufgabe: das Kofferpacken. Und das wird bei der Menge der Ausstattung, die die Olympiateilnehmer bei der Einkleidung erhalten haben, gar nicht so einfach.