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Kriegsverherrlichung im "Landser"?

Carla Bleiker30. Juli 2013

Die Zeitschrift "Der Landser" erzählt Kriegsgeschichten aus der Sicht von Wehrmachtssoldaten. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum fordert jetzt, dass die Hefte wegen rechten Gedankenguts verboten werden.

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Der SS-Untersturmführer Heinz Barth (l) mit zwei Soldaten (Nicht identifiziert) während des Zweiten Weltkriegs. Barth wird die Beteiligung an dem Massaker im französischen Oradour-sur-Glane im Jahre 1944 und Kriegsverbrechen in der Tschechoslowakei zur Last gelegt. Barth war nach 1945 untergetaucht und im Herbst 1981 in der DDR aufgespürt und verhaftet worden. Foto: ADN Zentralbild
Bild: picture alliance/ADN Zentralbild

Die Heftchenreihe "Der Landser" könnte auf den ersten Blick als Abenteuerroman-Serie durchgehen. Woche für Woche wird "aus der Sicht der kämpfenden Truppe und durch die Erinnerung einzelner Personen die größte kriegerische Auseinandersetzung der Weltgeschichte in ihrer ganzen Dramatik" präsentiert, so heißt es auf der "Landser"-Website. Damit soll bald Schluss sein, wenn es nach dem Simon-Wiesenthal-Zentrum geht. Die amerikanisch-jüdische Organisation verlangt, dass "Der Landser" eingestellt wird, weil er rechtes Gedankengut propagiere.

Das Magazin, das seit 1954 erscheint, hat seinen Namen vom umgangssprachlichen Begriff für deutsche Soldaten der Landstreitkräfte. "Der Landser" verkauft seine Geschichten als Erlebnisberichte von heldenhaften Wehrmachtssoldaten - ohne Kriegsverbrechen zu erwähnen oder das Ganze in einen politischen Zusammenhang mit den Nationalsozialisten und Adolf Hitler zu setzen.

Kriegsgeschichten ohne politischen Hintergrund

Genau das ist eines der Hauptprobleme, sagt Klaus Geiger von der Universität Kassel. Der emeritierte Professor der politischen Soziologie schrieb in seiner Dissertation 1974 über den "Landser". "Beim Inhalt handelt es sich um eine spannende Darstellung von Einzelereignissen, die alle aus dem Zusammenhang gerissen sind", sagt Geiger der DW über die Hefte. Die Leser seien hauptsächlich Männer, die an der rechten Szene interessiert oder schon ein Teil von ihr sind. Ihnen werde ein verharmlostes Bild der Wehrmachtssoldaten geboten.

BERLIN - APRIL 30: Männer mit Glatzen stehen rufend und gestikulierend in einer Gruppe zusammen. (Foto: Sean Gallup/Getty Images)
Leser des "Landser" könnten durch die abenteuerlichen Kriegsgeschichten Gefallen an der rechten Szene findenBild: Getty Images

Peter Conrady, emeritierter Professor für deutsche Sprache und Literatur der Technischen Universität Dortmund, beschäftigte sich vor zehn Jahren eingehend mit den "Landser"-Heften. Er sagt, dass die Hefte "das Getriebe des Krieges mit Granaten werfen, im Dreck wühlen und Bohneneintopf essen" aus Sicht des kleinen Soldaten zeigen - "und das ist emotional ungeheuer fesselnd" für die Leser, sagt Conrady zur DW.

Im Vorwort der Hefte heißt es zwar, dass mit den Geschichten den Soldaten und nicht dem Krieg selbst ein Denkmal gesetzt werden soll. Das ist für Conrady aber nur ein Versuch, die Hefte oberflächlich als Anti-Kriegsliteratur darzustellen. Die Auflage für den "Landser" und drei ähnliche Zeitschriften aus der gleichen Reihe, beispielsweise das "SOS"-Heft über Marinesoldaten, lag laut Conrady vor zehn Jahren bei rund 300.000 Exemplaren pro Monat. Er betont aber, dass ein Heft schätzungsweise sechs bis sieben Leser habe. Dementsprechend sei die Anzahl der Leser weitaus höher als die Printauflage. Der Verlag selbst veröffentlicht die Verkaufszahlen nicht.

Gefährliche Faszination für Jugendliche

Joachim Wolf, Mitarbeiter der "Amadeu Antonio Stiftung" gegen Rechtsextremismus, findet es bedenklich, dass die "Landser"-Hefte wie Abenteuerromane aus dem Krieg daherkommen. "'Der Landser' bastelt dadurch, dass diese Kriegsverbrechen ausgeblendet werden, am Mythos der sauberen Wehrmacht mit", sagt Wolf der DW. Solche Erzählungen, ob vom eigenen Großvater oder aus Groschenromanen, seien für Jugendliche häufig der Einstieg in die rechte Szene, erzählt Wolf.

Um zu verhindern, dass junge Menschen durch die Kriegsgeschichten beeinflusst werden, setzte sich Geiger schon in den 70er Jahren dafür ein, dass das Magazin auf die Liste der jugendgefährdenden Medien kommt. Das würde bedeuten, dass die Hefte nur noch unter dem Ladentisch und nicht an Menschen unter 18 Jahren verkauft werden dürfen. Ein Grund für eine solche "Indizierung" ist Kriegsverherrlichung. Und das ist beim "Landser" aus Geigers Sicht gegeben. Bisher wurden aber nur in den 1960ern einzelne Ausgaben der Reihe auf den Index gesetzt.

Wie viel Sinn macht ein Verbot?

Dem Simon-Wiesenthal-Zentrum, einer Organisation, die weltweit gegen Antisemitismus kämpft, ist das nicht genug: Laut des "International Herald Tribunes" fordert das Zentrum die Einstellung des Magazins. Es habe mehrere Beschwerden über den "Landser" erhalten und berufe sich auf Gesetze gegen die Verwendung von Nazisymbolen und rechtem Gedankengut, sowie gegen die Holocaustleugnung, heißt es in der internationalen Tageszeitung.

Das Bundesinnenministerium teilte der Deutschen Welle auf Anfrage mit, es nehme das Anliegen ernst und werde sich mit dem Justizministerium und der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien über die nächsten Schritte absprechen. Die Bundesrepublik habe in solchen Fällen eine historische Verantwortung, heißt es aus Berlin.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) spricht am 09.10.2012 auf dem Flughafen Hannover vor Medienvertretern. (Foto: Holger Hollemann/dpa)
Das Innenministerium unter Minister Friedrich will die Beschwerden gegen den "Landser" ernst nehmenBild: picture-alliance/dpa

"Eine konsequente strafrechtliche Verfolgung von neonazistischer und rassistischer Propaganda nimmt daher in Deutschland einen besonderen Stellenwert ein", teilte ein Ministeriumssprecher mit. Konkrete Erwähnungen von Nazi-Politik oder Judenverfolgung finden sich in den Heften jedoch nicht, wahrscheinlich gerade, um einem Verbot zu entgehen. Experten wie Joachim Wolf und Peter Conrady halten ein Verbot des Magazins sowieso für keinen guten Weg. Beide plädieren dafür, sich mit den Inhalten der "Landser"-Hefte öffentlich auseinanderzusetzen und gerade junge Menschen über die wahren Umstände des Krieges aufzuklären. Sonst würden zwar die Magazine aus den Regalen verschwinden, aber nicht die verherrlichten Bilder aus den Köpfen.

Im Einklang mit dem Gesetz

"Der Landser" erscheint im Pabel Moewig Verlag, der zu 100 Prozent der Bauer Media Group gehört. Die große Verlagsgruppe vertreibt zum Beispiel die in Deutschland und den USA erscheinende Illustrierte "InTouch" und die "Bravo", Deutschlands bekanntestes Jugendmagazin. Unternehmenssprecherin Claudia Bachhausen betont, dass alle deutschen Publikationen der Gruppe im Einklang mit den geltenden Gesetzen stünden. Auf eine Nachfrage der Deutschen Welle zu den "Landser"-Heften teilte Bachhausen mit: "Der Verlag legt größten Wert darauf, dass darin weder der Nationalsozialismus verherrlicht wird, noch Naziverbrechen verharmlost werden."

Eine Suche auf der Website der Bauer Media Group zeigt, dass "Der Landser" keine Erwähnung im Produkt-Portfolio findet. Das sei aber nicht außergewöhnlich, sagt Bachhausen: "Wir verzichten generell darauf, Produkte von nachrangiger Bedeutung dort zu präsentieren." Dazu gehöre neben einigen Boulevardmedien eben auch "Der Landser."