Der Mythos Anfield
Auch Hoffenheim bricht den Anfield-Fluch nicht. Auch im 17. Versuch eines deutschen Teams in der Europapokal-Historie in Liverpool zu gewinnen, bleibt der Erfolg aus. Auch die größten Teams sind in Anfield gescheitert.
Uneinnehmbar?
Im Grunde ist das Stadion an der Anfield Road in Liverpool ein ganz normales, englisches Fußballstadion. Rot, eng, laut - steht es zwischen Reihenhäuschen mitten im Wohngebiet. Platz ist nach dem letzten Umbau im Jahr 2015 für rund 54.000 Fans (Foto: 2005). Sie unterstützen ihren LFC nach Kräften, erleben aber auch immer mal wieder Heimpleiten - allerdings noch nie gegen eine deutsche Mannschaft.
Die letzten Meter
Der Spielertunnel im Anfield ist eng. Hier geht man mit dem Gegner schon einmal auf Tuchfühlung. Für die Liverpooler Spieler ist das Schild über der Tür Mahnung und Glücksbringer zugleich. Viele LFC-Profis berühren es mit der Hand, bevor es raus auf den Rasen geht und sie draußen der Lärm der Fans empfängt. Deutsche Teams hat die Atmosphäre an der Anfield Road bislang offenbar eher gelähmt.
Köln und Bayern erfolglos
Der erste Versuch: Im Februar 1965 spielt der 1. FC Köln im Viertelfinale des Landesmeisterpokals in Liverpool 0:0. Nach ebenfalls torlosem Rückspiel und Entscheidungsspiel scheidet der FC erst durch einen Münzwurf denkbar bitter aus. Im Oktober 1971 bleibt auch das Achtelfinal-Hinspiel im Pokalsieger-Cup zwischen Liverpool und Bayern torlos (Foto). Jedoch gewinnen die Bayern das Rückspiel.
Chancenlose Gladbacher
Einsatzfreudig hechtet Liverpools Stürmer Kevin Keegan an Mönchengladbachs beinhartem Verteidiger Berti Vogts (r.) vorbei und erzielt das 1:0 im Hinspiel des UEFA-Cup-Endspiels 1973 an der Anfield Road. Liverpool gewinnt am Ende mit 3:0 - schon wieder kein Sieg für ein deutsches Team. Auch fünf Jahre später verlieren die Fohlen im Europapokal der Landesmeister mit 0:3. Ist Anfield verflucht?
Das erste Tor
1972 liegt DDR-Oberligist Dynamo Berlin im Rückspiel des UEFA-Cup-Achtelfinals beim FC Liverpool schon nach einer Minute mit 0:1 hinten (Hinspiel: 0:0). Doch Berlins Stürmer Wolf-Rüdiger Netz gleicht kurz darauf aus und erzielt so das erste Tor eines deutschen Klubs im Anfield. Am Ende muss Dynamo-Torwart Werner Limsa (l.) aber noch zweimal hinter sich greifen. Wieder ist es nichts mit einem Sieg.
Bayerische Torflaute setzt sich fort
Auf ein Neues: 1981 treten die Bayern erneut an der Anfield Road an - diesmal im Halbfinal-Hinspiel des Europapokals der Landesmeister. Doch so sehr sich Karl-Heinz Rummenigge, Paul Breitner und Co. auch anstrengen, es springt wieder nicht mehr als ein 0:0 dabei heraus. Das Rückspiel im Münchener Olympiastadion endet 1:1 - die Bayern verpassen das Finale.
BVB nur Zaungast
Letzte Chance verspielt: Borussia Dortmund hätte im letzten Gruppenspiel der Champions-League 2001/2002 mit einem Sieg in Liverpool aus eigener Kraft noch die nächste Runde erreichen können. Kurz vor dem Spiel hatte sich sogar Spielmacher Thomas Rosicky zurückgemeldet. Jubeln durften aber nicht die Dortmunder, sondern Liverpools Dietmar Hamann (r.) mit seinen Mitspielern über einen 2:0-Sieg.
Ein Finne sticht
Als Liverpools finnischer Innenverteidiger Sami Hyypiä (r.) im April 2002 im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League das entscheidende 1:0 köpft, weiß er noch nicht, dass er Jahre später bei Gegner Leverkusen erst als Spieler dann als Trainer unter Vertrag stehen wird. Die nächste deutsche Pleite in Anfield, doch Bayer kommt letztlich weiter. Erst im Finale ist gegen Real Madrid Endstation.
Leverkusen schaut nur zu
Drei Jahre später sind die Verhältnisse an der Anfield Road klarer: Liverpool nimmt die Werkself diesmal derartig auseinander, dass die Leverkusener hinterher erstmal im Pillenschrank nach einem Mittel gegen Schwindelgefühle suchen müssen. 3:1 gewinnt Liverpool zu Hause, 3:1 für den LFC heißt es auch im Rückspiel in der BayArena. Wieder einmal nichts zu holen für die Kicker aus der Bundesliga.
Augsburger Achtungserfolg
Respektabel zieht sich im Februar 2016 der FC Augsburg aus der Affäre: Als krasser Außenseiter reist der damalige Bundesliga-13. nach Liverpool. Nach dem überraschenden 0:0 im Hinspiel der Europa-League-Zwischenrunde in Augsburg, entscheidet in Liverpool ein einziges Tor die Partie. Liverpool trifft per Handelfmeter. Eine gute Leistung des FCA - die deutsche Pleitenserie geht derweil weiter.
Last-Minute K.o. für den BVB
Näher dran kann man fast nicht sein: Im Viertelfinal-Rückspiel der Europa League 2015/2016 führt Borussia Dortmund nach neun Minuten schon mit 2:0, nach 57 Minuten mit 3:1. Und trotzdem geht der Sieg letztlich an den FC Liverpool. Tore von Coutinho und Sakho gleichen das Spiel aus - Lovren (3.v.r.) bringt mit seinem 4:3 in der 91. Minute das Stadion und Ex-BVB-Trainer Jürgen Klopp zum Tanzen.
Zehn entscheidende Minuten
Der Optimismus der Hoffenheimer war groß, doch das Endergebnis spricht eine deutliche Sprache: Mit 2:4 verliert das Team von Trainer Nagelsmann an der Anfield Road und gibt schon in der ersten Halbzeit alle Chancen aus der Hand. Im Playoff-Rückspiel zur Champions League fallen drei Tore innerhalb von zehn Minuten. Erst als Liverpool das Tempo drosselt, kommt die TSG besser ins Spiel - zu spät!