Der neue Hoffnungsträger
5. Dezember 2001Sayed Hamid Karsai heißt der neue Hoffnungsträger für Afghanistan. Als Chef der neuen Übergangsregierung soll er das Land am Hindukusch in den kommenden sechs Monaten in eine friedlichere Zukunft führen. Die Delegierten auf dem Petersberg einigten sich damit auf einen Mann, der an der Konferenz selber gar nicht teilgenommen hatte. Statt dessen stand Karsai "auf dem Schlachtfeld", wie ein Konferenzteilnehmer zitiert wird.
Gewinner des Machtpokers
Nur einmal, zu Beginn der Konferenz, ließ sich der 46jährige per Konferenzschaltung mit den Delegationen auf dem Petersberg verbinden. "Wir sind ein Volk und eine Kultur", sagte Karsai. Danach ward er nicht mehr gesehen und gehört. Dennoch ging er als Gewinner aus dem Machtpoker um die politische Zukunft seiner Heimat hervor. "Er ist im Vielvölkerstaat Afghanistan mit niemandem verfeindet", begründet ein Beobachter aus Teheran die Sogkraft Karsais. Zudem werde er von der Nordallianz, die nach ihrem Siegeszug gegen die radikal-islamischen Taliban faktisch die Macht in Afghanistan hat, und den Monarchisten um Exil-König Sahir Schah (87) unterstützt. Mehr noch: Karsai gehört dem Königsclan an – "also im weitesten Sinne zur Königsfamilie".
Moderater Moslem
Anhänger des Ex-Monarchen
Karsai kehrte schon kurz nach Beginn der amerikanischen Luftschläge in Afghanistan aus dem pakistanischen Exil in seine Heimat zurück. Dort warb er um Unterstützung für den früheren König Sahir Schah und um die Einberufung der traditionellen Großen Versammlung der Afghanen, der Loja Dschirga. Er spricht fließend Englisch und war bereits stellvertretender Außenminister in Afghanistans erster Mudschaheddin Regierung 1992.