DW:
Herr Meyer, Sie sind skeptisch, wenn es um den neuen Malaria-Impfstoff geht. Warum?
Christian G. Meyer:
Weil die Wirksamkeit dieses Impfstoffes zu gering ist. Die Wirksamkeit liegt deutlich unter 50 Prozent. Gute Impfstoffe haben eine Wirksamkeit von 99 Prozent. Schlechtere Impfstoffe, die wir in der Reisemedizin verwenden, gegen Typhus und Cholera zum Beispiel haben eine Wirkung von 65 - 70 Prozent. Der Malaria-Impfstoff hat eine Wirksamkeit bei ganz kleinen Kindern von 27 Prozent, bei etwas älteren Kindern liegt sie bei 46 Prozent. Das ist zu wenig.
Kann man nicht trotzdem von einem Teilerfolg sprechen, wenn immerhin in der Studie des herstellenden Pharmaunternehmens die Hälfte der Kinder unter 5 Jahren geschützt ist?
Christian G. Meyer:
Es ist auf jeden Fall ein Teilerfolg. Es ist auch das Beste, was wir im Moment haben. Deswegen ist diese Skepsis auch nur eine Seite, wie man die Dinge betrachten kann. Es verhindert klinische Malaria. Wir wissen aber zum Beispiel überhaupt noch nicht, ob Todesfälle verhindert werden. Sie müssen sich das so vorstellen: An 11 Standorten in Afrika haben mehr als 15.000 Kinder an der Studie teilgenommen. Die eine Gruppe hat ein Placebo bekommen. Die andere hat den Impfstoff bekommen. Dann hat man über einen längeren Zeitraum geschaut, wie viele Malariaattacken auftreten. Und bei den geimpften waren es etwas weniger Malariaattacken. Aber solche Kinder sind natürlich in einer optimalen medizinischen Versorgung. Deswegen kann über das Todesrisiko keine Aussage getroffen werden.
Warum ist es denn überhaupt so schwierig einen Malariaimpfstoff zu finden?
Das hat damit zu tun, dass der Malariaerreger sehr komplex ist, was seinen Aufbau und seine Eiweiße, die Proteine, anbelangt. Viren haben oft nur ganz wenige Proteine, drei oder vier Proteine. Da ist es relativ einfach. Bei Bakterien sind es schon komplexere Gebilde. Da ist es schwieriger. Obwohl es natürlich Impfungen gegen bakterielle Krankheiten gibt, aber bei allen parasitären Erkrankungen hat man es mit riesigen Problemen zu tun. Und Sie sehen ja auch, dass auf natürlichem Wege keine Immunität gegen Malaria erreicht werden kann.
Was müsste also konsequenterweise der nächste Schritt für die Malariaforschung sein?
Nun, es gibt noch andere Impfkandidaten, die untersucht werden. Und auch die herstellende Firma wird an dem jetzt vorhandenen Impfstoff, dessen Zulassung für das kommende Jahr beantragt ist, weiter forschen und schauen, ob sie ihn verbessern kann.
Für die Industrie lohnen sich diese Medikamente oft nicht, weil die Patienten, die sie bekommen, arm sind und sich keine teuren Medikamente leisten können. Wie muss also die Forschung unterstützt werden?
Die Firma, die diesen Impfstoff entwickelt hat, ist eigentlich schon sehr engagiert in der Impfstoffforschung und macht das eigentlich auch sehr gut. Aber grundsätzlich ist es natürlich so: da wo Menschen sich Medikamente oder Impfstoffe nicht kaufen können, da hat die Industrieforschung natürlich auch kein großes Interesse sich zu engagieren. In diesem Bereich engagieren sich dann eher (zum Beispiel mit öffentlichen Mitteln finanzierte … Anm. d. Red.) Forschungsinstitute.
Vielen Dank für diese Informationen!