Der UNO-Experte
6. Januar 2003Viel Zeit zur Einarbeitung wird er nicht bekommen; er benötigt sie auch nicht. Gunter Pleuger, der neue UN-Botschafter der Bunderepublik, kennt die Gepflogenheiten am East River wie kaum ein zweiter deutscher Diplomat. Zu Beginn seiner Laufbahn war er einige Jahre in New York tätig, als es um die Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die UNO ging. Danach machte er dann in Washington und Dehli Station und anschließend in Bonn und Berlin Karriere. Stets behielt er die UNO fest im Blick und leitete schließlich zwischen 1993 und 1998 entsprechende Abteilungen im Auswärtigen Amt.
Heißer Stuhl
Die Ernennung zum ersten Vertreter Deutschlands bei der UNO kam deshalb alles andere als überraschend. Nach Meinung vieler Insider hat Außenminister Fischer mit Pleuger einen seiner besten Diplomaten nach New York geschickt. Fest steht: Den hochgewachsenen Pleuger erwartet ab dem 1. Januar ein ganz heißer Stuhl im Sicherheitsrat.
Schon Ende Januar wird er zum ersten Mal Farbe bekennen müssen. Dann wird Hans Blix, der Chef der Irak-Kontrollkommission, erklären, ob der Irak die harten Auflagen der Resolution 1441 über die Suche nach Massenvernichtungswaffen so erfüllt, dass weitere Inspektionen sinnvoll erscheinen. Nach dem zunächst undiplomatisch schroffen Nein der rot-grünen Bundesregierung zu einem Irak-Krieg dürfte dann Pleugers Verhandlungsgeschick und Fingerspitzengefühl gefragt sein.
Europäische Zusammenarbeit
"Keine Machtpolitik, sondern Interessenausgleich" will Pleuger in New York betreiben. Dabei setzt er vor allem auf das Zusammenspiel mit den anderen Europäern. Neben den Briten und Franzosen sitzen in den kommenden beiden Jahren auch die Spanier in New York mit am Tisch. "Wenn es den Europäern gelingt, Interessen zu bündeln", werden sie gute Ergebnisse erzielen können, sagte Pleuger kürzlich voraus.
Auf diese Unterstützung seiner europäischen Kollegen wird Pleuger nicht zuletzt im Februar angewiesen sein. Denn es ist gut möglich, dass die Entscheidung über einen Irak-Krieg ausgerechnet in dem Monat fallen wird, in dem der Deutsche den rotierenden Vorsitz inne hat. Nicht nur die Amerikaner werden dann die Argumente und natürlich auch das Abstimmungsverhalten des 61-Jährigen ganz genau beobachten. (hh)